Neukirchen
13.09.2022 - 11:15 Uhr

Ockerstube in Neukirchen öffnet am Tag des offenen Denkmals zum letzten Mal

Es lag eine gewisse Wehmut über dem diesjährigen Tag des offenen Denkmals in Neukirchen. So folgten denn auch ungewöhnlich viele interessierte Bürger der Einladung zu einer Erkundung der in der vor Jahren in der alten Post am Neukirchener Bahnhof entstandenen Ockerstube. Letztmalig konnten die Besucher eine breit gestreute Sammlung von Dokumenten und Gerätschaften einer einstmals blühenden und typisch kleingewerblichen Bergbautradition zwischen Königstein und Neukirchen in Augenschein nehmen. Die Gewinnung des früher begehrten und vielseitig verwendbaren mineralischen Farbstoffes ging Anfang der 1970er-Jahre des vorigen Jahrhunderts sang- und klanglos zu Ende. Dabei sicherte diese eine ganze Landschaft prägende Bergbautätigkeit vielen Menschen vornehmlich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie zwischen beiden Weltkriegen Arbeit und damit Lohn und Brot. Als Unternehmer und Arbeitgeber dieser Klein- und Kleinstbergwerke, die sich der Farberde-Förderung widmeten, fungierten häufig Landwirte und Baufirmen. Deren Bergwerke auf freiem Feld oder im Wald glichen – bedingt durch den vor Ort deponierten Erdaushub – gleichsam überdimensionierten Maulwurfhügeln. Großunternehmer in dieser Branche waren eher selten und überdies von auswärts.

Viele der Besucher der Ausstellung im Anwesen eines ehemaligen Pioniers des heimischen Farberde-Bergbaus waren beeindruckt von der Bedeutung und der Leistungsfähigkeit des Ockerbergbaus im Westen des Landkreises an der Grenze zu Mittelfranken. Dass man mit purer Handarbeit, ohne jeglichen Einsatz von Maschinen und mit einfachster, ja mittelalterlicher Technik die wertvolle Farberde zum Teil aus beachtlichen Tiefen fördern konnte, war sicherlich für viele eine überraschende Erkenntnis an diesem Tag. Vorgestellt wurden eine rustikal und mit einfachsten Mitteln gefertigte Schachtausrüstung mit Haspelbock und handgearbeiteten Holzeimern zur Hebung des Ockers sowie Bohrgeräte zum Aufspüren der meist in der Tiefe lagernden Farberde, beides Leihgaben des Sulzbach-Rosenberger Stadtmuseums. Staunen lösten auch längst in Vergessenheit geratene Begriffe der Bergmannssprache wie Gezähe (Werkzeuge des Bergmanns), gutes Wetter (ausreichende Belüftung unter Tage), Fahrung (Leiter zum Abstieg in die Grube) aus. Eine Vielzahl von historischen Aufnahmen – Ansichten von Bergwerken, Personen und Farbmühlen – sowie zahlreiche Hinweistafeln und Erläuterungen vermittelten zudem einen nachhaltigen Eindruck von dieser großartigen Bergbautradition.

Weiterhin konnten sich die Besucher anhand von Proben über die große Bandbreite und das breite Farbspektrum der verschiedenen Ockerarten und deren Verwendung überzeugen. Heutigen Maßstäben zufolge erhielte der Ocker als natürlicher und mineralischer Farbträger ohne Chemie und Fremdstoff wohl das höchste Umwelt- und Ökosiegel. Eine Abteilung der Sammlung widmete sich auch dem Geleucht des Bergmanns. Nur mit einer entsprechenden sicheren Lichtquelle wie der legendären Karbidlampe war ein Arbeiten unter Tage möglich. Durch die Sammlung führten Heimatpfleger Walter Schraml, tatkräftig unterstützt von Angelika Aures vom Arbeits- und Freundeskreis St. Martin. Zum Bedauern des Heimatpflegers und vieler Freunde der Heimat- und Kulturpflege wurde das zwar erheblich sanierungsbedürftige Gebäude mit authentischer Farberdebergbau-Geschichte von der Gemeinde an einen Investor verkauft. Bleibt nur zu hoffen, dass es in seiner einmaligen baulichen Substanz erhalten bleibt. Der Dank gilt am Ende einer Ära den Freunden von St. Martin und den Mitarbeitern des kommunalen Bauhofes, die sich der Restaurierung der Ockerstube in vielen Arbeitsstunden angenommen haben, war bei der Führung zu hören.

 
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