Die grüne Mappe mit dem Aufdruck "Kindergarten Freibad" ist mächtig angewachsen: Seit September beschäftigt den SPD-Kreisrat und ehemaligen Oberviechtacher Stadtrat Josef Biebl das Thema "Neubau einer Kindertageseinrichtung". Beim Pressegespräch informiert er über den Start des Bürgerbegehrens. Rückblick: Sein Antrag an den Stadtrat, "dieser möge die Entscheidung, die neu zu errichtende Kindertagesstätte im Gewerbegebiet am Bahnhof zu bauen, neu überdenken und revidieren", hatte keinen Erfolg. Der von Biebl eingebrachte Alternativ-Standort am Freibad im Wiesengrund wurde zwar auf der Bürgerversammlung im November von vielen begrüßt, änderte aber nichts am Stadtratsbeschluss.
Formfehler vermeiden
Der Gymnasiumlehrer in Vorruhestand will sich damit nicht abfinden. Denn als ein Instrument der direkten Demokratie kann ein Bürgerentscheid (geplant am 26. Mai) einen Stadtratsbeschluss ersetzen. Vorher muss das Bürgerbegehren zugelassen werden. Dafür sind mindestens 400 Unterschriften (zehn Prozent der Wahlberechtigten) notwendig. "Das ist zu schaffen", gibt sich Josef Biebl zuversichtlich. Er hat sich in die Materie eingearbeitet. Denn ein Formfehler könnte die gesamte Aktion kippen lassen. Die Listen hat er deshalb dem Verein "Mehr Demokratie in Bayern" vorgelegt. Von dort gab es Rückenwind: "Die Aktion startet genau im richtigen Moment, da noch keine großen Kosten aufgelaufen sind." Gefordert für das Bürgerbegehren sind die Namen von drei Vertretern (Josef Biebl, Lorenz Reil, Agnes Weigl) und deren Stellvertreter (Willi Pirzer, Carola Wittek, Eugen Fröhler). "Der Datenschutz bei den Listen ist gewährleistet, da diese nur die Sammler und die Stadtverwaltung in die Hand bekommen", betont der Initiator.
Frage und Begründung
Der genaue Wortlaut auf jedem Listenkopf lautet: "Mit meiner Unterschrift beantrage ich gemäß Art. 18a der Bayerischen Gemeindeordnung die Durchführung eines Bürgerentscheids zu folgender Frage: ,Sind Sie dafür, dass die in Oberviechtach neu zu errichtende Kindertagesstätte auf dem Gelände des städtischen Freibads gebaut wird?'" Notwendig ist eine Begründung: "Der Standort Freibad ist umgeben von Freiraum, Wiesen und teilweise naturbelassenen Flächen und ermöglicht den Bau eines eingeschossigen naturnahen Kindergartens. In den circa acht Monaten des Jahres ohne Badebetrieb können zusätzliche Flächen als Spiel- und Erlebnisraum genutzt werden. Das Freibadgelände ist im Besitz der Stadt und spart damit Grunderwerbskosten. Zukünftig nötige Erweiterungen und Umgestaltungen können problemlos und kostengünstig realisiert werden."
Für seine Aktion habe er viel Rückenwind erfahren, berichtet der Kommunalpolitiker. Und dies auch nach der Ankündigung der GsbW, die Hallen am ehemaligen Raiffeisengelände abzureißen und die Grünfläche pro Kind von 10 auf 15 Quadratmeter zu erhöhen. "Fünf Quadratmeter mehr Rasen pro Kind sind noch lange keine Natur", kritisiert Josef Biebl. Die rund 20 parteilich ausgewogenen Helfer sammeln ab 14. Januar nicht nur Unterschriften. Sie wollen auch diskutieren und informieren. "Auch darüber, dass es andere Anforderungen an den Standort gibt, als wie wenn man einen Bauhof hinstellt", so Biebl. Er habe sich über Kindergärten der Zukunft informiert, und über geforderte "vernünftige Außenanlagen", die auf Naturerfahrung und Bewegung im Freien setzen. "Das ist am Bahnhof nicht möglich, wo die Kita in einem Gewerbegebiet zwischen Parkplätzen, Gebäuden und Straßen eingekastelt ist." Die Argumente vieler seiner ehemaligen Stadtratskollegen könne er nicht nachvollziehen: "Man bekommt das Gefühl, es liegen nicht alle Karten am Tisch und man scheut die Diskussion mit den Bürgern."
Bürgerbegehren (Schritt 1)
Unterschriftensammlung vom 14. Januar bis circa Ende Februar. Danach prüft die Stadt die Unterschriften. Im März liegt das Bürgerbegehren im Stadtrat vor, der über die Zulässigkeit zu entscheiden hat. Wenn alles passt, kann es nicht abgelehnt werden (400 Unterschriften reichen aus). Ab diesem Zeitpunkt darf die Stadt nichts mehr in der Angelegenheit (Neubau des Kindergartens) unternehmen. Ein Bürgerentscheid kommt allerdings nicht zustande, wenn der Stadtrat die im Bürgerbegehren verlangte Maßnahme selbst beschließt.
Bürgerentscheid (Schritt 2)
Am Sonntag, 26. Mai, im Zuge der Europawahl. Die Abstimmungsfrage ist in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde. Diese Mehrheit muss mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten betragen. Der Bürgerbescheid steht einem Beschluss des Stadtrates gleich. Das bedeutet, dass die Verwaltung daran gebunden ist.
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