Es klingt sehr trocken: Die Stadt Neustadt will das bestehende Sanierungsgebiet „Altstadt“ um zwei Bereiche „Freyung und nordöstliche Vorstadt“ erweitern und damit von der Fläche her in etwa versechsfachen. Die Pläne dafür konnten sich Bürger am Dienstag im Foyer des Rathauses ansehen. Was trocken klingt, hat aber direkte Auswirkungen auf die Einwohner der Stadt und ist durchaus spannend. Denn hinter dem bürokratischen Begriff Sanierungsgebiet steckt ein roter Faden dafür, wie die Stadt in den kommenden Jahrzehnten aussehen und angesichts des demografischen Wandels und ökologischer Notwendigkeiten attraktiv bleiben oder werden könnte. Gefragt sind dabei auch Rückmeldungen von Bürgern. Einige hatten bereits im Rahmen des integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) Ideen geäußert.
Der am Dienstag von Bürgermeister Sebastian Dippold sowie den Stadtplanern Ralf Köferl und Peter Kuchenreuther vom Planungsbüro Kuchenreuther aus Marktredwitz vorgestellten Vorschlag für die Sanierungsgebiete und Maßnahmen ist nicht komplett neu. Aber die Pandemie hatte Stadt und Planer zwischenzeitlich ausgebremst.
Wo die Grenzen der zu erweiternden Sanierungsgebiete verlaufen sollen, zeigt ein Rahmenplan. In der Altstadt gebe es fast keine städtebaulichen Missstände mehr, sagte Köferl. Deshalb gelte es nun, das Augenmerk auf die Untere Vorstadt und Freyung sowie das Gebiet rund um die Stadthalle zu legen. Mit mehr Treffpunkten, Außengastronomie und Grünflächen könnten die zentrale Bedeutung und Aufenthaltsqualität in diesen Bereichen gefördert werden, erläuterte Dippold. Auch Barrierefreiheit müsse im Fokus stehen.
Grünzüge, Verkehr, Barrierefreiheit
Welche Missstände in den Erweiterungsgebieten vorliegen, wurde bereits dokumentiert. Dazu gehören beispielsweise Leerstände ebenso wie Baulücken und zu sanierende Objekte. Die Ziele des Rahmenplans sind klar: Grünzüge sollen erhalten oder neu geschaffen werden, der Verkehr soll neu geordnet und Verkehrsteilnehmer dabei möglichst gleichwertig behandelt werden, Barrierefreiheit soll auch wegen des demografischen Wandels deutlicher in den Fokus rücken, ein guter Mix aus Wohnen, Gewerbe und Gastronomie soll die Attraktivität und Wohnqualität der Innenstadt steigern.
Auch die soziale Verträglichkeit von Maßnahmen wurde als Ziel festgelegt. „Keiner soll benachteiligt werden, es soll nichts zum Schaden von Anwohnern umgesetzt werden“, betonte Köferl. Sanierungswillige Privatpersonen, die im Sanierungsgebiet Gebäude besitzen, könnten unter bestimmten Voraussetzungen von Fördermöglichkeiten profitieren. CSU-Stadtrat Josef Arnold, selbst betroffener Anwohner, wollte wissen, ob es denkbar wäre, im Zuge der angedachten Maßnahmen mehrere Gebäude an der Freyung an ein Nahwärmenetz anzuschließen. Köferl und Kuchenreuther hielten das für eine gute Idee, mit möglichen Synergieeffekten für regenerative Energie. Sollten sich 15 bis 20 Bürger finden, die mitmachen würden, könne das für den Energieversorger attraktiv sein. Voraussetzung sei allerdings, dass die Straße wegen der städtebaulichen Maßnahmen ohnehin aufgemacht werden muss. Denkbar seien zudem Bürgersolaranlagen auf Flächen wie Parkhausdächern, anstatt verteilt auf vielen einzelnen Gebäuden.
