Kein bisschen Zuspruch und Hilfeleistung vonseiten der Politik für Behinderte während der Pandemie und zu wenig Mitspracherecht im kommunalen Bauwesen: Diese beiden Kritikpunkte waren unter anderem Diskussionsthemen beim Treffen der Behindertenbeauftragen im Landkreis Tirschenreuth in Plößberg. Vor der Aussprache führte Bürgermeister Lothar Müller die etwa 20 Männer und Frauen durchs Rathaus.
Plößberg hat tief in die Taschen gegriffen und im Rahmen einer Sanierung auch für viel Barrierefreiheit gesorgt. Entstanden ist hinter dem Rathaus eine Treppen- und Aufzugsanlage, die den Bürgern mit Handicap nun das Betreten von der Rückseite aus direkt ab dem Parkplatz leichter ermöglicht. Noch sei nicht alles fertiggestellt, erklärte Müller. Stolz präsentierte er zudem den Treppenlift, der wegen einiger Innentreppen, die im Rathaus Abteilungen überbrücken, mehrere Ebenen gleichzeitig bedienen kann.
Kritik an Krisenstab und Kommunen
Im Kultursaal nahmen dann die Behindertenbeauftragten Platz. Ernst wurde es, als der Kreisbehindertenbeauftragte Reinhard Schön nach der offiziellen Verabschiedung des ehemaligen Sozialamtsleiters Wolfgang Jäger die Gruppe zur Diskussionsrunde aufforderte. Martina Sötje aus Tirschenreuth übte scharfe Kritik am Krisenstab des Landratsamtes und an den Kommunen während der Pandemie. Man habe die Behinderten in dieser Zeit schlichtweg vergessen, klagte sie. „Es hat sich kein einziges Mal jemand bei uns gemeldet und nach unseren Bedürfnissen gefragt. Wir wurden nicht eingebunden.“
Sie habe sich hilflos allein gefühlt und oftmals bei Anfragen von Behinderten nicht gewusst, was sie tun oder sagen solle. In ihren Tenor stimmten einige Behindertenbeauftragte aus dem Landkreis mit ein. Aus Bärnau kam Positives. Dort habe man, so Beauftragter Josef Zant, während Corona bei der Nachbarschaftshilfe mitgewirkt und damit auch den Behinderten helfen können. Reinhard Schön beschwichtigte, denn die Pandemie habe alles und alle überfordert. Keiner habe gewusst, wie vorzugehen sei.
Zu späte Beteiligung
Als weiteren Kritikpunkt stellten die Anwesenden in den Raum, dass sie zu wenig bei kommunalen Bauvorhaben eingebunden würden. Es käme kaum etwas an bei ihnen. Außer, dass sie zu Stellungnahmen gebeten würden. Allerdings oftmals erst, wenn die Pläne längst fertig seien. „Dann ist es zu spät für wirklich sinnvolle behindertengerechte Baumaßnahmen“, lautete der Tenor einiger Anwesender. Schön regte an, öfter im Rathaus beim Bürgermeister nachzufragen und sich regelmäßig einzumischen.
Bei dem Treffen wurde auch die neue Sozialamtsleiterin Judith Sollfrank in der Runde begrüßt. In die Fußstapfen von Wolfgang Jäger zu treten, sei eine große Herausforderung, sagte Sollfrank. Jäger und Schön baten die Behindertenbeauftragten, Judith Sollfrank dasselbe Vertrauen entgegenzubringen wie ihrem Vorgänger. "Ich freue mich, dass sie meine Nachfolgerin wurde", sagte Jäger.
„Es hat sich kein einziges Mal jemand bei uns gemeldet und nach unseren Bedürfnissen gefragt. Wir wurden nicht eingebunden.“
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