Geht Beate Ott mit ihren Gästen im Kurpark, durch das "Gedankental" oder in Neualbenreuth spazieren, findet sie immer wieder einen Ort zum Innehalten. Das kann eine Bank sein, ein Platz unterm Baum oder der Steg am Dorfteich. Dann erzählt sie eine Geschichte oder sucht das Gespräch. Oder sie schweigt. Je nachdem, was die Situation ergibt, richtet sich Beate Ott ganz nach den Bedürfnissen der Teilnehmer ihrer spirituellen Spaziergänge. "Manchmal kommen viele. Dann wieder keiner oder nur einer. Auch das ist in Ordnung", sagt die Kur-Seelsorgerin des Sibyllenbads.
Kurseelsorgerin? Das wirft Fragen auf. Was ist eine Kurseelsorgerin? Es sei ein offizielles Amt und für Kurbetriebe erforderlich, erklärt die gebürtige Neualbenreutherin, die durch ihre Arbeit als Gemeindereferentin in Mähring vor einigen Jahren den Weg von Regensburg zurück in die Heimat gefunden hat. Die Rückkehr sei keine leichte Entscheidung gewesen, sagt sie. In einem Sabbatjahr habe sie sich das gut überlegt.
Seelsorgerische Betreuerin
Ausschlaggebend sei ihre Mutter Thea Ott gewesen, die im Fachwerkhaus aus dem Jahr 1802 allein gelebt habe. Seit einem Jahr begleitet Beate Ott das Amt. Wenn es auch offiziell der Begriff sei, sei sie keine Seelsorgerin im katholischen Sinn. "Seelsorgerische Betreuerin" sei als Berufsbezeichnung in Ordnung, fügt sie an. Denn um die Seele des Kurgastes geht es natürlich, egal welche Glaubensrichtung jene Menschen haben, die sich an Beate Ott wenden.
Die studierte Religionspädagogin hat Besuch von Gästen, die sich aussprechen wollen. "Die Leute wollen reden, wenn sich etwas in ihrem Leben gravierend ändert, oftmals wegen einer Krankheit", sagt sie. Sie erzählt von der Seniorin, die nach dem Tod ihres Mannes nach jahrelangen gemeinsamen Kuren allein ins Sibyllenbad gekommen sei. "Für sie war die Einsamkeit ohne Ehegatte schwer zu verkraften." Manchmal sei auch eine neue Entscheidungsfindung ausschlaggebend für ein Gespräch mit der Kurseelsorge. Und es gebe immer mehr Burn-Out-Betroffene, die in ihrem Leben etwas ändern müssten oder wollten. Aber nicht wissen, wie.
Viel mehr will Beate Ott nicht verraten aus ihrem Berufsalltag. Sie sei der Schweigepflicht unterworfen und hinter jeder Erzählung stecke ja eine Person, die ihre Geschichte kenne, will sie die Achtung vor der Intimität ihrer Gesprächspartner nicht verletzen. Menschen begleiten in unterschiedlichen Lebenssituationen - das sei schon immer ihre Passion gewesen, sagt sie zu ihrem Beruf Religionspädagogin.
Nicht nur für Kurgäste
"Als Büromensch bin ich nicht geeignet", lacht sie. Für sich selber, sinniert Beate Ott, schöpfe sie aus der Kraft ihrer Religiosität als Christin. Wenn ihr die Tragödien oder seelischen Schmerzen, die sie in den Sprechstunden höre, zu sehr ans Herz gingen, "übergebe ich dies im Gebet an Gott oder die Gottesmutter Maria. Oder an Jesus". So individuell wie das Leben selbst gestalten sich ihre Sprechstunden. Von zehn Minuten bis zu einer Stunde könne es dauern, bis alles gesagt sei, sagt Ott. "Manchmal vereinbare ich drei Wochen später einen weiteren Termin." Ihre Sprechstunden und die "meditativen Spaziergänge" sind nicht nur ein Angebot für Kurgäste. "Jeder kann kommen", lädt sie alle ein, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen.
Die 53-Jährige ist lange noch nicht fertig mit ihrem Bildungsweg. Sie erzählt, dass sie dieses Jahr noch gemeinsam mit Gästeführer Michael Rückl eine Ausbildung zum „Kneipp-Waldgesundheitsführer“ absolvieren werde. Dann kann sie ihre Spaziergänge ausdehnen, weit in die Neualbenreuther Wälder hinein.
Auch privat muss sich Beate Ott mit ihren Talenten nicht verstecken: Sie ist leidenschaftliche Malerin und verschenkt mitunter ihre Werke gegen eine Spende.
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