Nabburg
04.02.2021 - 17:30 Uhr

Zur Campingplatz-Schließung in Perschen: Inszeniertes Donnerwetter im Stadtrat

Der Stadtrat Nabburg ist nicht zuständig für den Campingplatz Perschen. Dennoch wird seine öffentliche Sitzung dazu benutzt, die Schließung der Freizeiteinrichtung auf eine Bühne vor großer Kulisse zu heben. Am Ende stehen Beschimpfungen.

In dieser Ein- und Aufteilung sind die Tage des Campingplatzes in Perschen gezählt. Der Zweckverband für das Freizeit- und Erholungszentrum will ihn schließen und möchte haben, dass er bis zur Jahresmitte 2021 geräumt ist. Bild: Wilhelm Amann
In dieser Ein- und Aufteilung sind die Tage des Campingplatzes in Perschen gezählt. Der Zweckverband für das Freizeit- und Erholungszentrum will ihn schließen und möchte haben, dass er bis zur Jahresmitte 2021 geräumt ist.

Die Anfrage kam erneut, wie bereits vor zwei Wochen, von Stadtrat Helmut Ertl (ÜPW). Mit einem Unterschied: Dieses Mal waren rund 60 Zuhörer, darunter auch mehrere Kinder, in der Nordgauhalle. Sie stammten zum Großteil aus der Gruppe der Perschener Campingplatz-Mieter. Er wisse schon, so Ertl, dass das Thema eigentlich den Zweckverband für das Freizeit- und Erholungszentrum Perschen betreffe, aber das Gelände liege nun einmal auf Nabburger Stadtgebiet. Er bezog sich auf ein Video aus einer Online-Sprechstunde von Landrat Thomas Ebeling, in dem nichts zu hören sei von Kündigung oder vollständiger Räumung, nur von Sanierung. Etwas anderes wolle anscheinend der Bürgermeister, nämlich eine Luxus-Anlage für exklusives Publikum. Und da stelle sich dann die Frage: "Was ist uns vor Ort wichtiger?" Man dürfe jedenfalls nicht etwa 180 Dauercamper einfach rauswerfen, die teilweise schon Jahrzehnte hier sind.

Ertl forderte deshalb Zeitler in dessen Eigenschaft als Zweckverbandsvorsitzender auf, die Kündigungen zurückzunehmen und nach anderen Lösungswegen zu suchen. Darunter verstehe er eine Sanierung mit Augenmaß - zusammen mit den Campern, die dann bleiben könnten. Er zeigte sich überzeugt, dass dafür auch der Landrat als Vertreter des Landkreises Schwandorf, des stärksten Anteilseigners, zu gewinnen wäre.

Populismus-Vorwürfe an Ertl

Bürgermeister Frank Zeitler (CSU) legte nochmals dar, dass ein Brandschutzgutachten und eine Bestandserhebung zur Infrastruktur des Platzes den Ausschlag für die beschlossene Schließung gaben. Als schade empfand er es, dass in sozialen Netzwerken gerne die Wahrheit verdreht werde. Wie es sich genau verhält, das erkläre er gerne jedem einzelnen Interessierten. Schon vor fünf Jahren habe sich abgezeichnet, dass Handlungsbedarf bestehen wird. Zeitler zitierte aus der Geschäftsordnung des Zweckverbands, wonach unaufschiebbare Angelegenheiten in einer Verbandssitzung zu behandeln sind. Genau das habe er als neuer Vorsitzender veranlasst. Seit der Entscheidung biete er immer wieder Gespräche mit betroffenen Campern an, was etliche auch nutzten. Der Stil der Kommunikation sei allerdings schon seltsam, wenn man sich in Sozialen Medien damit brüstet, dass man doch gar nicht vorhabe, mit dem Bürgermeister zu reden.

