Heike Unger: Dreckig und kalt: Schön!
Das alte Schwarzweiß-Foto trägt leider kein Datum. Es muss Anfang der 1990er-Jahre entstanden sein, also deutlich vor 2000 – jenem Jahr, in dem der Europäische Gerichtshof Frauen den Weg in alle Bereiche der Bundeswehr öffnete. Ich war vorher schon dort, bei der Panzerpionierkompanie 120 aus der Kümmersbrucker Schweppermannkaserne. Zumindest zwei Tage lang.
Ein ganz besonderer Termin aus meinen Anfangsjahren bei der Amberger Zeitung. Schließlich war ich damals die Henne im Korb, als ich mit den Kümmersbrucker Soldaten in Bodenwöhr auf Übung war. Eingekleidet in Flecktarn (mangels Frauen-Uniform im kleinsten Männer-Panzerkombi), mit Wintermütze und Helm. Aber ohne Gewehr – so weit ging‘s dann doch nicht bei dieser „Ich war zwei Tage Soldatin“-Reportage. Dabei war ich schon innerhalb der ersten Minuten tot. Als Ungediente kannte ich den Befehl „Stellung“ nicht: Meine Kameraden warfen sich sofort zu Boden, ich blieb stehen und hörte „Sie sind tot“ – völlig ohne Deckung wäre ich das im Ernstfall auch gewesen. Aber ich durfte weitermachen. Kalt war‘s, furchtbar matschig. Und schweißtreibend.
Meine männlichen Kameraden gaben mir gerne ihre Klappspaten, weil ich unbedingt selbst ein Loch für die Dackelgarage (Zelt) graben wollte. Und als es ans Helmtarnen ging, zauberte ich mir ein Adventsgesteck auf den Kopf. Lacher aller Soldaten inklusive. Endgültig auf meiner Seite hatte ich sie alle abends, am Lagerfeuer. Als ich dem Spieß (Kompaniefeldwebel) zwei Kästen Bier abgeschwatzt hatte für „meine Männer“, bekam ich spontan drei Heiratsanträge. Den Lesern hab ich das damals, glaube ich, vorenthalten. Angenommen hab ich die Anträge auch nicht. Aber eine gewisse Liebe zur Bundeswehr ist bis heute geblieben nach der Reportage.
Stefan Zaruba: Drehbuch des Lebens
Von Anfang an hat mich begeistert, welche interessanten Menschen ich durch diesen Beruf treffe. Nur hätte ich nie gedacht, wie weit das gehen sollte. Vor 25 Jahren besuchten mein lieber Kollege Frank Stüdemann und ich eine Abendvorstellung von „Schindlers Liste.“ Das Weidener „Ring“-Kino war ziemlich voll an dem Abend; die Besucher drängten sich in der Eingangshalle. Und ich tat, was ich schon immer gut konnte: Ich stand im Weg. Hinter mir steckten in einem Halter die Flyer mit kommenden Filmen. Und eine junge Frau bat mich mit einem so überzeugenden wie unvergesslichen Lächeln, doch beiseitezutreten. Das tat ich freilich, aber nur, um nach dem Film entschlossen zurückzukommen. Frank und ich hielten für einen Artikel nach Besuchern Ausschau, die uns ihre Eindrücke schildern sollten. Dass die Wahl auch auf meine neue Bekanntschaft fiel, war kein Zufall. Der Film hatte sie sichtlich mitgenommen. Vor allem aber war Esma, so ihr Name, mir während der Vorstellung nicht aus dem Kopf gegangen. Irgendwie fiel dann das Wort „Kaffee“, und es war vorbei mit der journalistischen Distanz.
25 Jahre später ist das „Ring“ geschlossen. Die Filmwelt erinnert zum Jubiläum an Steven Spielbergs Meisterwerk, das zum Film meines, unseres Lebens wurde. Wir haben das Plakat von damals daheim. Nächstes Jahr wäre eine gute Gelegenheit, es würdig rahmen zu lassen. Dann ist Silberhochzeit.
Wolfgang Würth: Ein Skandal
Für meine Reportagen schwamm ich mit Seelöwen oder ging ins Kloster. Der Höhepunkt im meinem Journalistenleben war jedoch ein anderer: Als anonyme Anrufe beim Neuen Tag eingingen, die sich über ein „skandalöses Bild“ im Pfarrbrief beschwerten. Eine phallusartige Abbildung erregte die Gemüter. Ein Pfarreimitglied klärte jedoch auf: „Das ist ein mit Asche bedeckter Daumen.“ In der Redaktion haben wir uns geeinigt: Was das Bild wirklich darstellt, ist eine Glaubensfrage.
Zum Artikel "Spielraum für die Fantasie"
Anne Sophie Vogl: Senior als Vorbild
Für eine Senioren-Vorbilder-Serie bei der Amberger Zeitung besuchte ich einen 90-Jährigen, der mir besonders im Gedächtnis geblieben ist. Vor dem Termin war ich etwas nervös. Wird der Herr verstehen, was ich von ihm wissen will? Im Seniorenheim kam Manfred Strunz mir und dem Fotografen schon im Flur entgegen. „Jetzt habe ich Sie gar nicht gesehen. Ich hab am Fenster auf Sie gewartet“, sagte er. Der sympathische 90-Jährige lud uns in sein Appartement ein. An den Wänden hingen Fotos – er ist leidenschaftlicher Fotograf. Es gab Kaffee, Kuchen und Kekse – und jede Menge zu lachen. Manfred Strunz spielt am liebsten auf seiner Konsole Billard – mit einem elektronischen Queue natürlich.
Fast nebenbei erzählt er, dass er bei der Senioren-Olympiade in Atlanta mehrere Goldmedaillen gewonnen hat. Ich bin begeistert von dem Mann. Vor allem dann, als er von seiner verstorbenen Frau erzählt. Ihm ging es dreckig, er ist täglich nur zum Friedhof gefahren, hatte keine Hobbys, kein Leben. Dann zog er ins Heim um und sein Alltag veränderte sich. „Ich fühl mich nicht allein. Ich fühl mich wohl und warte, was noch kommt.“ Dieser Satz hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Danke, Mane.
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