Es kann jeden treffen. Niemand ist davor gefeit, in eine seelisch instabile Phase zu geraten. Wenn das alltägliche Leben von Depressionen überschattet wird, sich das "Ich" vom "Selbst" entfernt, ist behutsames Verständnis gefragt. An genau diesem Punkt nimmt der Verein "Irren ist menschlich" Ratsuchende an der Hand und begleitet sie auf ihrer bevorstehenden "Gradwanderung" zwischen den Welten. Klaus Nuißl, selbst ehemaliger Psychatriepatient, wie er bei der Vernissage im Schmidt-Haus bekannte, und heute Vorstandsmitglied dieser Hilfsorganisation sowie aktuell auf dem Betreuungssektor tätig, kann nach so vielen Jahren nun ganz offen über seine eigenen Erfahrungen sprechen und über den schmalen Pfad zwischen Isolation, Stigmatisierung, Inklusion und Therapie.
Mit 80 Teilnehmern
Sein Resümee: Wir haben hier schon viel verbessert in der Gesellschaft, Dank zahlreicher Mitstreiter, Unterstützer, aber auch durch Forschung und Methodik - etwa der Kunst. Ihr Beitrag zur grenzüberschreitenden Rehabilitierung ist unbestritten. "Wir haben uns dann gefragt, ist aber diese Kunst eine andere? Wie beeinflusst das Etikett die Wahrnehmung? Darauf gibt es, wie so oft, glaube ich persönlich, keine einfachen Antworten, aber der einfache Weg ist meist ja auch der falsche."
So war es auch nicht verwunderlich, dass der Verein anlässlich seines 20-jährigen Bestehens statt der üblichen Festveranstaltung einen speziellen Kunstwettbewerb startete. Über 80 Teilnehmer mit nachweislich geistig labilem Krankheitsbild, teils Autodidakten, aber auch kreativ Ausgebildete legten ihre Werke einer Jury zur Prämierung vor.
Sie kürte nicht nur die Preisträger, sondern initiierte nach der Erst-Präsentation 2017 in Regensburg eine Fortführung als Wanderausstellung. Ein durchaus kritisch hinterfragtes Unterfangen, schließlich wollte man einerseits dem üblichen Vorurteil der zur Schau Stellung "naiver Kunst" entgegentreten ohne jedoch andererseits die Persönlichkeitswürde der betroffenen Künstler/innen mitleidsvoll zu diskreditieren.
Zu den "Reisegefährten" gesellte sich von Anfang an neben der Katholischen Jugendfürsorge unter Leitung von Direktor Michael Eibl auch der Bezirk Oberpfalz, denn, so dessen Vizepräsident Lothar Höher, "schließlich handelt es sich bei Kultur, Inklusion und psychischen Erkrankungen um wichtige bezirkliche Aufgabenfelder". Er widmet sich in diversen Einrichtungen diesem Thema. Nicht zu vergessen, dass eine extreme Seelenlage kreatives Schaffen schon immer höchst intensiv befruchtet hat - man denke nur an Vincent van Gogh oder Robert Schumann. Kein Grund also weiterhin von "Outsidern" zu sprechen.
Bis 7. April zu sehen
Die Initiative der Organisatoren, ein bislang grundlos starres Meinungsbild aufzubrechen, und natürlich der bewundernswerte Mut aller beteiligten Künstler (teils unter Pseudonym) im Eingeständnis eines krankhaften Zustands mit schöpferischen Werken an die Öffentlichkeit zu gehen, verdiene mehr als nur symbolische Unterstützung, sondern viele interessierte Besucher.
Diesem Wunsch des Bezirkstagsvizepräsidenten schlossen sich bei der Vernissage neben Bürgermeister Armin Schärtl auch zwei anwesende Preisträger mit kurzen Wortbeiträgen zu ihren Exponaten an. Den Schlusspunkt der Eröffnungsveranstaltung setzte das melancholisch-nachdenkliche Gedicht "Zerreißprobe" von Monika Schüßler, vorgetragen von Mit-Organisatorin Ursula Wohlfeld.
Die Ausstellung "Gratwanderung" mit 38 Werken von 29 Künstlern ist noch bis 7. April im Museum im Schmidt-Haus zu sehen - geöffnet sonntags von 14 bis 17 Uhr.













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