„Guter Heinrich“ am Wegesrand

Nabburg
24.06.2020 - 09:42 Uhr

Manche Pflanzen werden als Unkraut bezeichnet. Für Ulrike Gschwendtner haben aber gerade sie einen besonderen Charakter wegen ihrer heilenden und schmackhaften Eigenschaften. Das führt sie im Oberpfälzer Freilandmuseum bei Nabburg vor.

Ulrike Gschwendtner kennt sich gut mit den in der Natur wildwachsenden Pflanzen aus.

Eine Wildkräuterführung ist im Oberpfälzer Freilandmuseum in Neusath angesagt. Bei einem Rundgang erklärt die zertifizierte Kräuterführerin Ulrike Gschwendtner anhand von Exemplaren die Wirkung von Kräutern und deren Einsetzbarkeit im eigenen Haushalt.

Schon gleich nach dem Museumseingang befindet sich eine Wiese, die so manche „Kräuterschmankerl“ in sich birgt. Ein unscheinbarer Grashalm entpuppt sich als Spitzwegerich, in der Heilkunde auch als Wald- und Wiesenpflaster bekannt. Die Blätter haben eine entzündungshemmende Wirkung bei Mücken-, Bienenstichen oder kleinen Wunden. Wichtig ist für den Nutzer: das Blatt nicht zerreiben, sondern auf die Einstichstelle drücken oder im Mund gekaute Klümpchen auf der Wunde mit einem Pflaster fixieren.

Hilfe bei Husten

Wer kennt ihn nicht, den Spitzwegerich-Tee, der wahre Wunder bei Husten und Erkältung verspricht. Für einen Liter Tee, so erklärt es die Kräuterexpertin, nimmt sie vier Blätter, und für den Winter wäre eine angesetzte Tinktur als Vorrat sehr hilfreich.

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Gleich neben dem Grashalm hat sich sein Nachbar, die Schafgarbe, breit gemacht, die nicht weniger an Heilkraft aufweist. Mit dem Spruch von Heilkundlerin Hildegard von Bingen „Schafgarbe im Leib tut wohl jedem Weib“ ist eigentlich alles gesagt. „Für einen schmackhaften Löwenzahnsalat“, erklärt die Expertin aus Weiden, „sollte man vom Blatt die Spitze entfernen, denn diese enthält hochkonzentrierte Bitterstoffe“.

Am Wegrand macht Ulrike Gschwendter die wegen Corona klein gehaltene Gruppe auf die Pflanze Mutterkraut aufmerksam. Sie hilft gegen Migräne und Kopfschmerzen. Einige Zuhörer machen sich Notizen und schreiben fleißig mit beim Erklären der Zubereitung einer Tinktur. Die Kräuterfachfrau nimmt für ein 100-Milliliter-Glas zwei Drittel Pflanzen und füllt den Inhalt mit einem hochwertigen und hochprozentigen Wodka auf. Vier bis sechs Wochen ziehen lassen und dann von den Pflanzen trennen, lautet die Ansage.

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Neusath bei Nabburg17.06.2020

Johanniskraut strahlt, so wie am Sonntag bei sommerlichen Temperaturen, Freude aus. Die gelben Blüten wirken sich positiv auf die Stimmung aus und helfen, angesetzt mit Olivenöl oder Mandelöl, bei Muskel- oder Nervenschmerzen und Sonnenbrand. Personen, welche lichtempfindlich sind oder schwerwiegende Medikamente einnehmen, macht die Fachfrau allerdings darauf aufmerksam, dass sie auf Johanniskraut verzichten sollten.

Für Süßspeisen geeignet

Den vitalstoffdichten Girsch kann man in verschiedenster Art verarbeiten. Er ist geeignet für Speisen als Petersilienersatz oder für Süßspeisen. „Wilder Oregano“, liebevoll als einheimischer Südländer bezeichnet, oder die Bitterstoff-Pflanze Beifuß, welche als Bratengewürz fungieren kann, säumen auch den Wegesrand des Freiluftmuseums. Im Wermut sind viele Bitterstoffe enthalten. Wermut-Tee regt die Verdauung und den Appetit an. Aus ihm stellt man eine der weit bekannten Spirituosen – den Absinth – her, der mit großer Vorsicht zu genießen ist.

Der Vorschlag, Spinat mal aus der eisenhaltigen Pflanze „Guter Heinrich“ zuzubereiten, kam bei ihrem Vater einst nicht gut an, erzählt Ulrike Gschwendtner lachend. Sie vertritt die Meinung, dass durch den Einfluss der unnatürlich überwürzten Lebensmittel das Geschmacksempfinden für Düfte und Kräuter erheblich beeinträchtigt ist.

Vielseitig verwendbar

In der eineinhalbstündigen Führung geht es auch vorbei an Wiesenklee, Nelkenwurz, Mädesüß, Baldrian oder Zimbelkraut. Eine lange Liste an Verwendungsmöglichkeiten, die den Teilnehmern nicht gänzlich unbekannt sind, gibt es für den „Holler“. Der wildwachsende Holunder-Strauch, der im Mittelalter auch „Kinderlbaum“ genannt wurde, der Frauen in der Schwangerschaft und bei der Geburt unterstützt, sucht sich seinen Standort selbst und hat – so dachten schon unsere Vorfahren – einen Zugang zu der Unterwelt der Ahnen.

Am Ende stellten viele Führungsteilnehmer fest: Wenn man mal so nachdenkt, so wächst doch einiges an Schätzen in ihrem eigenen Garten. Und: Die eine oder andere Tinktur kann bestimmt mal für den „Notfall“ im Hausgebrauch ausprobiert werden.

Das gelbe Johanniskraut wächst im Museum. Kräuterführerin Ulrike Gschwendtner macht da Station, um Interessantes zu erzählen.
Das Oberpfälzer Freilandmuseum hat in Neusath selber einen eigens angelegten Kräutergarten.
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