Das E-Carsharing gehen Stadt und der Zweckverband Kommunale Verkehrssicherheit gemeinsam an. "Vom Einstieg in einen neuen Service ohne finanzielle Wagnisse", spricht Bürgermeister Rupert Troppmann. In der Tiefgarage wird ein Elektroauto stehen, das man per Internet buchen kann, mittels Karte aufsperrt und dann losfährt. Abgerechnet wird nach Zeit. "Das Projekt ist ein einmaliger Versuch und es ist gut, wenn wir damit Vorbild für die Region sind", ist das Stadtoberhaupt überzeugt.
Die Idee hinter E-Carsharing ist folgende: Ein Elektroauto wird von den Mitarbeitern des Zweckverbands genutzt. Allerdings nicht in der Form, dass es stets im Einsatz wäre. Deshalb bietet der Zweckverband eine Zusammenarbeit mit den Kommunen an. Sie müssen eine Elektrotankstelle bereitstellen und die Stromkosten übernehmen. Dafür können Mitarbeiter der Gemeinde oder Stadt sowie Bürger das Elektroauto nutzen. Für 3,99 Euro die Stunde. Diesen Preis hat der Zweckverband für ihre Testphase festgelegt. „Ein Draufzahlgeschäft.“ Daraus macht Geschäftsführer Maximilian Köckritz keinen Hehl. „Wir wollen die Bürger an die E-Mobilität heranführen. Wir leisten einen Anschub. Das ist nichts zum Geldverdienen“
Partner ist die E-Wald GmbH aus Teisnach im Bayerischen Wald, die sich zu Deutschlands führenden Anbietern von Elektromobilität im öffentlichen und privaten Raum rechnet. In Zahlen: 1032 Ladepunkte, 104.826 Ladevorgänge, 813,59 MWh geladene Energie und 5119 Carsharingkunden. Entstanden ist die Firma aus einem Projekt der TH Deggendorf zur Mobilität in ländlichen Regionen. Über diesen Partner gibt es darüberhinaus die Möglichkeit das Carsharing-Netz von Flinkstr in ganz Deutschland zu nutzen.
Die Zustimmung im Stadtrat für das Projekt war groß, der Beschluss zur Verwirklichung und dem Bau der Ladestation samt Übernahme der Stromkosten fiel einstimmig. Einzig Hermann Schmid (Freie Wähler) wunderte sich, "warum wir etwas machen, bei dem wir draufzahlen." Von einem Service für die Bürger sprach Joe Arnold (CSU). "Wir können es jetzt ausprobieren und wenn es klappt weiter ausbauen." Rathauschef Troppmann würde sich sogar wünschen, "dass wir ein zweites oder drittes Auto brauchen." Von Seiten des Zweckverbandes geht die Realisierung jetzt schnell. In ein bis zwei Monaten soll das erste Auto da sein. "Wir werden wohl als erstes eine Renault Zoe testen." Die Zeit, bis der Wagen da ist, muss die Stadt nutzen, um die Infrastruktur, sprich die Ladestation in der Tiefgarage zu errichten. Den Service am Auto und die Leasingkosten übernimmt der Zweckverband.
Nach der einmaligen Online-Registrierung, bekommen Interessenten im Rathaus nach der Überprüfung des Führerscheins die Nutzerkarte. Sie kostet einmal sechs Euro, öffnet und verschließt das Auto, das in der vordersten Parkbucht im öffentlichen Bereich der neuen Tiefgarage steht. Gebucht wird das Fahrzeug über den Buchungskalender auf e-wald.eu. Eine Viertelstunde vor und nach der Zeit lässt sich das Auto nun aufsperren. Zur Rückgabe muss das Auto wieder zu dem Standort zurückgebracht werden, von dem es abgeholt wurde. Sogenanntes Free-floating, das heißt Abgabe an beliebiger Stelle, ist derzeit nicht möglich. Abgerechnet wird nach Fahrzeugtyp und Zeit. Bei einem Unfall, Fragen oder Pannen ist eine Hotline ähnlich wie beim klassischen Mietwagen 24-Stunden verfügbar. (ui)
Ein Auto gespart
Neustadt spielt den Vorreiter beim nächsten Schritt des mobilen Menschen. Noch keine 100 Jahre ist es her, dass Kutschen ein normales Verkehrsmittel waren. Mittlerweile haben Auto und Bus mit Verbrennungsmotor Ochs und Pferd als Antrieb ersetzt. Der nächste Schritt ist ein doppelter: Zum einen treibt Strom statt Benzin und Diesel die Blechkarosse an. Zum zweiten steht der Wagen nicht 80 Prozent seiner Zeit auf irgendeinem Parkplatz oder in irgendeiner Garage herum, weil sein Besitzer ihn gerade nicht braucht. Stattdessen teilen sich viele Nutzer das Vehikel, und halten es nach elektronischer Absprache per App in Bewegung.
Für die Stadt, ihre Bewohner und die Umwelt ist das Experiment eine Chance zu zeigen, dass Carsharing auch im ländlichen Raum funktioniert. In der urbanen Welt hält dieser Gedanke schon verstärkt Einzug. Auch bei uns wird künftig nicht mehr jeder Haushalt für jeden Bewohner ein eigenes Auto zur Verfügung haben. Das bedeutet am Anfang sicher ein Umdenken, aber eines, das sich schnell auszahlt, wenn man sich buchstäblich einen eigenen (Zweit- oder Dritt-)Wagen spart.
Uwe Ibl