Neunburg vorm Wald
19.11.2024 - 11:59 Uhr

Waldbesitzer lässt alte Bäume für die Artenvielfalt stehen

Eigentlich wollte Wolfgang Steininger in Eichtal bei Neunburg seinen Wald "sauber machen". Nun schlägt er einen völlig anderen Weg ein. Er gibt Fledermäusen, Vögeln und Insekten Lebensraum - mit Totholz.

Vier Klinkersteinsäulen sind die letzten Zeugen. Der Wald, der heute das Haus von Wolfgang Steininger in Eichtal bei Neunburg vorm Wald umgibt, wurde vor rund 50 Jahren noch intensiv industriell genutzt – zum Tonabbau. Heute gleicht das Gelände, das zu Steiningers Waldbesitz gehört, eher einem Urwald. Den wollte Steininger vor wenigen Jahren anpacken. Der Wald sollte „sauber“ werden. Steininger wandte sich an Revierförster Jörg Maderer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Regensburg-Schwandorf. Doch der riet ihm etwas ganz Anderes.

„Ich bin sehr glücklich über diesen Weg. Jetzt kann ich den Wald nutzen und zugleich etwas für Pilze, Insekten und Co. machen“, freut sich Wolfgang Steininger. Als er den väterlichen Wald übernommen hatte, hatte er so gut wie keine Erfahrung mit der Waldbewirtschaftung. Doch als Jörg Maderer zum Beratungsgespräch Steiningers Wald betrat, sah er jede Menge Bäume mit Spechthöhlen und Astlöchern, Stämme, an denen vielfältige Pilzarten hafteten und Totholz, das Insekten als Lebensgrundlage dient. Kurz: ein Eldorado der Artenvielfalt.

Widerstandsfähig gegen Klimawandel

„Biotopbäume und Totholz gehören zu den naturschutzfachlich wertvollsten Waldstrukturen“, erklärt Förster Maderer. Sie dienen als Lebensstätten für Fledermäuse, Vögel oder im Holz lebende Käfer, wie zum Beispiel der seltene Eremit. „Für die Holzvermarktung haben diese Bäume meist eine zu geringe Qualität. Umso nützlicher sind sie für den Artenvielfalt.“ Diese wiederum erhöht zusätzlich die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen den Klimawandel.

Maßnahme wird gefördert

Wer mit aufmerksamem Auge durch das Waldstück geht, erkennt an Bäumen die sogenannte grüne Welle als Markierung. Waldbesitzer Steininger hat sich nämlich dazu verpflichtet, rund 35 Biotopbäume und bestimmte Tothölzer für zwölf Jahre im Wald zu belassen, damit für Flora und Fauna diese wertvollen Strukturen erhalten bleiben. Dafür erhält er Dank des Vertragsnaturschutzprogramms Wald (VNP Wald) der bayerischen Umweltverwaltung einmalig bis zu 220 Euro pro Biotopbaum.

Die Laub- und Nadelbäume sind aber nicht nur markiert, sondern auch per GPS erfasst, damit auch kontrolliert werden kann, dass die Waldbesitzer sich daran halten. Der Vorteil: Waldbesitzer können ihren Wald weiterhin nutzen, solange die geförderten Bäume nicht angetastet werden. Wolfgang Steininger zum Beispiel macht regelmäßig Holz, um sein Haus heizen zu können. Genau so ist das richtig, findet Revierförster Maderer. „Uns geht es um das Prinzip: Schützen und Nutzen auf derselben Waldfläche.“

Natur holt sich das Gebiet zurück

Ursprünglich dachte Steininger, er müsse den Wald rund um sein Haus im Eichtal „sauber halten“ und abgestorbene Bäume herausschneiden. „Den Wald aufarbeiten zu müssen, hat mir enorme Kopfschmerzen bereitet“, erzählt er. Das Gelände ist schwierig, da der Tonabbau seine Spuren hinterlassen hat: Davon zeugen die ehemaligen Gruben, die als Fischteiche dienen, und die vier Stützen – aus Klinkersteinen gemauert – auf denen früher ein Fließband den abgebauten Ton aus der Grube nach oben in die Ziegelei transportierte.

Doch weil der Wald sich das Gebiet in den letzten 50 Jahren wieder zurückgeholt hat, fällt erst auf den zweiten Blick auf, dass diese Strukturen von Menschenhand geschaffen sind: „Es ist schon beeindruckend, wie schnell sich die Natur diesen Ort wieder zurückgeholt hat“, sagt Revierförster Maderer.

Hintergrund:

Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm Wald (VNP Wald)

  • Förderziel.VNP Wald honoriert mit Zuwendungen freiwillige Leistungen, welche Waldbesitzer für den Natur- und Artenschutz in ihren Wäldern erbringen.
  • Auszahlung: Im Jahr 2023 konnten10,9 Millionen Euro ausbezahlt werden.
  • Antragsberechtigte. Private und körperschaftliche Waldbesitzer, Rechtler, von Waldbesitzern beauftragte Vereine, Verbände und Vereinigungen von Waldbesitzern
  • Antragstellung: Bei dem für den Betrieb zuständigen Revierförster am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ab jetzt bis Mai 2025. Die untere Naturschutzbehörde beim jeweiligen Landratsamt oder der kreisfreien Stadt prüft, ob eine Maßnahme die Voraussetzungen für die Teilnahme am Vertragsnaturschutz erfüllt
  • .Was gefördert wird: Maßnahmen die für einen Zeitraum von fünf bzw. zwölf Jahre abgeschlossen werden, darunter
    Erhalt von Nieder- und Mittelwäldern, Erhalt von Biotopbäumen, Belassen von Totholz, Erhalt von Altholzinseln, Erhalt von Biberlebensräumen,
    Nutzungsverzicht und Schaffung lichter Waldstrukturen
 
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