Es ist die Hochphase der vierten Coronawelle, die Zeit der hitzig geführten Impfpflicht-Debatte, als sich auch auf dem Schwandorfer Marktplatz über 1000 Impfgegner und Coronaleugner hinter den AfD-Politikern Reinhard Mixl und Klaus Schuhmacher versammeln. Im Netz tobt der Meinungskrieg. Er wird um einige Stufen härter ausgetragen als in der analogen Welt. In dieser Zeit im Herbst 2021 geht einem 42-Jährigen aus dem östlichen Landkreis Schwandorf der Gaul durch.
Er sei als "zahnloser Ungeimpfter" herabgewürdigt und mit dem Kriegsverbrecher Putin in einen Topf geworfen worden. Diese Beleidigungen gingen ihm gewaltig gegen den Strich respektive die Ehre. Damit rechtfertigt er vor der Schwandorfer Amtsrichterin Silvia Schatz seine Reaktion, die ihn am Donnerstag auf die Anklagebank gebracht hat.
14 Minuten Frust abgelassen
Auf einem Parkplatz im Oberviechtacher Raum dreht er ein Video und stellt es sofort ins Netz. Über 14 Minuten lang redet er sich seinen Frust, seine Wut von der Seele und sich fast um seine Freiheit. In der Wortwahl ist auch er nicht zimperlich, sein Ziel Ministerpräsident Markus Söder. Neben diversen Beleidigungen gipfelt die Tirade des nun Angeklagten in dem Satz "Weißt du was, du gehörst an die Wand gestellt, mein Freund. Du gehörst eingesperrt."
Längere Zeit abrufbar
In der Polizeiinspektion Oberviechtach wird ein Beamter auf das Youtube-Video aufmerksam und schaltet am 8. Dezember die Kripo in Amberg ein. Auf einer Body-Cam ist das Video gesichert. Der ermittelnde Beamte, der am Donnerstag als Zeuge aussagt, sichert es ein weiteres Mal. "Weil ich nicht wusste, wie lange es noch online sein wird." Zumindest bis Ende Januar sei es noch abrufbar gewesen. "Heute habe ich es nicht mehr gefunden."
Auch wenn in der strafrechtlich relevanten Passage, als Billigung einer Straftat geahndet, der Name Markus Söder nicht gefallen sei, sei durch die vorangegangenen Beleidigungen eindeutig klar, wer gemeint sei: Ministerpräsident Markus Söder. Dieser habe, so der Zeuge, auf eine Anzeige wegen der Beleidigungen verzichtet.
"Bitte aufpassen"
Der Angeklagte entschuldigt sich im Gerichtssaal für seine Äußerungen, die er aus dem Affekt heraus gemacht habe. Er kommt aber wieder auf den Anlass zurück. "Wenn man an den Pranger gestellt wird, gerät man in Wut". Und das alles "bloß, weil ich mich nicht impfen lasse". Amtsrichterin Silvia Schatz lässt diese "Form der Rechtfertigung" nicht gelten. "Deshalb macht man so etwas nicht", sagt sie in der Urteilsbegründung. Sie spricht deutliche Worte in Richtung des 42-Jährigen. "An Ihrer Stelle bitte aufpassen, sonst landen sie irgendwann wirklich im Gefängnis." Das ist ihm dieses Mal erspart geblieben. Wie bereits im Strafbefehl, gegen den er Einspruch eingelegt hatte, werden fünf Monate Freiheitsstrafe wegen Billigung einer Straftat verhängt. Wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, werden diese zur Bewährung auf drei Jahre ausgesetzt. Es ist aber nicht das erste Mal, dass er für Äußerungen im Netz die strafrechtliche Quittung bekommt - vor ein paar Jahren wegen übler Nachrede. "Aufpassen, was Sie da sagen", legt ihm die Amtsrichterin erneut ans Herz.
Belohnung und Billigung von Straftaten
- Geregelt sind diese Straftaten in Paragraf 140 Strafgesetzbuch.
- Die Belohnung einer begangenen oder versuchten Straftat kann auch ideeller Art sein.
- Für die Billigung muss eine hinreichende Öffentlichkeit und eine tatsächliche oder voraussichtliche Störung des öffentlichen Friedens gegeben sein. Seit April 2021 ist die Billigung noch nicht begangener Taten strafbar.
- Beide Tatbestände sind mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht.
- In der Diskussion steht derzeit das russische Z-Symbol als Sympathiebeweis für den Angriffskrieg in der Ukraine. Das Bundesinnenministerium hat dazu am 28. März getwittert: „Wer diesen Angriffskrieg öffentlich billigt, kann sich strafbar machen. Das gelte auch für das Zeigen des Z-Symbols.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.