Pfreimd
23.12.2018 - 11:25 Uhr

"Stille Nacht" im fernen Iran

Gegen Heimweh ist Alexandra Bugl ziemlich immun. Auf Glühwein, Lichterglanz und Weihnachtsgans kann die 25-Jährige mit Pfreimder Wurzeln leicht verzichten, wenn sie im Iran auf Weltreise eine Pause einlegt. Nur eins fehlt ihr dann doch.

Alexandra Bugl trägt heuer an Weihnachten Kopftuch statt Mütze, so wie hier vor der Sepahsalar-Moschee in Teheran. Auf Weltreise mit ihrem Freund legt sie Pause am 24. Dezember ein, der für die Bevölkerung dort ein ganz normaler Arbeitstag ist. Bild: bl
Alexandra Bugl trägt heuer an Weihnachten Kopftuch statt Mütze, so wie hier vor der Sepahsalar-Moschee in Teheran. Auf Weltreise mit ihrem Freund legt sie Pause am 24. Dezember ein, der für die Bevölkerung dort ein ganz normaler Arbeitstag ist.

Heilig Abend im Iran: "Das ist hier ein ganz normaler Arbeitstag", berichtet Alexandra Bugl. Seit Mitte April ist die junge Frau aus Ihrlerstein bei Kelheim zusammen mit ihrem Freund Michael Krühler auf Weltreise. Über Slowenien und Kroatien, Ungarn, Serbien, Bosnien und Herzegowina, ging es zunächst nach Montenegro. Quer durch den Kosovo führte der Weg nach Mazedonien und Griechenland, über die Türkei nach Georgien, Armenien und Aserbaidschan bis in den Iran. Es ist eine ungewöhnliche Reise abseits ausgetretener Touristenwege - und schon gar keine bequeme Reise.

Abenteuer inklusive

Gut die Hälfte der Strecke sind die beiden Weltenbummler getrampt, den Rest haben sie mit teils recht abenteuerlichen öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. "Diese Art des Reisens ist sehr spannend", weiß die 25-Jährige und berichtete vom türkischen Bus-Ticket-Verkauf in Basar-Atmosphäre und dem mit Holz beheizten Tee-Ofen im Nachtzug von Georgien nach Aserbaidschan. Nicht weniger spannend sind die Unterkünfte. Denn die Studentin, die heuer ihr Studium "Internationale Soziale Arbeit und Entwicklung" an der Hochschule Coburg abgeschlossen hat und jetzt den Masterstudiengang anpeilt, zählt auf Couchsurfing: ein Netzwerk der Gastfreundschaft, das via Internet kostenlose Unterkünfte anbietet.

Statt Animation im Hotel gibt es jede Menge Begegnungen mit Menschen: vom Spielzeug-Museumsbesitzer aus Kroatien bis hin zum Feuerwehrmann in der iranischen Stadt Sari. Die Gäste sitzen zwischen den Familienmitgliedern am Boden, essen Safranreis und trinken unzählige Gläser Tee. "Von Weihnachten bekommen wir nahezu nichts mit", schreibt Alexandra Bugl über E-Mail. "Im christlichen Georgien waren die Schaufenster zwar schon lange mit Weihnachtskugeln und Christbäumen dekoriert, aber jetzt, im Iran, erinnert kaum etwas an das Fest." Die Reisenden aus Deutschland staunten allerdings nicht schlecht, als sie vor kurzem im muslimisch geprägten Aserbaidschan auf einen dem Christkindl-Markt ähnlichen Wohltätigkeitsbasar stießen - samt Santa Claus nach amerikanischem Vorbild. "Hier lassen jetzt nur ganz vereinzelt Schaufenster mit Lichterketten oder einem Plastikbaum Weihnachten erahnen", berichtet die 25-Jährige. Wichtiger sei im Iran die Feier der Wintersonnenwende in der Nacht von 21. auf 22. Dezember.

Wo genau sie selbst mit ihrem Freund nun am 24. steckt, weiß sie wenige Tage vor dem Termin noch nicht. "Irgendwo zwischen kaspischem Meer und turkmenischer Grenze", lautet die Antwort auf diese Frage. Und auch die Route bis zur Rückkehr im Mai ist offen. Weihnachten feiern die beiden Weltenbummler mit einem Pausentag beim Reisen. "Ein Ausflug in die Natur, ein schönes Abendessen und - wenn es das Internet erlaubt - ein Anruf zu Hause", so das Festprogramm. "Dieses Jahr wird es also anstatt Gans bei Opa in Pfreimd Reis mit Safran und Joghurt geben", stellt Alexandra Bugl fest. Und statt auf Plätzchen unterm Christbaum hofft sie auf "ein kleines Wiedersehen übers Handy-Display". "Das Zusammensein mit der Familie ist auf jeden Fall das, was ich fern der Heimat am meisten vermisse", räumt sie ein. Schließlich sei "Weihnachten bei Opa" ein Ritual, das sich seit der Kindheit nur wenig verändert habe.

Mütze statt Kopftuch

Immerhin rechnet die Studentin für das Fest mit eher heimatlichen Temperaturen, die im Norden des Iran eine Winterjacke erfordern. "Es wird kein Heilig Abend in der Hitze, nur statt Mütze gibt's ein Kopftuch". Reich beschenkt fühlt sich Alexandra Bugl schon jetzt: "Wir haben unzählige Menschen getroffen, die uns ungefragt, ohne uns zu kennen und vor allem, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, geholfen, mitgenommen, verpflegt oder gar beschenkt haben", lautet ihre Zwischenbilanz.

Ihr Plan für die Zeit nach der großen Reise: "Ich möchte gerne versuchen, diese Herzlichkeit, Gastfreundschaft und die Bereitschaft zum Teilen mit nach Hause zu nehmen."

Alexandra Bugl hakt auf Reisen nicht einfach die Sehenswürdigkeiten ab, sondern sucht die Begegnung mit Menschen. So landet sie auch mal in einem kleinen Dorf wie hier in Masuleh in der iranischen Provinz Gilan. Bild: bl
Alexandra Bugl hakt auf Reisen nicht einfach die Sehenswürdigkeiten ab, sondern sucht die Begegnung mit Menschen. So landet sie auch mal in einem kleinen Dorf wie hier in Masuleh in der iranischen Provinz Gilan.
 
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