Laut Zeitler werde in Perschen sicher wieder ein Campingplatz entstehen. Das sei der erklärte Wille, auch beim Landrat. Eine Sanierung in Teilabschnitten sei nicht darstellbar und eine zwischenzeitliche Schließung des Areals unumgänglich, weshalb er sie auch nicht mehr zurücknehmen werde. Helmut Ertl meinte hingegen, es sei möglich die gravierendsten Mängel zu beheben und den Platz unterdessen eingeschränkt weiter zu betreiben. In der Zwischenzeit hatte Frank Zeitler über Whatsapp an den Landrat geschrieben und ihn gefragt, ob er seine Meinung geändert habe. Nein, die Meinung sei seit der Verbandsversammlung unverändert, habe er zur Antwort erhalten. Zeitler erinnerte an dieser Stelle: Der Zweckverband habe im November mit großer Einigkeit gehandelt. "Wir konnten nicht die Augen vor gesetzlichen Vorschriften verschließen", betonte er, dass es rechtlich nicht mehr zulässig ist, den Platz zu betreiben, sobald dokumentierte, massive Mängel vorliegen. Weil er gerade Kinder im Zuhörerbereich sehe, fragte Zeitler: "Was ist denn, wenn da draußen mal was passiert?". Er sei ja kein ängstlicher Mensch, aber Realist: "Dann sitzt der Staatsanwalt bei mir im Raum." Von einem angedachten Campingplatz für Millionäre zu sprechen, das klinge nach Populismus. "Und dazu neigen Sie, Herr Ertl", meinte der Bürgermeister. Bisher wisse man nur, dass eine Sanierung Millionen kosten werde. Entschieden sei noch rein gar nichts. Gewiss werde der Platz wieder aufgebaut und auch für touristische Nutzung vorgesehen. In welchem Verhältnis dann Dauer-, Saison- und Tagesstellplätze zueinander stehen, müsse sich erst zeigen.

Ertl blieb dabei: Ein paar neue Wasserleitungen und Stromkästen würden vorerst reichen. Worauf Zeitler noch deutlicher wurde: "Ich weiß gerade nicht, ob sie mich überhaupt verstehen wollen". Es stehe eindeutig fest: Mit den vorhandenen Mängeln dürfe der Platz nicht mehr geöffnet werden.

CSU-Fraktionssprecher Hans-Georg Dobler erinnerte daran, dass alle Stadträte mal den Eid geschworen haben, sich für die Belange der Stadt Nabburg einzusetzen. Wenn Ertl nun Camper dazu ermuntere zu klagen, so solle er sich schon die Frage stellen, ob das mit dem Eid vereinbar ist. Es sei außerdem äußerst zweifelhaft, in Corona-Zeiten dazu aufzurufen, in großer Anzahl zu einer Stadtratssitzung zu kommen. Aber man könne das Thema nun schon offen und sachlich ausdiskutieren. Den Campern nur Sand in die Augen zu streuen, sei dagegen populistisch.

Warum vorher nichts getan?

Zeitlers Amtsvorgänger Armin Schärtl (SPD) stellte fest: "Der Bürgermeister hat natürlich Recht." Es gehe aber jetzt darum, eine Klagewelle zu verhindern und den Campern, die bleiben wollen, eine Perspektive aufzuzeigen. Dazu müsse man gar nicht unbedingt die Kündigungen zurücknehmen, man könne sie auch aussetzen und allen Interessenten nach der Sanierung einen Platz in Aussicht stellen.

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Nabburg22.01.2021

CSU-Stadtrat Josef Pürner fragte sich in Richtung Schärtl und Ertl: "Sie waren zwölf Jahre lang Verbandsvorsitzender bzw. sechs Jahre Verbandsrat - warum ist denn da nichts passiert?" Bei allem Bedauern für die Betroffenen: Aber eine gültige Rechtslage lasse sich halt nicht beiseite schieben. Es sei schon reichlich anmaßend, selber lange Zeit nichts getan zu haben und jetzt dem neuen Bürgermeister Vorwürfe zu machen, nur weil er nötige Maßnahmen ergreift. Dass gar nichts unternommen worden sei, stimme nicht, so Schärtl. Aber nun stehe unzweifelhaft eine große Infrastrukturmaßnahme an.

