Der Nachfolger von Birgit Angerer will damit eine Art Verjüngung einleiten, bezogen darauf, "dass die Sammlungstätigkeit 1920 aufhört". Eine Tankstelle aus den 50er Jahren - ein weiteres angedachtes Museumsobjekt - wäre für den promovierten Volkskundler ein sichtbarer Ausdruck der Motorisierung des ländlichen Raumes und der Veränderungen, die damit einhergingen und noch immer einhergehen. "Ein Museum hat grundsätzlich den Auftrag Gegenwartsrelevanz zu entwickeln." Der 42-Jährige ist kein Bewahrer und Sammler allein um des Bewahrens und Sammelns willen. Er nennt als Prämisse "die Vergangenheit zu betrachten um der Gegenwart willen". Weshalb seinem Verständnis nach eine inhaltliche Weiterentwicklung zur Grundaufgabe zählt.
Er verhehlt im Gespräch mit Oberpfalz-Medien nicht, "dass unglaublich viele und gute Sachen bereits laufen". Als ein Beispiel nennt er die Weltwasserwoche - "ein fantastisches Format, großartig". Die 21. Auflage ist bereits geplant und steht seiner Auffassung nach als Beweis dafür, dass Museen oft ihrer Zeit voraus sind und nicht angestaubt. Eine neue Homepage wird es geben, ein neues Besucherinformationssystem soll folgen. Letzteres wurde von seiner Vorgängerin angestoßen. "Ich bin keiner, der einfach weiter verwalten mag." Das hätte er auch in Abensberg, wo er das Stadtmuseum aufgebaut hat, tun können. Tobias Hammerl will gestalten und dafür sieht er in Neusath-Perschen viel Potenzial.
"Der Mensch kommt in unserem Museum zu kurz." Das liege daran, dass das Museum Objekt fokussiert sei. In den Häusern kämen Menschen, wenn überhaupt als letzte Bewohner auf dunklen Fotografien vor. Er weiß um das schwierige Unterfangen, in den Gebäuden das damalige Leben spür- oder erfahrbar zu machen. Einfacher ist es den heutigen Menschen in den Blick zu nehmen, das Museum vom Besucher her zu denken. Für den Familienvater heißt das: Gäste "sind einen bestimmten Service gewohnt." Es muss was zu essen, zu trinken geben und auch Raum für Kinder zum Spielen, sei es ein Tummelplatz, sei es eventuell eine Spielscheune.
Bereits im Eingangbereich kann er sich ein kleines gastronomisches Angebot vorstellen. Das Freilandmuseum sieht er durchaus im Wettbewerb mit anderen Freizeit-Einrichtungen in der Umgebung. Für ihn schließt das eine, kulturhistorischer Auftrag, das andere, Freizeit, nicht aus. "Unser Ziel ist ein differenziertes, Besucher orientiertes Angebot." Darin verpackt ist die "Freiheit, dem Besucher zu überlassen, was er daraus macht".
Eine weitere seiner Ideen: "Vielleicht könnten verschiedene Rundgänge angeboten werden, dass derjenige, der sich für Wald- oder Weidewirtschaft und Flora interessiert gezielt dort hin geführt wird." An den Häusern könnte dieser Besucher vorbeilaufen. Tobias Hammerl steuert während des Gespräch auf eines zu. Es ist nicht der stattliche Denkenbauernhof. Es ist das bescheidene Hirtenhaus.
Der Regensburger hat ein Faible für unscheinbare Bauwerke mit jedoch wichtigen Funktionen, wie sie etwa der Hüter im Dorf inne hatte. Ein Paradebeispiel aus der jüngeren Zeit ist für ihn "'s Busheisl" als Ort der Kommunikation. Womit er wieder bei einem seiner Lieblingsthemen, der Mobilität, ankommt. Ein anderes ist Nachhaltigkeit. "Wenn's nach mir geht, sind wir in fünf Jahren das nachhaltigste Freilandmuseum in ganz Bayern." Er selbst vereint als Pendler Mobilität mit Nachhaltigkeit. Mit dem Zug fährt Tobias Hammerl nach Nabburg und mit dem E-Bike vom Bahnhof zu seinem Arbeitsplatz im Museum.
Hüben und drüben
Die Saison mit dem Jahresmotto "Hüben und drüben" wird am 21. März eröffnet. Es geht nach den Worten von Leiter Tobias Hammerl um Grenzen, vom Gartenzaun bis zur Landesgrenze. Das Freilandmuseum arbeitet auch mit dem Museum in Klenčí (Klentsch) zusammen. Eine Ausstellung widmet sich der Musikkultur.
Tobias Hammerl
Tobias Hammerl wurde am 29. Juni 1977 in Regensburg geboren. Sein Abitur machte er am Goethe-Gymnasium in Regensburg. Er studierte Volkskunde, Geschichte und Kunstgeschichte in Regensburg und Edinburgh. 2015 promovierte Tobias Hammerl in vergleichender Kulturwissenschaft. Der Titel seiner Dissertationsschrift lautet: "Lego - Bausteine einer volkskundlichen Spielkulturforschung." Tobias Hammerl arbeitete schon als Student als Museumsführer und an verschiedenen Ausstellungen mit. Seit 2005 baute er auf beziehungsweise leitete das Stadtmuseum in Abensberg (Landkreis Kelheim). Der 42-Jährige Familienvater sitzt für die SPD im Regensburger Stadtrat.
Das Freilandmuseum ist noch nicht am Ende seines Entwicklungspotenzials angekommen.
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