Welches Potenzial hat der Anrufbus-Service unter dem Namen Baxi im Landkreis Neustadt? Das zu beurteilen, fällt schwer. Lockdown, Kurzarbeit, Homeoffice, Kontaktbeschränkungen: All dies ist dem öffentlichen Personennahverkehr nicht gerade zuträglich. Dennoch soll das Baxi-Angebot schon ab 1. April erweitert werden. Ein Jahr nach der Einführung stellte der zuständige Sachgebietsleiter am Landratsamt Martin Koppmann am Mittwoch dem Kreisausschuss Einzelheiten vor.
Seit 1. Februar 2020 kurven Baxis auf zehn Linien quer durch den Landkreis. Bis Ende Dezember nahmen 2400 Fahrgäste darin Platz. Betrieben werden die Linien von privaten Unternehmern. Die Fahrpläne sind so gestaltet, dass sie nicht mit den bestehenden Buslinien konkurrieren. Ziel ist es vielmehr, Zeiten und Gebiete abzudecken, in denen kein Bus fährt.
"Das ist ein dynamischer Prozess, in dem wir immer wieder Vorschläge aufnehmen", erklärt Koppmann. Die Anregungen kommen von Bürgern, Kreisräten und Gemeinden. Mit dem neuen Fahrplan ab 1. April beginnt die Umsetzung.
Damit werden die angebotenen Einzelfahrten pro Jahr um 17 412 auf 51 639 erhöht. Zudem werden 61 neue Haltestellen zu den 547 bestehenden eingerichtet. Ab Januar 2022 soll das Netz mit zwei neuen Lienen engmaschiger geknüpft werden. Es sind die Strecken Grafenwöhr-Kaltenbrunn-Freihung sowie Irchenrieth-Bechtsrieth-Schirmitz. "Früher geht's nicht", bedauert Koppmann. Denn das Konzept dafür verlangt nach einer europaweiten Neuausschreibung der Linien.
Raus aus dem Landkreis
Zeit für einen Blick auf das bisher Erreichte: Das sind vor allem Verbindungen in die Nachbarlandkreise Tirschenreuth, Amberg-Sulzbach und Schwandorf. Langfristig soll das Baxi in Verkehrsverbünde mit Nürnberg, Regensburg und Weiden integriert werden. Schon jetzt fahren die Anrufbusse über die Kreisgrenzen hinaus auch in Orte, die nicht als Einkaufsparadiese gelten oder große Arbeitgeber beheimaten, etwa Reuth oder Schönsee. Interessant: Aus den Nachbarkreisen, die ebenfalls über Baxis verfügen, zieht es weit weniger Fahrgäste Richtung Neustadt als in die umgekehrte Richtung. Eine rechte Erklärung hat Koppmann nicht dafür: "Unsere Leute sind eben reisefreudiger." Neu ist ferner eine Verbindung von Vorbach und Oberbibrach nach Pressath über den Bahnhof Kemnath-Neustadt per Zuganschluss. Zudem gibt es mehr Fahrten nach Weiherhammer, wo der Zug nach Nürnberg hält. Das war ein Wunsch aus Etzenricht. Ebenso geplant sind Zusatztouren nach Luhe, um per Zug leichter nach Wernberg zu gelangen.
Das Attraktive an den Strecken, die ab 2022 dazu kommen, sind die Anbindung von Schirmitz, Bechtsrieth und Irchenrieth an den Stadtlinienverkehr von Weiden sowie eine direkte Verbindung von Grafenwöhr zum Bahnhof Freihung und damit zum Netz der Verkehrsgemeinschaft Nürnberg (VGN). Daneben hat Windischeschenbach nun einen Baxi-Link über Plößberg nach Tirschenreuth. Die Akzeptanz der Linien sei sehr unterschiedlich. Die Strecke Eslarn-Waidhaus-Georgenberg-Pleystein-Vohenstrauß sei die gefragteste, auf der Route Kohlberg-Luhe-Wildenau-Pirk sei dagegen noch kein Einziger zugestiegen.
Mehr Werbung als bisher
Dennoch seien einige Vorurteile nicht aus der Welt zu kriegen, bedauert Koppmann. Etwa, dass eine Baxi-Buchung ohne Internet nicht möglich sei. Doch Fahrplanhefte lägen an immer mehr Stellen aus, auf Anregung der Freien Wähler bald auch in Banken und Sparkassen. Obendrein gäbe es eine Fahrtwunschzentrale, die Baxi-Fragen für die gesamte Nordoberpfalz beantworte und bei Bedarf Verbindungen heraussuche. Die Konsequenz heißt mehr Werbung. Das forderten Manfred Plößner (Freie Wähler) und Albert Nickl (CSU). Dabei sei jeder Einzelne gefordert. Koppmann gab zu, dass wegen Corona 2020 nicht allzu laut für das Baxi getrommelt wurde. Im April soll sich das ändern.
Unabhängig vom neuen Fahrplan läuft bereits ein Pilotprojekt, um die Buchung attraktiver zu machen. So gibt es in Neustadt/WN und Windischeschenbach zusätzliche Haltestellen an Arztpraxen, Apotheken, Supermärkte, Bäckereien und Metzgereien. Bis 31. März 2022 will das Landratsamt testen, ob dies angenommen wird. Wenn ja, werden Touren zu solchen Orten der Daseinsvorsorge ab 2023 auf den Gesamtlandkreis ausgeweitet. CSU-Sprecher Edgar Knobloch ist zuversichtlich, dass es klappt: "Koppmann und sein Team könnten wahrscheinlich auch ein U-Bahn-Netz für den Kreis ausarbeiten."
Grundlegendes zum Baxi
- Wann? Abschnittsweise montags bis freitags von 7 bis 20 Uhr, samstags, sonntags und feiertags von 8 bis 17 Uhr.
- Wie oft? In der Regel im Zwei-Stunden-Takt.
- Wie läuft die Buchung? Die Fahrtwunschzentrale ist Montag bis Freitag von 7 bis 18.30 Uhr und Samstag von 7 bis 12 Uhr unter Telefon 09602/6379797 erreichbar. Anmeldung bis etwa 60 Minuten vor Fahrtantritt.
- Wie teuer? Der Preis variiert je nach Strecke und Entfernung. Er richtet sich nach dem ÖPNV-Tarifsystem Nordoberpfalz (TON), sprich den Bus- und Bahntarifen. Ein Beispiel: Die Fahrt von Grafenwöhr zum Bahnhof Weiden kostet 6,40 Euro für einen Erwachsenen. Ein Tarifrechner befindet sich auf der Webseite www.ton-tarif.de. Auch die Fahrtwunschzentrale gibt Auskunft.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.