Neustadt an der Waldnaab
12.09.2019 - 13:56 Uhr

Scherben bedrohen Solarstrom

Das bayerische Kabinett beschließt am Dienstag, die Solarstromerzeugung zu fördern. Das wollen am gleichen Tag auch die Stadträte in Neustadt. Doch "die Steinzeit verhindert die Zukunft", befürchtet im Gremium nicht nur Joe Arnold.

Diese hallstattzeitliche Scherbe mit Ringrädchenverzierung aus der Zeit zwischen 800 und 450 vor Christus fand Thomas Bäumler im Bereich Breiter Weg, westlich der Autobahn. Der Heimatarchäologe spricht von einem für die Region ungewöhnlichen Fund. Das Landesamt für Denkmalpflege geht von einer Halsscherbe eines Kegelhalsgefäß mit Oberflächengraphit und Rollrädchenverzierung aus und vermutet eine Grabkeramik. Bild: exb/Thomas Bäumler
Diese hallstattzeitliche Scherbe mit Ringrädchenverzierung aus der Zeit zwischen 800 und 450 vor Christus fand Thomas Bäumler im Bereich Breiter Weg, westlich der Autobahn. Der Heimatarchäologe spricht von einem für die Region ungewöhnlichen Fund. Das Landesamt für Denkmalpflege geht von einer Halsscherbe eines Kegelhalsgefäß mit Oberflächengraphit und Rollrädchenverzierung aus und vermutet eine Grabkeramik.

Es sind nicht viele Einwände, die von Behörden sowie Trägern öffentlicher Belange zu den geplanten Bebauungsplänen für Solaranlagen gekommen sind. Die Firma Primus Solar aus Regenburg will auf zwei Arealen, eines zwischen Autobahn und Breitem Weg sowie eines südwestlich von Wöllershof zwischen Eisenbahn und Waldnaab, Pfähle für Solarzellen in den Boden rammen. Unerwarteter Gegenwind für das Ökostromprojekt kommt vom Landesamt für Denkmalpflege.

Die Denkmalschützer mahnen an, dass die betroffenen Gebiete unmittelbar Areale berühren, die als Denkmal ausgewiesen sind oder auf denen Bodendenkmäler vermutet werden. Konsequenz: Entweder anders planen oder umfangreiche archäologische Ausgrabungen.

"Wenn das Zeug 10 000 Jahre im Boden liegt, will mir nicht in den Kopf, warum es jetzt untersucht werden muss", äußerte CSU-Sprecher Arnold seine Verwunderung über die Auflagen der Denkmalpflege. "In der Denkmalliste ist das Gebiet jenseits der Autobahn enthalten, nicht aber das jetzt fragliche."

Landtagsabgeordnete Annette Karl (SPD) forderte den Gesetzgeber auf, das vor Ort anzuwendende Baurecht zu erleichtern. "Es ist schwierig zu verstehen, wenn eine solche Anlage naturverträglich, weil auf Ständern errichtet, gebaut werden soll und es dann Schwierigkeiten bei der Genehmigung gibt - weil die Bestimmungen so sind, wie sie sind."

Einwände gegen das Projekt kamen neben dem Denkmalschutz auch von der unteren Naturschutzbehörde. Weil das betroffene Gebiet im Bereich des sogenannten Landschaftsschutzgebietes Oberpfälzer Hügelland im westlichen Landkreis Neustadt liege, werde dem Bebauungsplan ein rechtliches Verbot erteilt. Ganz in der Nähe in Altenstadt bei Haidmühle sei allerdings ein ähnliches Solarfeld entstanden, argumentiert die Stadt. Teuer könne den Investoren auch ein in doppelter Höhe als ausgewiesen geforderter Regelausgleichsfaktor kommen.

Kein Verständnis hat man im Rathaus außerdem für die Forderung der unteren Baubehörde. Die möchte eine Festsetzung, welche Nutzung das Feld nach Ablauf der Nutzung als Solarpark erfahren soll. "Es besteht kaum die Möglichkeit, einer Privatperson die Nutzung ihres landwirtschaftlichen Grundstücks nach dem Ablauf der Nutzung vorzuschreiben", heißt es in der Sitzungsvorlage für die Stadträte.

Kein Problem hatte das Gremium dagegen, das mit "Wöllershof" bezeichnete Areal wegen der Verwechslungsgefahr umzubenennen in "Naabgwend". Als schnellsten Weg, in dieser Sache voranzukommen, bezeichnete es Bürgermeister Rupert Troppmann, die Einwände an Planverfasser und Bauinteressenten weiterzugeben. "Die haben die nötige Erfahrung, das entsprechende Know-how und Anwälte, wie sie vorgehen." Das gesamt Gremium war sich einig, das Projekt zu unterstützen und alles zu tun, um es voranzubringen.

In der Steinzeit reges LEben:

Der Heimatarchäologe Dr. Thomas Bäumler bestätigte, im Bereich des Breiten Weges Funde gemacht zu haben. Er spricht von prähistorischen Artefakten aus der Mittelsteinzeit um etwa 8000 vor Christus sowie Scherben aus der Zeit der Kelten von etwa 800 bis 50 vor unserer Zeitrechnung. Die Region zähle zu den keltischen Kerngebieten. "In der Steinzeit war hier viel los." Auf die Suche nach den Spuren aus der Vergangenheit macht sich der Altenstädter, wenn frisch geackert wurde und es kräftig regnet. "Es gehört viel Übung dazu, dass einem etwas auffällt." Graben dürfe man nicht.

Bäumler sieht in der Photovoltaikanlage an dieser Stelle kein großes Problem, wenn nur Pfosten in den Boden gestoßen werden und es keine gravierenden Erdbewegungen gibt. "Wenn die Anlage ähnlich der bei Haidmühle wird, dann bleiben die Artefakte drin." Östlich der Autobahn, wo das Solarfeld entstehen solle, sei das überhaupt keine Schwierigkeit. Die Hauptfundstelle befinde sich weiter westlich bis hin zur Straße nach Windischeschenbach. "Interessant wäre zu wissen, wo der Aushub der Autobahn hingekommen ist." Die Fernstraße zieht sich an dieser Stelle in einem tiefen künstlichen Einschnitt empor. (ui)

 
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