"In Bayern sind wir mitten in einer Wasserkraftgegend", erklärt Giersemehl. Der wichtigste Absatzmarkt befindet sich für das 1936 von Gottlieb Kochendörfer gegründete Unternehmen damit vor der Haustür. "Denken Sie an die vielen Flüsse, die wir überall in Süddeutschland haben", sagt der Maschinenbau-Ingenieur.
Kochendörfer bestückt in Europa und weltweit Wasserkraftanlagen entlang dieser Fließgewässer mit Turbinen unterschiedlicher Größenordnung. "Eine typische Anlage kann dabei eine Leistung von ein paar 100 Kilowatt haben, oder aber sogar bis an 20 Megawatt heranreichen." Giersemehl setzt sich an seinen Rechner, denkt kurz nach, tippt etwas ein: "Damit Sie ein Gefühl für die Größenordnung unserer Projekte bekommen: Mit einer 5-Mega-Watt-Anlage können Sie etwa 6500 Haushalte mit Strom versorgen."
In der Produktionshalle des Pleysteiner Unternehmens herrscht Hochbetrieb. Die Menschen arbeiten konzentriert, besprechen sich in Gruppen, schrauben an Turbinen, bearbeiten Werkstücke an CNC-Maschinen. "Die Oberpfälzer sind verlässlich, bodenständig, langen hin", lobt der Geschäftsführer und nennt den aus seiner Sicht entscheidenden Erfolgsfaktor des Unternehmens: loyale Mitarbeiter. ("Rund 80 Prozent unserer Kollegen haben im Unternehmen gelernt.")
Kerngeschäft Turbinen
"Wir produzieren Francis-, Kaplan- und Pelton-Turbinen", bringt Giersemehl das Kerngeschäft des Betriebs auf einen kurzen Nenner, "unterschiedliche Turbinentechnologien, die sich unter anderem in der Größe unterscheiden und in der Fallhöhe des Wassers, für die sie ausgerichtet sind". Sieben, acht Mitbewerber stünden weltweit in Konkurrenz um öffentliche und private Aufträge, wobei: "Die ganz großen Anlagen können wir nicht bestücken. Das ist dann was für Siemens und Co.", grenzt Mittelständler Giersemehl den Markt für die Kochendörfer-Turbinen ab.
Die Luft in der großen Halle riecht nach Maschinenbau. Giersemehl begrüßt im Vorübergehen Gäste aus der Schweiz, deren Anlage sich in Pleystein gerade in der Revision befindet. "Unsere Kunden bleiben uns treu, die meisten sind Wiederkäufer", freut sich der gebürtige Sachse, den vor fast einem Vierteljahrhundert die Liebe zur Tochter des damaligen Unternehmens-Inhabers Heinle in die Oberpfalz verschlagen hat. Auch die Generationen vor ihm haben gute Arbeit geleistet, das zahlt sich heute aus: "Wir haben einen hervorragenden Namen, profitieren vom ,Made-in-Germany' und können auf zuverlässige Produkte verweisen." Das gebe den Ausschlag: "Eine Turbine ist eine Investition, der man vertrauen können muss. Ihr Ausfall bedeutet hohe Kosten und Ertragsverluste für den Betreiber. Das will keiner. Auf unsere Turbinen ist Verlass, das wissen die Leute." Der Bau von Turbinen sei dabei echte Hochtechnologie. Die Kochendörfer-Techniker setzen daher auf ein ausgeklügeltes Design: "Das ist unser Kapital. Das kann uns keiner nachmachen!" Und: "Wir haben einen hohen Eigenfertigungsanteil, die gesamte Produktkompetenz ist im Haus."
Volle Auftragsbücher
All das honoriert die anspruchsvolle Kochendörfer-Klientel und belohnt die Arbeit der Pleysteiner mit vollen Auftragsbüchern. Über 50 Menschen arbeiten am Firmensitz an individuellen Lösungen für ihre Kunden. Die stammen zu "60, 70 Prozenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Rest wird weltweit verkauft, zum Beispiel nach Afrika oder in die Türkei."
Dort haben die gefragten Turbinenexperten vor drei Jahren sogar ein eigenes Werk eröffnet, mit 60 Mitarbeitern. "Wir sind so näher an wichtigen Auftraggeberregionen." Große Chancen sieht Mittelständler Giersemehl im Balkan: "Bosnien und Mazedonien zum Beispiel sind Länder, die in den kommenden Jahren viele Projekte vorantreiben werden", ist er sicher.
Das liegt daran, dass Klimaziele erreicht werden müssen und die Europäische Union dafür Gelder freigibt. Umweltschutz als Wachstumsmotor? Klar: "Wasserkraft verursacht keine CO2-Emissionen. Und einmal installiert, ist sie quasi kostenlos."
Selbst in Deutschland sieht Giersemehl daher noch große Reserven, die allein schon aus Umweltschutzerwägungen gehoben werden müssen: "Wir decken hierzulande etwa 5 bis 6 Prozent unseres jährlichen Strombedarfs mit Wasserkraft, Untersuchungen sagen, dass bis zu 12 Prozent realistisch wären." Viel Potenzial für die Zukunftsenergie "made in Pleystein".
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