Sportvereine liebäugeln mit Hula-Hoop

Pfreimd
13.09.2022 - 12:19 Uhr
OnetzPlus

Ein Kinderspielzeug mausert sich zum Fitnessgerät: Im Internet hat der Hula-Hoop-Reifen seinen Siegeszug längst angetreten. Bei den Sportvereinen im Landkreis Schwandorf ist er noch nicht angekommen – doch das könnte sich bald ändern.

Der Gesundheitskanal einer gesetzlichen Krankenkasse rührt schon kräftig die Werbetrommel für Hula-Hoop. Dabei ist der Trendsport keineswegs neu, sondern hatte bereits in den 1950er Jahren von den USA aus in Europa seine Fans gefunden. Hula, das steht für Tanz und kommt aus Hawaii, Hoop ist englisch und bedeutet übersetzt Reifen. Dass Hula-Hoop nun in den 2020er Jahren erneut sehr präsent ist, hängt wohl auch mit Corona zusammen. "Hullern" lässt sich bequem im eigenen Wohnzimmer, Anleitungen dazu gibt es in Hülle und Fülle über die sozialen Medien. Nur mit dem Sprung in die Turnhallen tut sich der Kunststoffreifen aktuell im Landkreis Schwandorf noch etwas schwer, und dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

"Das konnte ich noch nie", erinnern sich viele an ihre Kindheit zurück - und hatten dabei nur den falschen Reifen. "Mit den Uralt-Dingern aus Plastik ist das nichts", weiß Kerstin Mauderer, Übungsleiterin beim FC Schwarzenfeld. Die habe man in der Schulturnhalle zwar noch auf Lager, aber die seien doch eher etwas für Kinder. Noch sei der Trend nicht so ganz bis in die Vereine durchgedrungen, meint die Spartenleiterin für Turnen. "Das ist so ein Frauen-Ding", stellt sie klar und könnte sich so ein Angebot recht gut für 18- bis 40-Jährige vorstellen.

Schleppender Neustart

Allerdings laufe mit den Kursen aufgrund der Pandemie generell "alles noch etwas schleppend". Alle 15 Minuten Lüftungspause, ein hoher Verwaltungsaufwand und die Unsicherheit, wie es bei der nächsten Welle weitergeht: Das alles bremst den Elan, jetzt auch noch etwas Neues auszuprobieren. "Es sind noch nicht alle Leute wieder zurück, die vor Corona da waren," lautet die Bilanz.

Auch beim FC Wernberg konzentriert man sich aktuell lieber auf Bewährtes wie Pilates, Yoga oder Kinderturnen. Vor zwei bis drei Jahren habe man mal die Anschaffung von Reifen überlegt, berichtete Abteilungsleiterin Monika Jäckel. "Aber mit Übungsleitern sieht es sehr mau aus, und von der Jugend her kommt nichts nach", klagt sie angesichts der bisher Engagierten, deren Alter mehrheitlich "an die 70" geht. "Bei den jüngeren würde Hula-Hoop bestimmt gut ankommen", ist Jäckel überzeugt, "für die fehlt so etwas". Gerade die Jugendlichen würden bei den üblichen Angeboten oft im Regen stehen. "Eigentlich schade", so ihr Fazit.

Ähnlich geht es Katja Kiener vom TV 1880 Nabburg. "Bei uns stehen noch die ganz alten Reifen im Schrank, aber die werden höchstens zum Zirkeltraining eingesetzt", sagt die Abteilungsleiterin für Turnen und berichtet von den Mühen, überhaupt das bewährte Angebot an Kursen zu stemmen. Der Grund: Es fehlen Übungsleiter - "nicht nur bei uns, sondern in allen Sparten". Viele arbeiten im Schichtdienst wollen bei dem größtenteils ehrenamtlichen Angebot die Verantwortung nicht tragen. Acht Wochenenden plus Prüfungswochenende sind für den Übungsleiter-Schein einzuplanen, dabei ginge es auch ohne.

"Der Bayerische Sportverband ist da auch nicht so schnell", hat Kiener festgestellt. "Wenn sich nicht jemand von sich aus meldet, wird der Trend nicht in die Vereine überschwappen", vermutet sie und wäre wie ihre Kolleginnen in den Nachbarvereinen für eine solche Meldung durchaus offen. Schließlich ist Hula-Hoop auch bei den Angeboten der Volkshochschulen im Landkreis bei weitem nicht auf dem Vormarsch: Im Programm für den Herbst taucht das Training mit dem Reifen jedenfalls nirgends auf.

Eine Pionier-Rolle könnte da die Spielvereinigung Pfreimd einnehmen. "Wir hatten Hula-Hoop schon für dieses Frühjahr geplant", sagt Abteilungsleiterin Kerstin Birner und verweist auf Übungsleiterin Steffi Hierl, die Erfahrung hat mit dem "Hullern". "Wir müssten erst noch ausprobieren, ob das stundenfüllend ist und wie man da Abwechslung reinbringt", gibt die erfahrene Übungsleiterin zu bedenken und freut sich, dass die größte Abteilung im Pfreimder Sportverein in Sachen Übungsleiter nicht von Nachwuchssorgen geplagt ist.

Mit Hantel oder Buch

Dass die Mitglieder von neuen Trends begeistert sind, habe sich schon im vergangenen Jahr beim "Challenge Run" gezeigt, einer Kombination aus Joggen und Gymnastik. Was die Abwechslung betrifft, hat sich Steffi Hierl bereits Gedanken gemacht und plant ein Workout, in dem beispielsweise auch Hanteln zum Einsatz kommen. Schon in diesem Herbst könnte es in Pfreimd einen Schnupperkurs geben.

"Hula-Hoop tut dem Rücken unwahrscheinlich gut, es trainiert den Beckenboden und verbrennt Kalorien", ist Hierl überzeugt, nachdem sie das Fitnessgerät aus Kindertagen wieder ausgegraben hat. Einfach nur den Reifen um die Taille kreisen lassen, das könne man auch zum Fernsehen, sagen Fortgeschrittene wie die 40-Jährige, die beim "Hullern" sogar Bücher liest. "Da hat man auf jeden Fall was getan für die Haltung", stellt sie fest. "Man merkt schnell, dass man mit etwas Hula-Hoop-Training aufrechter durchs Leben geht."

Hintergrund:

Tricks für Anfänger und der Nutzen von Hula-Hoop

  • Ausrüstung: Reifen nicht zu klein wählen (er sollte knapp bis zum Bauchnabel reichen und zwischen einem halben und einem Kilogramm wiegen; je schwerer der Reifen, umso größer der Fitness-Faktor; Kleidung sollte in der Hüfte eng anliegen
  • Position: einen Fuß nach vorne stellen, Reifen parallel zum Boden um die Hüften legen; Oberkörper in eine Richtung drehen und den Reifen in die entgegengesetzte Richtung anstoßen; Hüfte nicht kreisen lassen, sondern vor und zurück bewegen
  • Trainingseinheit: langsam steigern, mit 10 bis 15 Minuten beginnen, in Intervallen trainieren
  • Fitness: mobilisiert die Wirbelsäule, beugt Rückenschmerzen vor, kräftigt Bauch und Rückenmuskulatur, bringt Herz-Kreislauf-System in Schwung, fördert Koordination, Durchblutung und Stoffwechsel (Quelle: AOK)
  • Abnehmen: Kalorienverbrauch beim Hula-Hoop abhängig von Grundkonstitution und Art des Trainings; verbrennt zwischen 200 und 300 Kalorien in 30 Minuten, aber auch bis zu 900 in der Stunde (Quelle: AOK)
 
 

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