Redet der 34-jährige Sebastian Jakob über Bier, geht es nicht allein um Hopfen und Malz, denn schon da gibt es die verschiedensten Sorten, sondern es geht auch um Zitrone, Orange, Grapefruit oder Koriander und selbstverständlich um die richtige Dosis. "Frisches Aroma", "fruchtig", "voller Charakter" sind Worte, die der Diplom-Braumeister gerne in den Mund nimmt, wenn er den Geschmack seiner Biere beschreiben soll. Die Fantasie setzt da keine Grenzen und die Geschichte von Jean Pierre tut ihr Übriges. Sie steht zu lesen auf dem Etikett von "Le chauffeur", so heißt das erste Kreativ-Bier ohne Alkohol aus Sebastian Jakobs Mixküche. Es ist das meistverkaufte unter den Craft-Bieren der kleinen regionalen Brauerei, die sich mit den Neuheiten auch auf Hopfenfahrt nach Amerika oder Australien begibt.
Zwei Tatsachen haben den jungen Mann seinen Worten nach bewogen, ein weiteres "ohne Umdrehungen" auf den Markt zu bringen. "Der Pro-Kopf-Verbrauch an alkoholfreiem Bier ist weiterhin steigend." Und: "Es gibt wenig Alternativen von gutem alkoholfreiem Bier. "The Wit" – das neue – hat aber, so die Beschreibung des Createurs, einen gänzlich anderen Charakter als der "Chauffeur". Ausgehend vom belgischen Wit-Bier, das wie das bayerische Weißbier mit Weizen gebraut wird, werden der Flüssigkeit Orangenschalen und zerriebene Koriandersamen beigemischt. "Es hat ein deutlich orangiges Aroma", verspricht der Brauer.
"Solarbier" brauen
Sein naturtrübes Radler weist dagegen geschmacklich in eine herbere Zitronenrichtung, was unter anderem an dem natürlichen Limettenaroma liegt. Es sei ihm gut gelungen, lächelt er ein wenig Stolz, aber auch verlegen, was er unter anderem an dem großen Interesse ablesen könne. Der Juniorchef des ehemaligen Kommunbrauhauses, das 1762 erstmals erwähnt wurde, hat nach dem Abitur beim Kneitinger in Regensburg das Brauen gelernt. Nach einem Jahr in Argentinien begann er ein Studium in Weihenstephan. Als Diplom-Braumeister stieg er in die Brauerei ein, die sein Vater 1996 übernommen hatte, nachdem sie seit 1923 von zwei Eigentümern geführt worden war. Die Jakobs investierten, zunächst in eine zeitgemäße Brauerei am Ortsrand von Nittenau, aber auch in regenerative Energien. Den größten Teil der verbrauchten Energie liefert eine Photovoltaikanlage. Deshalb dürfen sie sich Solarbrauerei nennen und Solarbier brauen. Der nachhaltig produzierte Strom machte etwa 94 Prozent aus. Jetzt dürfte der Anteil etwas niedriger liegen, schätzt Sebastian Jakob, weil der Bierausstoß höher ist. Seine Craft-Biere hätten sich etabliert, Rückgänge seien nicht zu verspüren, auch wenn "nicht mehr so viel darüber geredet wird". Doch auch bei den traditionellen Sorten zeige die Verbrauchskurve nach oben.
"Der Fokus liegt wieder mehr auf den regionalen Sorten", mutmaßt der Braumeister. Der Werksverkauf an der Wulkersdorfer Straße beispielsweise floriert. Und nicht nur die Italiener – zusammen mit einer italienischen Brauerei hat er die Craft-Bier-Sorte "Amanda" entwickelt – auch die Schweizer trinken Nittenauer Bier.
Brauhaus "goes east"
Und Brauhaus Nittenau "goes east", konkret nach Korea. Seit gut einem Jahr gibt es eine Kooperation mit der Asan-Brauerei in Seoul. Sebastian Jakob lässt ein Ale brauen, ein fruchtiges, weil es die Koreaner nicht so bitter mögen, dann wird es in Seecontainern nach Seoul verschifft und Asan übernimmt den Vertrieb. Der schlanke junge Mann, der ständig im Betrieb unterwegs ist, ist nicht nur beim Brauen eigene Wege, wobei natürlich für die neuen Sorten Versuche gemacht werden. Völlig danebengegangen sei allerdings noch keine Probe. "Danach erfolgt die Feinjustierung, wie etwa die Zugabe anderer Malzsubstanzen oder anderer Hefen." Den eigentlichen Brauvorgang übernimmt ein Computer. Er muss aber die Zutaten, deren Menge und das Brauverfahren genau kennen. Deshalb arbeiten im Brauhaus nur Leute vom Fach. Einer, der noch eingearbeitet wird, ist Abeslam Geberehiwot. Der junge Flüchtling aus Eritrea hat im Brauhaus ein Praktikum gemacht. "Er war fleißig und dann kam er wollte eine Lehre machen." Das war vor ungefähr einem Jahr, Seitdem gehört – so manches Sprachproblem hin oder her – Abeslam Geberehiwot dazu. Sebastian Jakob hat anstelle von Berührungsängsten Weitblick, beim Brauen wie beim Personal.
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