Kurz zuvor hatte der neue bayerische Wirtschaftsminister in seiner ersten Planvorstellung davon gesprochen, die Energiewende wiederzubeleben und wenn möglich die HGÜ-Stromtrassen (Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung) überflüssig zu machen. Nun soll er zu einem Gesprächstermin in den Landkreis geladen werden.
Josef Langgärtner, Sprecher der BI, begrüßte zahlreiche Bürger, darunter Kreis- und Stadträte sowie Grundstückseigentümer entlang des geplanten Ersatzneubaus „Ostbayernring“. Aktueller Anlass der Einladung war die Frage nach Einwendungs- und Klagemöglichkeiten zur Auslegung der Planfeststellungsunterlagen Ostbayernring Abschnitt Etzenricht-Schwandorf durch die Regierung der Oberpfalz zum Projekt der Firma Tennet. In diesem Zusammenhang wurden auch die Leitungsabschnitte für den Weidener und Altenstädter Raum betrachtet.
Gleich zu Beginn nannte Hilde Lindner-Hausner, Mitglied der „Aarhus Konvention Initiative“, gewichtige Gründe, warum das Verfahren sofort gestoppt werden müsse: Nach einem Telefonat am Vormittag mit der Regierung der Oberpfalz sei ihr deutlich klar geworden, dass dieses Verfahren von der Planung an und jetzt beim Planfeststellungsverfahren wieder ganz konkret gravierend das Völkerrecht verletze, indem es Regelungen enthalte, Einwendungsmöglichkeiten auszuschließen und es verwehre, den Bürgern frühzeitige Beteiligung und Zugang zu den Gerichten zu gewähren. Daher fordere sie Aiwanger auf, eine korrekte Rechtslage herzustellen und zu seinen Wahlversprechungen zu stehen: „Für Energiewende statt Trassenwahn“. Seine Ausrede beim Koalitionsvertrag, Stromtrassen seien Bundessache, zähle nicht, da sie Bestandteile der Landes- und Raumordnungspläne seien. Seit Beginn der Stromtrassenprojekte 2014 vor Ort sei der wichtigste Ablehnungsgrund die fehlende Planung und fehlerhafte Bedarfsermittlung.
Langgärtner erinnerte an den Stopp mehrerer Projekte durch Gerichte in den vergangenen Wochen, darunter der Rodung des Hambacher Forstes. Aiwanger und Glauber hätten es als Minister in der Hand, mit einem Stopp des Ostbayernrings ein Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden. Er befürwortete die eingebrachte Anregung, eine Resolution zu verfassen und Minister Aiwanger zu überbringen, und bot sich an, dies in die Hand zu nehmen. Spontan wurde handschriftlich ein Text formuliert, den viele Anwesende unterzeichneten, die zugleich Langgärtner beauftragten, weitere Erläuterungen dazu einzureichen.
Zum Projekt selbst folgte ein reger Erfahrungsaustausch. Langgärtner zeigte verschiedene Karten zum Trassenverlauf, auch bei Parkstein, und besonders relevante Seiten aus den zwölf Ordner fassenden Auslegungsunterlagen, welche auch online auf der Webseite der Regierung eingesehen werden können. Er stellte das Ausmaß geplanter Masten mit Höhen von 50 bis 70 Meter und einer Breite von 25 bis 30 Meter vor. An weiteren Themen wurden erörtert, wie man als Grundstückseigentümer betroffen sei, was an Natur zerstört werde und wie die künftige Energieversorgung aussehen solle.
Durch den Ostbayernring würde im Sauerbachtal mit einer breiten Schneise mitten durch den Wald ein Naherholungsgebiet geopfert. Im Manteler Forst ist parallel zur bestehenden Trasse eine komplett neue geplant, die auf 2,5 Kilometer Länge ein EU-Vogelschutzgebiet quert. Hierzu erstellte eine Privatfirma im Auftrag von Tennet ein Gutachten. Danach können bau-, anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen vermieden oder gering gehalten werden, unter anderem durch kleinräumige Verschiebung der Maststandorte, und es seien keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Das Vorhaben sei als verträglich im Sinne der FFH-Richtlinie einzustufen. Die Höhere Naturschutzbehörde machte hierzu die Aussage, auf betroffenen Flächen des europäischen Schutzsystems „Natura-2000“ Verträglichkeitsprüfungen durchzuführen und etwaige negative Auswirkungen zu minimieren. Ein Teilnehmer erklärte, dass durch das Zerschneiden von Privatwäldern diese wohl die nächsten Stürme nicht mehr überstehen würden; ein anderer sah schwere gesundheitliche Auswirkungen bei Überlandleitungen mit großer Übertragungskapazität durch Wolken ionisierter Teilchen. Zudem, so ein weiterer Einwurf, könnte das Einzelvorhaben „Ostbayernring“ bei Problemen mit der Süd-Ost-Trasse zusätzlich als Ersatzleitung verwendet werden.
Beim bereits im Abschnitt Schwandorf-Etzenricht begonnenen Planfeststellungsverfahren zum Ostbayernring können noch bis an diesem Mittwoch die Unterlagen in den Kommunen eingesehen werden. Bis zum 28. Dezember ist es möglich, Einwendungen von Bürgern, deren Belange durch das Vorhaben berührt werden, bei den Kommunen einzureichen oder zur Niederschrift zu geben oder direkt an die Regierung einzusenden. Mit dem Appell, dass jeder Bürger so viele Einwendungen wie möglich schreiben und persönlich aufsetzen und eine Sammelklage mit anwältlicher Hilfe ins Auge gefasst werden sollte, schloss die Versammlung, die bei Bedarf vor Ablauf der Frist für Einwände nochmals einberufen wird.
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