Zeitler: Kein Hoffnungen wecken

Bürgermeister Frank Zeitler wollte den Blick nicht in die Vergangenheit richten, es gehe um die Zukunft. Und dazu gebe es einen klaren Beschluss: Kündigungen und Räumungen sind deshalb für ihn nicht verhandelbar. Wie es dann weitergeht, dazu wolle er keine Hoffnungen wecken. Konzept, Planungen, Finanzierung - das alles sei erst noch zu besprechen und zu beschließen. Er wisse jedenfalls: "Ein Campingplatz der Neuzeit schaut anders aus als das, was jetzt in Perschen steht." Im nächsten Satz forderte er Ertl dazu auf, populistische Auftritte zu unterlassen. Er habe es nicht nötig, sich zu profilieren oder populistisch aufzutreten, hörte er als Antwort von Ertl.

Gesprächsangebot ignoriert

Für FW-Fraktionssprecher Albert Bruckner ist die rechtliche Lage klar, und der Stadtrat könne auch nicht in den Beschluss des Zweckverbands eingreifen. Bürgermeister Zeitler wiederholte abschließend, dass er immer wieder Gespräche angeboten habe - man ihm also sicher nicht vorhalten könne, er wolle mit den Campern nicht reden. Auch dem Initiator von Videobotschaften im Internet habe er bei einem zufälligen Treffen auf der Straße ein solches Gespräch angeboten, sogar auch Akteneinsicht. Er habe sich bisher aber nicht zu einer Terminvereinbarung gemeldet. Zeitler fasste zusammen: Der Zweckverband werde sich an gesetzlichen Regularien orientieren und eine neue Anlage für Camper schaffen - mehr gebe es momentan nicht zu sagen. Damit war die Behandlung der Anfrage beendet.

Daraufhin gab es Unmutsbekundungen aus der Zuhörerschaft, wozu Zeitler anmerkte, dass Zuhörer laut Geschäftsordnung des Stadtrates kein Rederecht besitzen. Im Hinausgehen richteten mehrere Besucher böse Worte in Richtung Bürgermeister. Darauf reagierte er nicht mehr. Zeitler hatte im Verlauf der Sitzung auch mehrfach nicht auf Beifall für Wortbeiträge von Helmut Ertl reagiert. Beifall - daran erinnerte zwischendurch mal der frühere Bürgermeister Armin Schärtl - ist laut Geschäftsordnung ebenfalls nicht zugelassen.

Hintergrund:

Die Entscheidung des Zweckverbandes

  • Zustandekommen: Der Zweckverband für das Freizeit- und Erholungszentrum Perschen beschloss am 25. November 2020 nach öffentlicher Beratung im nichtöffentlichen Sitzungsteil, den Campingplatz zu schließen. Der Beschluss war einstimmig, so der Kenntnisstand der Oberpfalz-Medien-Redaktion. Es stimmten also alle anwesenden Verbandsräte des Landkreises Schwandorf (darunter auch Landrat Thomas Ebeling) sowie der Städte Nabburg und Pfreimd für die Schließung.
  • Bekanntgabe: Nach ergangener Information der Platzmieter machte Zweckverbandsvorsitzender Frank Zeitler diesen Beschluss am 3. Dezember 2020 öffentlich.
  • Inkrafttreten: Die Kündigung erfolgte zum 31. März 2021. Sie besagt auch, dass die Plätze bis 30. Juni 2021 geräumt und die dortigen Anlagen rückgebaut sein müssen.

"Was ist denn, wenn da draußen was passiert? Dann sitzt der Staatsanwalt bei mir im Raum. Die Schließung des Platzes ist schon rein aus juristischen Gründen nicht mehr verhandelbar."

Frank Zeitler (CSU), Vorsitzender des Zweckverbandes für das Freizeit- und Erholungszentrum Perschen

"Ich fordere sie als Zweckverbandsvorsitzender dazu auf, ihren ganzen Einfluss geltend zu machen, die Kündigungen zurückzunehmen und nach anderen Lösungsmöglichkeiten zu suchen."

Helmut Ertl (ÜPW), Stadtrat, zu Zeitler

 
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