Die evangelische Kirchengemeinde begeht das 300-jährige Bestehen der großen und schmucken Dreieinigkeitskirche im historischen Stadtkern von Neustadt am Kulm. Deswegen lädt sie am Sonntag, 8. November, zum Festgottesdienst mit Regionalbischof Klaus Stiegler ein.
Schon von Weitem sichtbar, prägt die Dreieinigkeitskirche das Ortsbild – von jedem Standort aus. Sie gibt Heimatgefühl und bündelt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bewohner von Neustadt am Kulm.
Schon immer bot ein Kirchengebäude Zuflucht in inneren und äußeren Nöten. Die Menschen kommen dort bei allen wichtigen Lebensabschnitten zusammen und bitten um Orientierung und Gottes Beistand. Von der Taufe über die Konfirmation, die Hochzeit und das Patenamt bis hin zur Beerdigung: Die Kirche ist der Ort der Feierlichkeiten und anlassbezogenen Gottesdienste. Vor allem für die nicht lesekundigen Menschen früherer Zeiten war sie ein Ort, der den Glauben greifbarer machte und den Menschen das Gefühl gab, dort Gott ganz nahe sein zu können.
300 Jahre Dreieinigkeitskirche: Das Jubiläum bezieht sich auf die heutige Erscheinungsform des Gotteshauses als barocke Markgrafenkirche. Diese hatte aber bereits einige Vorgängerkirchen.
Bereits vor der Stadtgründung gab es Christen, die zur bestehenden Kirche in Mockersdorf gehörten. Für die Stadtgründung im Jahr 1370 wurden einige Menschen aus der Gegend in die Stadt umgesiedelt. Innerhalb der Stadtmauern gab es zu diesem Zeitpunkt keine Kirche.
Erst über 40 Jahre später wurde unter Burggraf Johann III. von Nürnberg mit Erlaubnis von Papst Johannes XXIII. (Gegenpapst) im November 1413 ein Karmeliter-Kloster samt Kirche gegründet. Die Bewohner Neustadts waren jedoch immer noch der Pfarrei in Mockersdorf zugeordnet.
Das Gotteshaus war von Anfang an der Heiligen Dreieinigkeit gewidmet, der Altar wurde dem heiligen Erhard geweiht. Von der vor gut 600 Jahren – von 1414 bis 1417 – erbauten Kirche sind noch einige Teile erhalten und in das heutige Gotteshaus integriert.
Dies sind die Außenmauern des Chorraumes mit den gotischen Säulenaufbauten und die Grundform der Fenster. Ebenso gehört die Sakristei mit dem Kreuzgewölbe zu den alten Teilen der Kirche. Die Fundamente des Kirchenschiffes und der untere Teil des Turmes stammen teilweise ebenso von dieser Urkirche.
Im Zuge der Reformation verließen die Mönche 1527 Neustadt am Kulm. Die Kirche wurde eine protestantische Pfarrkirche und bekam 1529 den ersten lutherischen Prediger Johann Wurm. Dies ist auch das entscheidende Jahr der Trennung von der Pfarrei Mockersdorf. Pfarrer Hartmut Klausfelder ist bereits der 35. Geistliche, der auf Johann Wurm folgt.
Im Jahr 1430 war die Kirche bei einem Überfall der Hussiten teilweise zerstört und anschließend wieder in Stand gesetzt worden. Doch bereits ein Jahrhundert später zerstörte ein Brand einen Teil des Klosters und der Kirche.
Im Dreißigjährigen Krieg fiel ein Großteil der Stadt einer furchtbaren Feuersbrunst zum Opfer. Auch Kirche und Klostergebäude wurden zerstört. Nur notdürftig konnte aus der Ruine ein Gebäude für den Gottesdienst errichtet werden. Für mehr fehlten einfach die nötigen Mittel.
Erst Anfang des 18. Jahrhunderts kam es zu einem vollständigen Wiederaufbau. Dieser fällt in die Regierungszeit von Markgraf Christian Ernst und dessen Sohn Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth (1644 bis 1712).
Es entstand eine barocke Markgrafenkirche am Rande des politischen Territoriums der Markgrafen. Damit lässt sich auch die prächtige Ausgestaltung und Größe der Kirche im barocken Stil erklären. Sie war wohl ein Demonstrationsobjekt am Rande des protestantischen markgräflichen Gebietes zum katholischen Umland.
Am Bau waren Handwerker mit großen Namen beteiligt: Stukkateur-Meister Quaten oder Quatro wurde 1708 mit Arbeiten beauftragt, um 1733 baute Johann Georg Purucker aus Marktleuthen die Orgel ein. Auf den Deckengemälden findet man den Namen F. G. Linck und die Jahreszahl 1786.
Seine Werke zeigen die bekanntesten Erzählungen und Berichte aus der Bibel. Unter anderem ist der gesamte Jahreskreis mit den wichtigsten Festen der Christen abgebildet – für die nicht lesekundigen Menschen früherer Zeiten eine hilfreiche Unterstützung im Glauben.
Seitdem wurden am Gebäude selbst keine wesentlichen Umbauten vorgenommen, die das äußere Erscheinungsbild verändert hätten. Nur der Turm musste nach einem Brand in der Kirchgasse am 22. Mai 1846 wieder instandgesetzt werden. Anstelle des Kuppeldaches erhielt er ein Pyramidendach.
Nur eine Glocke konnte bei dem Brand gerettet werden. Aus den Resten der anderen beiden Glocken wurde ein neuer Klangkörper gegossen und 1851 eine dritte Glocke angeschafft. Diese wurden am 29. November 1851 im Kirchturm angebracht. Die Uhr wurde 1855 ersetzt.
Im Jahre 1882 erhielt der Kircheninnenraum einen neuen Fußbodenbelag, da der alte Boden wegen eingestürzter Gräber uneben geworden war. 1892 wurde eine neue große Glocke angeschafft und die Orgel durch ein größeres Instrument der Firma Steinmeyer aus Öttingen ersetzt. Die alte Purucker-Orgel wurde in der Friedhofskirche aufgebaut.
Wegen des Ersten Weltkrieges konnte damals eine geplante Restaurierung nicht erfolgen. In den Jahren 1979 bis 1981 wurde n einer umfangreichen Neufassung versucht, das ursprüngliche Aussehen wiederherzustellen.
Zwischen 2006 und 2011 wurde der komplette Dachstuhl über dem Chorraum saniert und neu gedeckt. Im Innenraum wurden die Schäden am Stuck ausgebessert. Aktuell wird der Kirchturm neu eingedeckt.
Mit ihrer Größe (500 Sitzplätze) und der wunderbaren Ausgestaltung wird die Kirche gerne für Hochzeiten und Konzerte genutzt. Der hell gestaltete Innenraum bringt die beiden blau-bunten Emporen und die farbigen Deckengemälde besonders gut zur Geltung. Der ursprüngliche Mosaikboden musste einem Granitboden weichen.
Ihr umfassendes Wissen um die Historie von Stadt und Kirche bringt immer wieder Käthe Pühl bei Kirchenführungen ein. Sie lässt dabei mit ihrem Detailwissen die alten Zeiten an den Besuchern vorüberziehen und erklärt die zahlreichen Gemälde und die Details, die eine Markgrafenkirche ausmachen.
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