Schwerpunkt-Maßnahmen
Bei den Maßnahmen haben die Planer bereits jetzt Schwerpunkte ausgemacht und in einem mit der Verwaltung und der Städtebauförderung abgestimmten Plan festgehalten (Auswahl):
- Freyung: Leerstände beseitigen, Beruhigung und barrierefreie Umgestaltung des Verkehrs, mehr Aufenthaltsqualität unter anderem durch Anpflanzungen und Stadtmobiliar, Sanierung von Nebenstraßen, Anbindung an Radwege
- Floß: Renaturierung unter Beachtung des Hochwasserschutzes, um Aufenthalt am Wasser zu ermöglichen
- Fröschaustraße: Sanierung „Alte Lateinschule“, Stadtmobiliar, moderne Beleuchtung, Barrierefreiheit
- Umfeld Stadthalle: Begrünung Parkplatz, neue Rad- und Fußwege, Neubau Fuß- und Radbrücke über die Floß, Sanierung „Glaserer-Häuser“
- Park-and-Ride bei Nachtmann: Baumpflanzungen, Stadtmobiliar und moderne Beleuchtung, barrierefreie Gestaltung, Mobilitätshub (E-Ladestationen und Carsharing)
Das Nachtmann-Areal wurde bewusst aus dem Rahmenplan herausgehalten. „Das wäre ein eigenes Sanierungsgebiet, weil es zu komplex ist“, so Köferl. Auch der Hochwasserschutz werde von der Städtebauförderung nicht getragen, sondern liege in der Zuständigkeit des Wasserwirtschaftsamtes.
Bis die im Rahmenplan vorgeschlagenen Ziele erreicht sein könnten, dürften mindestens 15 bis 20 Jahre vergehen. Entsprechend handle es sich nicht um ein endgültiges, sondern sich stetig entwickelndes Dokument.
Einwendungen bis Mitte Juni möglich
Bürger, die Einwendungen einreichen wollen, sollten sich nun sputen: Laut Dippold können Stellungnahmen noch bis Mitte Juni schriftlich abgegeben werden. Ansprechpartner sei Christian Schell, zuständig für die Stadtentwicklung, Telefonnummer 09602/9434 – 13 oder E-Mail: Cschell[at]neustadt-waldnaab[dot]de. Neben der noch möglichen Bürgerbeteiligung können derzeit auch Träger öffentlicher Belange wie die Regierung der Oberpfalz, das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt Stellung nehmen.
„Man muss dann zu einer Priorisierung kommen“, sagte Stadtplaner Kuchenreuther am Dienstag.
Welche Maßnahmen dann welche Priorität bekommen, müsse noch im Stadtrat diskutiert werden. Im November werde die Stadt dann einen Plan für die nächsten fünf Jahre für die Städtebauförderung einreichen.
Sanierungsgebiet Neustadt/WN
- Was ist ein Sanierungsgebiet? Fest umrissenes Gebiet mit dokumentierten städtebaulichen Stärken und Missständen (zum Beispiel Leerstände, Baulücken, sanierungsbedürftige Gebäude, Verkehrsprobleme), die durch Sanierungsmaßnahmen verbessert oder behoben werden sollen. Die Maßnahmen müssen im öffentlichen Interesse liegen und werden von der Städtebauförderung bezuschusst.
- Was ist die Städtebauförderung? Finanzielle Zuschüsse von Bund und Ländern für die Gemeinden zur Stärkung der Innenstädte und für städtebauliche Maßnahmen.
- Was ist das Sanierungsgebiet Neustadt/WN? Umfasst laut derzeitigem Vorschlag die Gebiete "Altstadt" (fast 36.000 qm), „Freyung" (fast 131.000 qm) und "nordöstliche Vorstadt“ (gut 90.000 qm).
- Nach welchem Verfahren wird saniert? In Neustadt nach dem vereinfachten Verfahren: Maßnahmen haben keine Bodenwertsteigerungen zur Folge, wodurch die Stadt keine Ablösebeiträge für die Sanierung einfordern kann.
- Wo gibt es mehr Infos? Infos und Karten unter www.neustadt-waldnaab.de, Rubrik "Neustadt aktuell", Eintrag "Erweiterung Sanierungsgebiet Freyung und östliche Vorstadt"
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.