Mit Capri-Sonne auf zu den Fischern

Parkstein
04.02.2020 - 11:11 Uhr

„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael“ hatte Nina Hagen in den 1970er Jahren gesungen. Dieses Kultlied ist Titel einer Nonstop-Reiserevue der Sängerin Alexandra Völkl.

von fsb
Badeurlaub in Italien: Alexandra Völkl zieht immer zu den Liedern passende Utensilien aus ihren großen Chanson-Reisekoffer.

Mit ihr, die von Kopf bis Fuß auf Chanson eingestellt ist, und ihrem Pianisten Budde Thiem begrüßte Siegfried Kratzer vom Evangelischen Bildungswerk Oberpfalz im vollbesetzten Steinstadl „zwei musikalische Perlen“. Bei Völkl war aber nicht Micha der vergessliche Freund, sondern Theodor, mit dem sie gleich zu verschiedenen Zeiten in die weite Welt reiste. Und, dass er den Farbfilm vergessen hatte, war eigentlich ganz gut, denn das Publikum konnte sich statt auf das Anschauen voll auf das Zuhören konzentrieren.

Prominente Mitreisende waren Komponisten wie Friedrich Hollaender, Georg Kreisler und Gerhard Winkler, Sänger wie Hildegard Knef, Vicky Leandros, Mireille Mathieu, Caterina Valente, Karel Gott und Udo Jürgens sowie Schriftsteller wie Theodor Fontane, Johann Nestroy, Joachim Ringelnatz oder Kurt Tucholsky.

Sie alle trugen mit Melodien von den Goldenen Zwanzigern bis in die 1970er Jahre und mit Gedichten und Schilderungen zu einer bunten Mischung des Chanson-Kabarett-Abends bei. Bunt war auch das geblümte Sommerkleid der Interpretin, die immer wieder mit ein paar Utensilien aus ihrem riesigen, alten Koffer die unterschiedlichen Darbietungen untermalte, sei es mit einer Kapitänsmütze, mit Heinos dunkler Sonnenbrille, mit Schwimmflügeln an den Armen oder mit Wanderhut und Gurttasche.

Die gebürtige Ambergerin Völkl erwies sich als grandiose Sängerin mit ausdrucksvoller, klarer Stimme, die ihre öfters neu formulierten Songs individuell interpretierte, als energiegeladene, talentierte Schauspielerin, mal liebevoll schmachtend, mal kokett, verschmitzt, sinnlich oder herausfordernd, und als beeindruckend frei vortragende Rezitatorin gehaltvoller Textvorlagen. Ihr zur Seite stand der fränkische Komponist, Arrangeur und Musikpädagoge Thiem, ein versierter Jazzpianist, der die Melodien vorgab oder sie wirkungsvoll verzierte und deren Rhythmus, zuweilen durch ein Hi-Hat unterstützt, bestimmte.

Mit ihrer Liedern und Wortbeiträgen erzählte die Chansonette eine Fülle von Reisegeschichten. Weil es sie „nach Lüften dürstet“ und sie „am Montag mal Sonntag haben möchte“, sucht sie im Diercke-Atlas blind ein Reiseziel aus und fährt mit dem „Theo nach Lodz“, um festzustellen, er wäre „besser in Düsseldorf geblieben“. Beim „Bundesbahn-Blues“ ist ihr Boyfriend – „So wos bläids owa aa!“ – in den falschen Zug gestiegen. Was alles in ihren Koffer gehört, beschreibt sie mit einer zungenbrecherischen Wortschlange und landet dann doch im „Itsy-Bitsy-Teenie-Weenie-Honolulu-Strandbikini“ in ihrer Badewanne, in der sie Kapitän sein darf.

Sie verweilt zunächst im Land, wo die Geranien blühen und die Grillkohlen glühen: in Balkonien. Aber da bleibt ihr oft nur die Flucht ins Zimmer, denn „irgendein Depp mäht irgendwo immer“. Deshalb fährt sie nach eher ungewöhnlichen Reisetipps „einmal um die ganze Welt“, lässt sich für die Fidschi-Inseln „ihren Körper schwarz bepinseln“, blickt hinter die „Kulissen von Paris“ und bezeichnet mit wiehernder Stimme im Wiener Schmäh Österreichs Hauptstadt als „(Kaiser-) Schmarrn“. Wohin dann reisen? „Froh schlägt das Herz im Reisekittel, vorausgesetzt, du hast die Mittel.“ Thiem spielt „La Montanara“ an, Völkl lässt eine Spielzeugdose mähen, „erklimmt schwindelnde Höhen, fragt sich, was der „Mayer am Himalaya“ macht, und lädt ein „Komm ein bisschen mit nach Italien“, doch „in Riccione ist es wie überall“.

Sie war „noch niemals in New York“, aber vielleicht muss sie das gar nicht, denn in einer bestimmten Stadt „kennt sie sich aus, war sie mal zu Haus'“. Die große, weite Welt, deren Erdteile sie wie ihren Garten kennengelernt hat, kann direkt vor der Haustür beginnen. Zum Schluss durfte das begeisterte Publikum die „Capri-Fischer“ besingen, von Völkl pantomimisch und mit einem Päckchen „Capri-Sonne“ angeleitet, und sie erzählte die traurige Lebensgeschichte einer erkälteten Pariser Varieté-Tänzerin, die sich wie eine Zwiebel aus ihren Häuten schälen muss und für die Männer nicht mehr interessant genug ist, weil die für Geld schon alles an ihr gesehen haben.

„Capri-Fischer“-Anweisungen für das Publikum
Der Kapitän in der Badewanne, Alexandra Völkl.
Was macht der Mayer am Himalaya?, fragt die Interpretin.
Auf den Fidschi-Inseln mit Alexandra Völkl.
Alexandra Völkl und Budde Thiem haben gut lachen nach dem begeisterten Applaus des Publikums und drei Zugaben.
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