"Da stimmt etwas ganz gewaltig nicht", sagt Moosbachs Bürgermeister Hermann Ach und bittet um Richtigstellung. "Im ,Genuss-Ort' Moosbach und den dazugehörigen Dörfern gibt es allein fünf Gaststätten, die außer an ihren Ruhetagen von Montag bis Sonntag geöffnet haben [...]. Außerdem gibt es noch zahlreiche weitere Gasthäuser, [...] die an bestimmten Tagen geöffnet haben", schreibt er in einer Stellungnahme an die Redaktion.
Am Wochenende berichtete Oberpfalz-Medien über die Gaststättendichte in der Region, die das Landesamt für Statistik Bayern errechnete. Dieser Aufstellung zufolge sollen in Leuchtenberg, Moosbach, Neustadt am Kulm, Pirk, Trabitz, Vorbach und Bechtsrieth die Gaststätten ausgestorben sein.
Auf Anfrage teilt die Verwaltungsgemeinschaft Tännesberg mit, dass es allein in Leuchtenberg sechs Betriebe gebe, die eine Gaststättenkonzession besitzen. Darunter auch alteingesessene wie der Gasthof Maier. Auch andernorts gibt es Betriebe, die als die klassischen Wirtshäuser gelten (siehe Infokasten unten). Doch auch sie werden in der Statistik des Landesamts nicht mitgezählt.
Auf Spurensuche
Wie also kommt das Landesamt zu diesen Ergebnissen? Zunächst erklärt Susanne Walter vom Statistischen Landesamt, dass die Betriebe, die in der Statistik zu finden sind, allesamt in das "statistische Unternehmensregister" eingepflegt wurden. Dabei handelt es sich um eine Datenbank "mit Betrieben und Unternehmen aus nahezu allen Wirtschaftsbereichen". Diese Datenbank basiere auf Sekundärdaten, sprich, sie bezieht sich auf bereits bestehende Daten aus dem Bereich der Verwaltung: Zum einen greift sie auf die "Umsatzsteuervoranmeldungen der Finanzverwaltungen" und zum anderen auf "Meldungen zu Beschäftigten bei der Bundesagentur für Arbeit" zurück.
Susanne Walter erklärt weiter, dass ein Betrieb in diesem Register in der Statistik nur dann berücksichtigt wird, wenn er gewisse Kriterien erfüllt. Sie spricht von sogenannten "Relevanzschwellen". Demnach zählt eine Gaststätte nur als Gaststätte, wenn "im Laufe des Jahres mindestens ein sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter oder über das Jahr hinweg mindestens 30 geringfügig Beschäftigte gemeldet wurden". Oder aber, wenn "der einzelne Betrieb als Unternehmen einen Jahresumsatz von mindestens 17 500 Euro" gemacht hat.
Das hat Auswirkungen auf alle Sport- und Vereinsheime mit Gaststättenkonzession, weiß ein Sprecher des Landesamts. Sie erfüllten diese Kriterien meist eher nicht. Arbeiten Vereinsmitglieder beispielsweise ehrenamtlich, oder handelt es sich um Familienbetriebe, die lediglich einen Nebenerwerb zur beruflichen Haupttätigkeit darstellen, berücksichtigt die Statistik diese Betriebe nicht: Sie fallen raus dem Datensatz.
Gasthof keine Gaststätte
Für kleine Schank- und Gastwirtschaften mag das die Erklärung liefern, warum sie durch die weiten Maschen der Gaststätten-Definition fallen. Was ist aber mit den großen Gasthöfen, die nicht mitgezählt werden, obwohl sie wohl in allen drei Kategorien die Relevanzschwellen überschreiten? Susanne Walter sagt: "Jedes Unternehmen oder jeder Betrieb in der Datenbank wird nur einem wirtschaftlichen Schwerpunkt zugeordnet. [...] Das bedeutet, wenn ein Betrieb mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, wie ein Hotel mit angeschlossenem Restaurant, dann wird es gemäß der Tätigkeit eingeordnet, die den Schwerpunkt des wirtschaftlichen Handelns ausmacht." Folglich seien für die "Auswertung zur Gaststättendichte" Hotels, Pensionen und Gasthöfe nicht berücksichtigt worden. Dieser Definition dürften allein in der Gemeinde Moosbach etwa das Landhotel "Goldenes Kreuz" sowie die Gasthöfe "Zum Goldenen Löwen", "Zum Roten Ochsen", "Brandstätter", "Zum Weißen Roß" in Moosbach zum Opfer gefallen sein.
"Unschärfe" im Detail
Demnach ist es für die Statistiker irrelevant, ob es eine Gaststätte im Ort gibt oder nicht. Ausschlaggebend ist nur, ob sie die von Statistikern aufgestellten Kriterien für eine "Gaststätte" erfüllt. Walter räumt deshalb ein: Für die kleingliedrige Darstellung, wie auf der Ebene einzelner Orte, eigne sich die Methode, mit der solche Zahlen erhoben würden, nur bedingt. Demnach sei es besser, diese Zahlen nur "auf höherer Aggregationsebene", sprich landkreisweit, zu veröffentlichen, "um jene Unschärfe, welche bei den feingranulareren Auswertungen entsteht, zu vermeiden".
So viele Betriebe im Gaststättengewerbe gibt es laut Landratsamt Neustadt/WN
Das Landratsamt Neustadt/WN bezieht sich auf das Gaststättengesetz und ermittelt daraus die Zahl der Betriebe im Gaststättengewerbe im Landkreis. Die Zahlen unterscheiden sich deutlich von denen des Landesamts – eine Auwahl:
• Moosbach zählt laut Landratsamt 20 Betriebe (Landesamt für Statistik für 2017: 0)
• Pirk: 7 (Landesamt: 0)
• Leuchtenberg: 6 (Landesamt: 0)
• Vorbach: 5 (Landesamt: 0)
• Trabitz: 4 (Landesamt: 0)
• Neustadt am Kulm: 4 (0)
• Bechtsrieth: 2 (0)
Grundsätzlich wird zwischen „Schank-“ und „Speisewirtschaft“ unterschieden. Demnach ist von einem sogenannten „Gaststättengewerbe“ die Rede, wenn „im stehenden Gewerbe Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht“ werden oder „zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht“ werden.
Der Betrieb muss zudem entweder für jedermann oder für einen bestimmten Personenkreis zugänglich sein. Möchte ein Verein alkoholische Getränke ausschenken, dann braucht er ebenfalls eine Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz. Für die Orte, die laut Landesamt für Statistik zu den Gaststätten-Nullnummern gehören, kann das Landratsamt aufgrund seiner „Daten der Lebensmittelüberwachung“ andere Zahlen präsentieren.
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