In zwei Wochen ist kalendarischer Frühlingsanfang. Da war ein Liederabend mit der „Winterreise“ von Franz Schubert der angemessene Termin, um den Auszug des Winters in das aufblühende neue Jahr zu besingen. Der sängerisch beeindruckende Abend für das aufmerksame Publikum im gut gefüllten Pfarrsaal war aber noch viel mehr.
So schlicht es beim Kunstlied nur um den Text und die Musik geht, so komplex sind die eingeschlossenen Inhalte. Sie behandeln neben Themen wie Tod, Schmerz oder Liebe auch Terror, Krieg, Rassismus und Hass. In Anbetracht der brandaktuellen Lage in Europa gewinnt die schwermütige "Winterreise" zusätzlich eine verstärkte Traurigkeit über das Leid, das ein Machthaber einem Volk zufügt. Unwillkürlich wurde das Programm des Kulturkreises Pressath und Umgebung dieser getrübten Grundstimmung gerecht.
Der junge Interpret des Liederabends, Adnan Barami aus Erbendorf, gestaltete die Doppelbödigkeit der Texte zunächst mit kraftvollem Elan aufmunternd, später ruhiger in erzählerischem Duktus. Im "Frühlingstraum" erreichte er seinen Gipfel: "Ich träumte von bunten Blumen ... im Mai". Die Folge der 24 Lieder sang der junge Tenor ohne Pause textsicher und stimmungsmalerisch angepasst. Diese unterstrich er mit wenigen intensiven Gesten und – schauspielerisch geschulter – Mimik. Das Spiel des stets zuverlässigen Begleiters, Pianist Jakob Schröder garantierte sensibles Musizieren und passende Atmosphäre. Seit Herbst 2021 belegt der ausgebildete Krankenpfleger Barami die Gesangsklasse für Tenor von Kammersänger Jochen Kupfer an der Würzburger Musikhochschule. Es ist zu erwarten, dass der begabte Sänger damit eine weitere Stufe seines musikalischen Weges beschreiten wird.
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