Freilandmuseum Neusath: Schutz für Denkmäler und fliegende Jäger

Neusath bei Nabburg
28.09.2020 - 14:42 Uhr
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Leiter Dr. Tobias Hammerl freut sich einerseits, dass es Schädlingsbefall im Freilandmuseum Neusath gibt. Andererseits müssen die Denkmäler geschützt werden. Nicht nur die, sondern auch fliegende Jäger.

Die Fraßlöcher sind am Bauernhof im Waldlerdorf des Oberpfälzer Freilandmuseums Neusath in Perschen deutlich zu sehen. "Das ist der Hausbock", sagt Museumsleiter Dr. Tobias Hammerl. Einerseits ist der Historiker erleichtert, dass es Schädlingsbefall in den uralten Holzgebäuden gibt. "Das zeigt uns, dass wir keine Probleme mit Giftrückständen haben", so der Museumschef. Aber natürlich müssen die Denkmäler auch erhalten bleiben. "Wir wollen Substanzverlust und statische Probleme verhindern".

Deshalb hat das Museum "Römer Biotec" mit der Begasung der Gebäude beauftragt. Der Startschuss für das Unternehmen aus Wilhelmshaven fiel, nach langen Vorbereitungen, vergangene Woche im "Waldlerdorf".

Auf Artenschutz achten

"Wir achten natürlich auch auf den Artenschutz", betont Hammerl. Deshalb ist auch Rolf Dorn vor Ort. Der Fachberater für Fledermausschutz weiß, dass im Freilandmuseum elf Arten der streng geschützten, fliegenden Säugetiere Quartiere haben. Das Gas würde sie in ihren Unterschlupfen töten. Deshalb hat Dorn die Gebäude mehrfach gründlich abgesucht, im Auftrag der Naturschutzbehörde. Kotspuren verraten die Unterkünfte, außerdem werden mit "Batrecordern" die Ultraschall-Laute der Fldermäuse aufgenommen und hörbar gemacht. So kann der Profi das Vorkommen bestimmter Arten erkennen. "Auch die Mopsfledermaus ist da", erzählt Dorn und deutet auf die Schindel-Verkleidung eines Gebäudes. Die sehr seltene Mopsfledermaus lebt normalerweise im Wald, hat ihre Quartiere in stehendem Totholz unter der Rinde. Aber auch Scheunen mit schmalen Spalten oder eben Schindeln werden genutzt. "Wir haben sie erfolgreich vertrieben", erzählt Dorn.

Dazu werden Scheinwerfer eingesetzt. Dorn wartet, bis die Fledermäuse abends ausfliegen, schaltet dann die Lampen ein. Ist bei ihrer Rückkehr ihr Quartier erleuchtet, suchen sich die Tiere ein anderes Versteck. Außerdem: Jetzt im Spätherbst ziehen die Fledermäuse ohnehin in ihre Winterquartiere: Höhlen, Keller, Bergwerke. Deshalb sind diese Jahreszeit oder das zeitige Frühjahr ideal für die Begasungs-Aktionen. Später, wenn die Tiere in den Wochenstuben die Jungen großziehen, geht nichts mehr. "Die Quartiere sind streng geschützt", sagt Dorn. Er lobt die frühe und gute Zusammenarbeit mit dem Museum. "Dann kann man das gut vorbereiten."

Die Fachleute von "Römer Biotec" haben in den vergangenen Tagen die sechs Gebäude des Waldlerdorfs nach und nach abgedichtet. Geschäftsführer Marcus Römer erläuterte den Oberpfalz-Medien die Aufgabe. Zur Abdichtung werden Folien genutzt. "Wir prüfen die Dichtigkeit", erklärt Römer, die liege deutlich über einem "neuen KfW-40-Haus". Erst dann wird das giftige Gas Sulfuryldifluorid eingeleitet, die Konzentration beständig gemessen. Nach 48 bis 72 Stunden wird das Gas abgesaugt, verwirbelt. Das Gas diffundiert schnell ins Holz und andere Werkstoffe. "Ein 40 mal 40 Zentimeter-Balken ist nach einer halben Stunde durchdrungen", erklärt Römer. Der Einsatz des Gifts ist genau geregelt. "Man muss wissen, was man tut, und wie man es tut." Die Firma aus Wilhelmshaven hat nach Römers Angaben jahrzehntelange Erfahrung, gerade im Denkmalschutz.

In jedes Gebäude werden Prüfstücke gelegt. In den versiegelten Holzbehältern sind lebende Larven und ausgewachsene Schädlinge. Nach der Begasungsaktion stellt eine Materialprüfungsanstalt fest, ob die Schädlinge tot sind. Dann war die Aktion erfolgreich.

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Für alle Gebäude

Das Freilandmuseum wird in den kommenden Jahren nach und nach alle Gebäude behandeln. Eine Bekämpfung der Schädlinge mit Hitze sei auch aus konservatorischen Gründen - die Hitze könnte Möbeln und Farben schaden - nicht infrage gekommen, sagte Hammerl. Er rechnet mit Gesamtkosten "im mittleren sechsstelligen Bereich". Rolf Dorn wird dann auch wieder vor Ort sein. Schließlich bieten die historischen Gebäude und das Außengelände einer beachtlichen Fledermaus-Population eine Heimat. "Das gehörte ja gewissermaßen auch zur Nutzung", sagt Dr. Tobias Hammerl.

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