Neusorg
28.06.2023 - 16:13 Uhr

Neuer Rettungswagen soll Einsatzzeiten im Raum Neusorg verkürzen

Im Notfall entscheiden Minuten über Schmerzen und Langzeitfolgen, oft über Leben und Tod. Doch die Retter haben es nicht leicht, die Hilfsfrist einzuhalten. Im westlichen Teil des Landkreises Tirschenreuth ist nun Entspannung in Aussicht.

Sobald der Rettungswagen startet, läuft die Zeit. Die Hilfsfrist von zwölf Minuten ist unter ungünstigen Umständen für abgelegenere Orte schwer einzuhalten. Die Rettungswache Kemnath bekommt nun Unterstützung, um Gebiete der Verwaltungsgemeinschaft Neusorg besser zu erreichen. Symbolbild: Nicolas Armer/dpa
Sobald der Rettungswagen startet, läuft die Zeit. Die Hilfsfrist von zwölf Minuten ist unter ungünstigen Umständen für abgelegenere Orte schwer einzuhalten. Die Rettungswache Kemnath bekommt nun Unterstützung, um Gebiete der Verwaltungsgemeinschaft Neusorg besser zu erreichen.

Zwölf Minuten. So lange soll es höchstens dauern vom Ausrücken des Rettungsfahrzeugs bis zum Eintreffen beim Patienten. Wenn diese Hilfsfrist in weniger als 80 Prozent der Fälle eingehalten wird, besteht Handlungsbedarf. So wie im Versorgungsbereich der Rettungswache Kemnath: Nur knapp 77 Prozent der Fahrten waren 2022 im "grünen Bereich". Deshalb will der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Oberpfalz-Nord in Neusorg einen zusätzlichen Stellplatz für einen Rettungswagen schaffen.

"Inzwischen liegt auch die Finanzierungszusage der Krankenkassen vor", informiert ZRF-Geschäftsleiter Alfred Rast auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. Der Zweckverband hatte in der jüngsten Versammlung einstimmig zwei neue Stellplätze befürwortet. Der in Schönsee soll die Rettungswache Oberviechtach stärken, der in Neusorg den Versorgungsbereich Kemnath.

Die Karte zeigt die Rettungsstandorte im Landkreis Tirschenreuth. Zu den rund um die Uhr besetzten Rettungswachen sind weitere Standorte für Rettungswagen nötig. Grafik: Laura Fröhler, Oberpfalz-Medien/Quelle: Zweckverband für Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung Oberpfalz-Nord
Die Karte zeigt die Rettungsstandorte im Landkreis Tirschenreuth. Zu den rund um die Uhr besetzten Rettungswachen sind weitere Standorte für Rettungswagen nötig.

Schon zwei Zusatz-Standorte

Im östlichen Landkreis Tirschenreuth hat sich das Problem mit zu langen Wartezeiten entspannt, seit es dort zwei neue Rettungswagen-Stellplätze gibt. In Griesbach (Gemeinde Mähring) sind seit 2017 zusätzliche Teams des Roten Kreuzes am Start. In Wernersreuth (Gemeinde Bad Neualbenreuth) kamen die Johanniter nach der Ausschreibung zum Zug und eröffneten 2019 einen neuen Standort. Im ebenfalls unterversorgten Bereich Eschenbach wurde Anfang 2023 in Schwarzenbach ein Rettungswagen stationiert.

Diese Stellplätze sind nicht rund um die Uhr besetzt, haben aber eine verpflichtende Vorhaltezeit. Ähnlich wie in Griesbach und Wernersreuth könnte es auch in Neusorg laufen. Geplant ist dort eine Besetzung an Werktagen von 8 bis 20 Uhr sowie am Wochenende von 8 Uhr bis Mitternacht. Auch der Startzeitpunkt steht fest: Am 1. April 2024 soll es bereits losgehen.

In vier Städten des Landkreises Tirschenreuth gibt es rund um die Uhr besetzte Rettungswachen: Tirschenreuth, Mitterteich, Erbendorf und Kemnath. Doch von dort aus sind nicht jederzeit alle Orte in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist zu erreichen. Insgesamt werden immer mehr Einsätze gefahren – bayernweit gab es in den vergangenen zehn Jahren eine Zunahme der Notfallereignisse um 32 Prozent. Auch die Zahl der Einsätze mit mehr als einem Rettungswagen steigt.

Immer länger auf der Straße

Falls die Helfer bereits bei einem Transport gebunden sind, müssen benachbarte Wachen eingreifen. "Wenn der Rettungswagen aus Kemnath nicht verfügbar ist, kommt zum Beispiel der aus Fichtelberg. Aber der tut sich natürlich schwer, die 12-Minuten-Frist einzuhalten", schildert Alfred Rast die Abläufe.

