Permanente Beleidigungen im Netz bringen 43-Jährigen ins Gefängnis

Oberviechtach
19.09.2023 - 15:59 Uhr
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Der Mann ist im Internet aktiv: Mit Beleidigungen. Jetzt ist er vom Netz. Der 43-Jährige aus dem östlichen Landkreis Schwandorf muss längere Zeit im Gefängnis zubringen und hört im Amtsgericht: "Es ist Wahnsinn, wie unbelehrbar Sie sind!"

Wegen Beleidigungen im Netz muss ein 43-Jähriger nun ein Jahr ins Gefängnis.

Bisher hatte der 43-Jährige immer selbst zusehen müssen, wie er zu Verhandlungen nach Schwandorf kam. Diesmal gab es einen "Fahrdienst" für ihn: Polizeibeamte brachten den Frührentner aus einer oberpfälzischen Justizvollzugsanstalt ins Gerichtsgebäude nach Schwandorf. Bis Oktober soll er, wie man hörte, im Gefängnis sitzen. Doch der Aufenthalt wird wohl länger werden.

Noch bevor der Prozess richtig begann, seufzte Amtsrichterin Silvia Schatz: "Es ist qualvoll mit Ihnen. Wann hören Sie endlich auf mit Beleidigungen, Drohungen, Anfeindungen?" Diesen Worten ließ sich entnehmen, dass da einer saß, der seine Computerausstattung permanent als Werkzeug für Straftaten benutzt. Um es vorwegzunehmen: Die bei einer Polizeiaktion sichergestellten elektronischen Gerätschaften des 43-Jährigen werden nicht mehr an ihn zurückgegeben. Sie wurden eingezogen. "Er soll aber schon wieder neue haben", mutmaßte ein Polizist.

Videos über Youtube

Was sich seit mehreren Jahren in einem Ort im östlichen Landkreis abspielt, ist in solcher Form weit und breit einmalig. Der Frührentner sitzt offenbar rund um die Uhr am PC, verschickt über einen Youtube-Kanal Videos und beleidigt andere. Das hat in der Vergangenheit immer wieder zu harschen Reaktionen aus seinem "Publikum" geführt. Mit der Folge: Der Aggressor wurde seinerseits zur Zielscheibe von mitunter höchst seltsamen Attacken. Eine davon, weil seinerzeit von anonymer Hand als "Veranstaltungsankündigung" im Haus des 43-Jährigen deklariert, führte zu einem Großeinsatz der Polizei. Sie befürchtete Zuspitzungen massivster Art.

In dem jetzt zur Debatte stehenden Fall musste ein Oberviechtacher Polizist aussagen. Der Mann, so stellte sich heraus, hat einen schwierigen Job. Wie er berichtete, galt in der Vergangenheit ein Großteil seiner Arbeitszeit dem Auftrag, im Fall des 43-Jährigen zu ermitteln. Die Richterin erfuhr von ihm: "Die Lage hat sich permanent gesteigert. Wir hatten Angst, dass alles eskaliert."

Massive Beleidigungen

Worum ging es diesmal? Im Sommer letzten Jahres hatte sich der Angeklagte auf einen 36-Jährigen konzentriert und ihn zum Mittelpunkt seines im Youtube-Kanal vorgeführten Eiferns und Geiferns gemacht. Es gab verbale Entgleisungen wie "Du streitlustige Wildsau", "Ich brech' dir das Genick" und "hochkrimineller Verbrecher".

Das alles, so vernahm Richterin Schatz von dem nahezu permanent über Youtube belästigten und genervten Mann, habe sich über den anfangs harmlosen Kontakt bei einem Kleinanzeigenportal im Internet entwickelt. "Plötzlich ging er verbal auf mich los", machte der 36-Jährige deutlich und beklagte: "Der Mann hat ab dann nicht mehr von mir abgelassen." Erst neuerdings, sei "Gott sei Dank Ruhe".

Der attackierte Handwerker aus dem östlichen Kreis Schwandorf (O-Ton zur Richterin: "Meine genaue Adresse sage ich wegen des Angeklagten nicht") schritt per Youtube zur Gegenwehr. "Wie haben Sie das gemacht?", wollte Staatsanwalt Gregor Lesniczak wissen. Die Antwort: "Ich habe ihn satirisch kommentiert." Mit Samthandschuhen soll der Angeklagte dabei allerdings nicht angefasst worden ein. Aus ihm brach es in Richtung Richtertisch heraus: "Ich war doch das Opfer!"

Auch Söder beleidigt

Eine tief sitzende Verdrossenheit über den 43-Jährigen und seine hartnäckige Art, die Behörden permanent zu beschäftigen, machte sich vom Anfang bis zum Ende der Verhandlung breit. "Ich verzichte auf weitere Belehrungen an Ihre Adresse", lautete die barsche Botschaft der Richterin an den Angeklagten, der parallel dazu von Silvia Schatz erfuhr, dass er nun ein ganzes Jahr eingesperrt werden wird. Das entsprach dem Antrag des Staatsanwalts. Ins Urteil wurde eine mehrmonatige Bewährungsstrafe einbezogen, die der 43-Jährige erhalten hatte, weil er den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder beleidigt hatte.

"Ein halbes Jahr würde auch ausreichen", hatte Verteidiger Jonathan Mirus (Regensburg) in seinem Plädoyer gesagt. Dabei stützte er sich "auf das lückenlose Geständnis" des Angeklagten. Doch dieses Geständnis war nicht hilfreich für ihn. "Bewährung gibt es hier nicht mehr", lautete die richterliche Auffassung.

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Oberviechtach20.05.2022
 
 

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