Nabburger Hebammen sorgen für Konstanz

Nabburg
03.02.2021 - 08:15 Uhr
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Oft finden Geburtsvorbereitungskurse und ähnliches coronabedingt nur online statt. Nicht so bei den Frauen der Nabburger Hebammenpraxis. Mit persönlicher Betreuung von Angesicht zu Angesicht durchbrechen sie die Isolation von Schwangeren.

Für Schwangere ist der Lockdown eine besondere Herausforderung. Viele Faktoren stören diese sensible Zeit. Die Hebammen der Praxis in Nabburg versuchen, dem positiv entgegen zu wirken.

Es gibt keinen Bereich des alltäglichen Lebens, in dem das Covid-19-Virus nicht schon seine Spuren hinterlassen hat. So auch im Bereich der Schwangerenvorsorge, -nachsorge und der Geburt. Das macht sich bereits beim ersten Ultraschall-Termin bemerkbar. Den muss die Frau aktuell in der Regel alleine erleben. Der Mann muss draußen bleiben. "Ich würde sagen, es gibt Schlimmeres, als alleine zum Ultraschall zu gehen, doch wenn es um wichtige Entscheidungen geht, sollte der Papa auf jeden Fall dabei sein", sagt Verena Raab, Hebamme in Nabburg und der Umgebung.

Sie weißt darauf hin, dass es andere, bessere Möglichkeiten für den werdenden Vater gibt, sich mit auf die Geburt vorzubereiten, wie die Teilnahme an Geburtsvorbereitungskursen oder Hypnobirthing-Kursen.

Home-Office ein Vorteil

Nina Kramer aus Nabburg ist zweifache Mama und war gerade im vierten Monat schwanger, als die Coronapandemie in Deutschland ausbrach. Zur Sicherheit wurde sie ins Home-Office versetzt: "Ich hatte eigentlich eine super Zeit, auch wenn es mit meiner größeren Tochter natürlich anstrengend war. Aber als Schwangere von daheim aus zu arbeiten, ist gegen Ende deutlich entspannter als im Großraumbüro." Die Hebammen der Praxis in Nabburg haben sie in der Schwangerschaft betreut. "Wegen Corona gab es zwar Kurse aber ohne den Sportteil. Nach dem ersten Lockdown haben alle Kurse, wie Stillberatung, Säuglingspflege oder Paar-Kurse wieder stattgefunden - mit Maske und Abstand", erzählt die 31-Jährige.

Aktuell befindet sich Bayern im zweiten großen Lockdown. Vielerorts kann die Geburtsvorbereitung nicht mehr Präsenz stattfinden, doch die Hebammen aus Nabburg bleiben so lange es geht weiter bei ihren persönlichen Kursen - natürlich unter Einhaltung der Hygieneregeln und mit weniger Teilnehmern als sonst. "Wir hatten überlegt, es online zu machen, aber manche Sachen kann man nur von Angesicht zu Angesicht besprechen. Wir müssen uns die Frau anschauen und den Bauch abtasten, um zum Beispiel zu sehen, wie das Baby liegt", betont Raab. Der präsent stattfindende Geburtsvorbereitungskurs sei für die Mütter oft das Highlight der Woche, wie der Hebamme berichtet wurde. Viele von ihnen sind wegen Corona im Beschäftigungsverbot oder im Home-Office.

Die Isolation von Schwangeren sieht Verena Raab als ernstzunehmendes Problem: "Der Austausch fehlt komplett. Viele greifen bei Fragen dann öfter mal auf das Internet zurück, doch da stimmt eben auch nicht alles." Auch Nina Kramer bestätigt diesen Eindruck: "Der Austausch mit anderen fehlt. Hätte ich nicht aus der ersten Schwangerschaft die Kontakte zu anderen Mädels mit Kindern wäre ich jetzt sehr einsam." Mit ihrer Arbeit versuchen die Hebammen "Schadensbegrenzung" in dieser verrückten Zeit zu betreiben und eine gewisse Normalität für die Schwangeren beizubehalten. Auch für die Angst vor der Geburt im Krankenhaus sei Corona nicht gerade förderlich. Raab: "Man ist eh mit so viel Sorgen geplagt und jetzt kommt Corona dazu."