Problematisch ist die Lage hauptsächlich in Orten der Gemeinden Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth. "Die Transportwege werden immer länger", verweist der Geschäftsleiter des Rettungszweckverbandes auf die veränderte Krankenhauslandschaft mit Schließungen von Häusern wie Vohenstrauß und Waldsassen. "Hinzu kommt, dass ja nicht alle Notfälle im Krankenhaus Kemnath versorgt werden können, sondern nach Bayreuth oder Weiden müssen." Die Folge: Die Rettungswagen sind länger gebunden, Nachbarkräfte müssen ausrücken, was wiederum zu Lücken in deren Stammgebiet führt.

Über die einheitliche Notrufnummer 112 alarmiert die Integrierte Leitstelle immer das nächstgelegene Einsatzmittel. "Das kann auch jedes andere Fahrzeug sein, das sich gerade einsatzklar zum Beispiel am Klinikum Fichtelgebirge oder Krankenhaus Kemnath befindet", erklärt Pressesprecher Sven Lehner vom BRK-Kreisverband Tirschenreuth. Das Rote Kreuz betreibt die vier Rettungswachen im Landkreis und ist auch am neuen Stellplatz zwischen Steinwald und Fichtelgebirge interessiert.

"Wir begrüßen die Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung in der Verwaltungsgemeinschaft Neusorg. Insbesondere unsere Bereitschaften leisten hier bereits viele Stunden ehrenamtlichen Dienst", nennt Lehner im potenziellen Einsatzgebiet die bewährten "Helfer vor Ort" in Armesberg, Poppenreuth und im Nachbarlandkreis in Nagel. An vier Standorten verkürzten sie bereits das therapiefreie Intervall bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. "Wir gehen von rund sechs Vollzeitstellen aus", beschreibt Lehner die Überlegungen im Vorfeld einer Bewerbung für den Standort Neusorg.

Im Rettungswagen muss ein Notfallsanitäter an Bord sein. Fahrer müssen ab 2024 zumindest die Ausbildung als Rettungssanitäter haben, informiert Alfred Rast. Er geht davon aus, dass die Ausschreibung unter den Hilfsorganisationen bis Herbst ein Ergebnis haben wird. "Neu ist die Vertragslaufzeit von zehn Jahren. Bisher waren es fünf", hofft der Geschäftsleiter auf einen Vorteil bei der Fachkräftegewinnung für den neuen Stellplatz.

Verkehrsgünstige Lage

Für das Personal und die Bereitstellung eines geeigneten Standortes mit entsprechend ausgestatteten Räumen sind die Rettungsorganisationen, die sich bewerben, selbst verantwortlich. Vorgegeben ist laut Rast eine verkehrsgünstige Lage an der Staatsstraße 2181.

"Wir werden alles dafür tun, was von Seiten der Gemeinde dafür nötig ist", signalisiert Neusorgs Bürgermeister Peter König Unterstützung für den zusätzlichen Rettungswagen. "Das ist absolut zu begrüßen und wertet unseren Standort auf." Das Vorhaben passe sehr gut zu den interkommunalen Plänen der Verwaltungsgemeinschaft, ein Medizinisches Versorgungszentrum aufzubauen.

Nichts zu tun mit der öffentlich-rechtlichen Ausstattung durch den Rettungszweckverband hat übrigens ein Fahrzeug, das bereits in Neusorg in einer Halle auf dem ehemaligen Media-Gelände stationiert ist. "Der Sonderbedarfs-Rettungswagen steht zusätzlich für Großschadenslagen zur Verfügung", erklärt BRK-Sprecher Sven Lehner die Neuanschaffung von 2019.

Der Kreisverband hat dieses von Ehrenamtlichen der Bereitschaft Armesberg betreute Fahrzeug finanziert. Anders als der jetzt bestellte Wagen braucht dieses Gefährt nur eine Unterstellmöglichkeit, um bei Bedarf den regulären Rettungsdienst zu unterstützen. "Es hatte schon einige Einsätze und wurde gerade in Coronazeiten gebraucht", weiß Bürgermeister König und lobt die betreuende Bereitschaft als aktive Gruppe: "Die ist schwer auf Draht."

Griesbach bei Mähring15.12.2020
Wernersreuth bei Bad Neualbenreuth05.10.2021
Hintergrund:

So oft wurde 2022 die Hilfsfrist eingehalten

  • Rettungswache Eschenbach: 71,97 Prozent
  • Rettungswache Lohma: 76,47 Prozent
  • Rettungswache Kemnath: 76,85 Prozent
  • Rettungswache Erbendorf: 82 Prozent
  • Rettungswache Mitterteich: 84,72 Prozent
  • Rettungswache Neustadt/WN: 85,3 Prozent
  • Rettungswache Tirschenreuth: 86,27 Prozent
  • Rettungswache Weiden: 92,2 Prozent
 
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