Insgesamt 55 Kilometer, deutlich mehr als einen Marathon, bewältigt Markus Raab im Mai beim Landkreislauf. Zehn Etappen, die eigentlich in der Staffel zu absolvieren sind, nimmt der heimatverbundene Läufer als Einzelstarter in Angriff - und er schafft es: Nach fünf Stunden und 58 Minuten ist er am Ziel. "Ich glaub', ich war noch nie jemals so glücklich, der letzte zu sein", sagt der 41-Jährige, der für diese Leistung vor wenigen Wochen in Nabburg als "Sportler des Jahres" ausgezeichnet wurde. Das hätte er sich nicht träumen lassen damals, vor acht Jahren, als er - schon ohne sportliche Betätigung erschöpft - mit seinen 120 Kilogramm auf der Couch lag.
"Ich hab' geraucht wie ein Schlot", erinnert er sich an den Moment, als ihm klar wurde: "So geht das nicht weiter." Das war zu einem Zeitpunkt, als der Nabburger Fußballer wegen der vielen Wechselschichten als Schaffner bei der Bahn schon lange keinen Ball mehr kickte. 2011 wechselte er schließlich den Job, und eroberte sich als Bürokaufmann die Welt des Laufens. "Mit 120 Kilo, da macht Fußball wenig Sinn", denkt er zurück an die Anfänge mit 500 Meter Gehen und 500 Meter Laufen. Irgendwann schaffte er 5, dann 10 Kilometer am Stück. Es folgte eine Phase der Stagnation, bis auch mit den Zigaretten Schluss war. "Seither hält mich das Laufen vom Rauchen ab", schildert der 41-Jährige, der inzwischen 40 Kilogramm leichter ist, den entscheidenden Anlauf in Richtung Fitness.
Nicht "durchprügeln"
Von strengen Trainingsplänen hält der Ausdauer-Sportler genauso wenig wie von zu viel Ehrgeiz. Bei seinem ersten Wettkampf, dem Diendorfer Benefizlauf, sei er 2012 "meilenweit Letzter geworden". "Aber damit war ich immer noch schneller als Millionen andere, die nur auf der Couch liegen." 2014 dann der erste Halbmarathon beim Tempel-Lauf in Etsdorf, nach dem Raab "platt aber zufrieden" mit sich war. Schon ein Jahr später folgte der Freundschaftsmarathon Amberg-Weiden. "Dafür muss man aber wirklich richtig trainieren", räumt der Sportler ein, der nicht auf Bestzeiten schielte, sondern einfach nur durchkommen wollte.
Wenn er seine Laufschuhe anzieht, dann hat er keinen Plan im Kopf. "Der Plan weiß ja nicht, wie es mir an diesem Tag geht", scherzt er. Statt verbissen auf die Uhr zu schauen und "eine Einheit durchzuprügeln", hat der Nabburger einen offenen Blick für die Schönheit der Natur, macht zwischendurch ein Handy-Foto, mal vom Sonnenuntergang, mal vom Eis auf einer Pfütze, einem Igel und immer wieder vom Panoramablick auf die Nabburger Altstadt. "Manchmal reicht aber auch schon ein Ahornblatt", erzählt er. Hin und wieder lässt er mitten im Lauf beim Handstand die Welt Kopf stehen.
Seit über einem Jahr ist der 41-Jährige inzwischen mit Gleichgesinnten von der Detag Wernberg unterwegs, genießt den Austausch mit Freunden und passt sein Tempo ganz einfach den Begleitern an. Eine rundum erfolgreiche Laufsaison lässt ihn nach neuen Herausforderungen Ausschau halten.
Verlockende Heimat
In diesem Jahr sollte es eigentlich eine Ultra-Distanz sein: der Rennsteig-Lauf mit seinen 74 Kilometern von Eisenach nach Schmiedefeld - wenn da nicht der Landkreislauf die einmalige Chance geboten hätte, direkt in der Heimatstadt anzukommen. Weil sich der 41-Jährige keine der zehn Etappen entgehen lassen wollte, ging er ohne Staffel am 25. Mai in Burglengenfeld an den Start. Und fühlte sich auch ohne festes Team getragen von einem Freundeskreis, der ihn über Abschnitte hinweg begleitete, ihn "aufpäppelte" und motivierte.
"Ich hatte schon Angst, dass mich der Besenwagen überholen würde", gesteht der Läufer und meint damit die Streckenposten, die bis zum Eintreffen der letzten Teilnehmer ausharren sollten. Da wusste er längst, dass so ein langer Lauf früher oder später nicht nur mit den Beinen, sondern im Kopf entschieden wird. Was beim Berlin-Marathon der Anblick des Brandenburger Tors war, war nun das Auftauchen der Nabburger Kirchturmspitze. Unvergessen dann der Moment, wenn auf den letzten Metern gute Freunde mit über die Ziellinie sprinten. "Cool" findet er es, dass er nun auch noch "Sportler des Jahres" geworden ist.
Einen zweiten, kompletten Landkreislauf peilt er fürs nächste Jahr trotzdem nicht an, stattdessen hat er längst mit den Vorbereitungen für den "Rennsteig" begonnen. "Wir Läufer kriegen da nie genug", gesteht der 41-Jährige, der nur zu genau weiß, wie sich Erschöpfung anfühlt: "Aber wie heißt es so schön: Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt."
Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt.
Tipps für Anfänger
Für alle, die mit guten Vorsätzen zum Laufen ins neue Jahr starten, hat Markus Raab ein paar praktische Tipps: "Man muss das für sich selber machen, sonst funktioniert es nicht", meint er und rät von strikten Plänen ab. Stattdessen empfiehlt er, "nach Gefühl und oft zu laufen, um die Pumpe zu trainieren, dabei aber nichts erzwingen". Er persönlich zieht den Naturgenuss dem Musikhören vor. "Musik verleitet oft dazu, zu schnell zu laufen", so seine Erfahrung. Gegen eine Unterhaltung sei aber nichts einzuwenden: "Wenn man reden kann, dann läuft man auch nicht zu schnell." Mit anderen Sportarten wie dem Fußballspielen verträgt sich das Laufen nicht unbedingt, hat Markus Raab festgestellt - "zu viele Wehwehchen". Was die Routenwahl betrifft, so weiß er "Hausstrecken" wie die "Rotbühlring-Runde" und den "Skilift" ebenso zu schätzen wie neue Abzweigungen. "Ich finde jetzt noch neue Wege, die ich nie zuvor gesehen habe", staunt er.
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