Massenhafte Corona-Fälle haben den öffentlichen Blick auf die Verhältnisse in der Schlachtindustrie gerichtet. Dass es auch anders funktioniert, will Gunther Stangl beweisen. Er hat in Nittenau in ein kleines Schlachthaus investiert. Der Bund Naturschutz (BN) unterstützt diese Initiative. "Regionale Schlachtung ermöglicht kurze Wege beim Tiertransport", sagte BN-Landesvorsitzender Richard Mergner am Mittwoch bei einem Besuch in Nittenau.
"Irgendwann war mir das zu blöd," berichtete Gunther Stangl. Der Garten- und Landschaftsbauer hält Freilandschweine. Um einen Schlachter für seine Tiere zu finden, musste er regelrecht betteln, die Schweine weit herumkutschieren. Ende des vergangenen Jahres begann er deshalb mit den Planungen für ein eigens Schlachthaus. Fünf Schweine pro Woche, so schätzt er, können hier verarbeitet werden. Dazu Wild, dass der Jäger auch unter dem Label "Wildes Regental" anbietet. Auch Geflügel oder Hasen dürfen hier getötet und zerlegt werden. Sogar Pferde, das bietet Stangl aber nur an, wenn eine Notschlachtung nötig wäre. Das Schlachten übernimmt ein Metzger, den Stangl angestellt hat. "Wir warten noch auf den Genehmigungsbescheid", sagte er.
Guter Kontakt mit Behörden
Die Zusammenarbeit mit Landratsamt und Regierung habe gut geklappt. Mitte bis Ende September soll es losgehen. Er hat auch schon Metzger an der Hand, die das hier geschlachtete Fleisch vermarkten wollen. Da sei noch etwas Werbung nötig, sagte Stangl, er will auch Kontakte mit Selbstvermarktern knüpfen. Rund 200000 Euro hat Stangl in das Schlachthaus gesteckt.
"Bei Tönnies werden eine Million Schweine pro Jahr geschlachtet", sagte Mergner. Weite Transporte für die Tiere, schlechte Arbeitsbedingungen für die Menschen: All das müsse nicht sein. Lange Zeit waren Schlachthöfe kommunale Einrichtungen, in den 80er-Jahren seien diese regionalen Strukturen auch auf politischen Druck hin zerstört worden. Die handwerkliche Fleischverarbeitung stehe mittlerweile unter einem enormen Konkurrenzdruck durch die großen Konzerne.
Weil Fleisch und Wurst zum Gutteil verpackt im Supermarkt verkauft werden, sieht Mergner auch "Aldi, Lidl, Netto und Co." in der Pflicht. Eine zentrale Forderung des BN ist die Kennzeichnung von Fleischwaren. "Bei den Eiern hat das gewirkt," sagte Mergner. Beim Fleisch werde der Verbraucher allerdings allein gelassen. "Er wird regelrecht getäuscht", sagte der Landesvorsitzende und nannte die "Nürnberger Bratwurst" als Beispiel: Da sei zwar die Rezeptur hochgradig geschützt - wo das Fleisch herkommt, ist nicht vorgeschrieben.
Der BN fordert die Förderung regionaler Schlachthäuser. "Die Leute fühlen sich wohler, wenn sie wissen, woher ihre Lebensmittel kommen," ist sich Kreisvorsitzender Klaus Pöhler sicher. "Kurze Transportwege bedeuten auch bessere Fleischqualität", sagte Pöhler.
Regionale Strukturen fördern
Constanze Erl-Höning, von Beruf Veterinärin und als Vertreterin der Landesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene und Tierschutz zu Gast in Nittenau, setzt darauf, dass die Behörden als Förderer von Initiativen wie der von Gunther Stangl auftreten. Gemeinsam ließen sich immer Lösungen finden, um die entsprechenden Vorschriften zu erfüllen. "Ich könnte mit jedem Metzger, der das Schlachten aufhört, mitweinen", sagte die Tierärztin, "es geht da ganz viel Tradition und Tierschutz kaputt." Gerade jetzt sei der richtige Zeitpunkt, für diese regionalen Strukturen zu werben und sie weiter auszubauen."Nur noch rund ein Drittel der Metzgereien in Bayern schlachtet selbst," ergänzte Mergner. Deshalb müsse auch Ministerpräsident Söder seinen Worten Taten folgen lassen und sich für eine Förderung kleiner Schlachthäuser und regionaler Strukturen einsetzen.


















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