"Die Isolation der Schwangeren ist ein ernstzunehmendes Problem."


Hausgeburten immer beliebter

Die Hebammenpraxis in Nabburg ist eine von wenigen in der Region, die auch Hausgeburten begleitet. "Prinzipiell kann jede Frau, die auch im Schwandorfer Krankenhaus gebären würde, zu Hause ihr Kind bekommen", sagt Raab. Um die 50 Babys haben allein sie und ihre Kollegin Alexandra Regner im vergangenen Jahr auf die Welt geholfen. Tendenz steigend. "Ich würde das aber nicht unbedingt nur auf Corona schieben, die Anfragen sind in den vergangenen Jahren generell hochgegangen." Nicht nur, aber auch wegen der Coronapandemie und der unterschiedlichen Informationen zum Thema Geburt aus den Krankenhäusern, wollten mehr Frauen zu Hause entbinden. Doch viele Anfragen musste die Hebammenpraxis auch ablehnen. Die Angst vor Corona sollte nicht der Grund sein, sich für eine Hausgeburt zu entscheiden. Die Entscheidung sollte auch auf anderen Faktoren beruhen, betont Raab. Aktuell laufen die Anmeldungen für Hausgeburten im September.

Ambulante Geburt eine Alternative

Wer kein Fan von einem längeren Krankenhausaufenthalt während einer globalen Pandemie ist, aber nicht zu Hause sein Kind bekommen kann, für den sei die ambulante Entbindung eine mögliche Alternative. Dabei verlassen Mutter und Kind - sofern medizinisch nichts dagegen spricht - bereits wenige Stunden nach der Geburt das Krankenhaus wieder. Die Wochenbettbetreuung der Hebammen, die zu Hause stattfindet, beginnt dann sofort. Auch Nina Kramer hat sich für eine ambulante Entbindung während der Coronapandemie entschieden: "Die Angst bei der Geburt allein zu sein, und eventuell über Tage meine Tochter nicht zu sehen, weil sie mich ja nicht hätte besuchen dürfen, wäre schlimm gewesen." Es sei verständlich, dass auch die Anfrage nach ambulanter Betreuung wächst, meint Raab. Die Familie könne sich in aller Ruhe daheim kennenlernen. Bei der Mutter falle die Anspannung dieser intimen Zeit in den eigenen vier Wänden schneller ab. "Ich sehe das als eine gute Alternative", sagt die erfahrene Hebamme. Die Untersuchungen des Babys in den ersten Tagen nach der Geburt müsse man dann zwar selbst organisieren, doch das sei nur ein kleines Übel.

Die Hebammen können trotz Lockdown also vollwertig betreuen, trotzdem wäre ein baldiges Ende der Beschränkungen für ihre Patienten sehr wichtig. Gerade für die Zeit nach der Geburt. Nur eine Person sehen zu dürfen, sei realitätsfremd. "Manche Großeltern sehen ihre Enkel das erste Mal, wenn diese drei Monate alt sind. Das ist sehr, sehr schade. Nicht umsonst heißt es: 'Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen'", so Raab.

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Amberg30.11.2020
Nabburg11.10.2020
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Schwanger und Corona: Tipps gegen Einsamkeit

Isolation, Ängste und Unsicherheit sind besonders in der Schwangerschaft schwer auszuhalten. Doch es gibt Wege während des Lockdowns eine schöne Schwangerschaft zu erleben.

  • eine regionale Online-Mama-Gruppe suchen, z.B. auf Facebook, oder selber gründen
  • bei Fragen auf qualifizierte Quellen zurückgreifen, nicht "Dr. Google"
  • Gemeinsames spazieren gehen mit einer anderen werdenden Mama verstößt nicht gegen die Corona-Regeln und sorgt für Austausch
  • regelmäßige Video-Anrufe mit der eigenen Mutter oder Freundin
  • Online-Angebote in Anspruch nehmen: Yoga, Gesprächsrunden, z.B. von einer Online-Familienpraxis
  • frische Luft und Sonne helfen gegen depressive Stimmung
  • Vorfreude auf den Nachwuchs alles Negative überstrahlen lassen
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