Helmut Langhammer neuer Ehrenbürger: Kraftvoll leise, aufmerksam und mitfühlend

Pressath
06.09.2022 - 11:13 Uhr

Die 800 Jahre alte "Vestn" ist eines geschichtsträchtigsten Gebäude Pressaths. Was liegt näher, als ein außergewöhnliches Ereignis wie die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Helmut Langhammer dort zu zelebrieren?

Mit Helmut Langhammer empfing ein über Deutschlands Grenzen hinaus angesehener Künstler die vornehmste Auszeichnung der Haidenaabstadt. "Du hast Achsen geschaffen, die für uns Ankerpunkte und Blickpunkte geworden sind", brachte Bürgermeister Bernhard Stangl am Freitag einen zentralen Aspekt in Langhammers Werk auf den Punkt. Viel Beifall galt auch den Violinistinnen Elvira Epler und Johanna Baumann (Musikschule VierStädtedreieck) für die musikalische Umrahmung.

Insbesondere spielte er damit auf das augenfälligste "Schmuckstück" des Bildhauers für seine Wahlheimat an: die granitene "Radscheibe" bei Zintlhammer, die wie der Erdball von einer unsichtbaren Achse "in der Bahn gehalten" werde. Auch viele andere Stelen und Brunnen wirkten als achsengleiche Blick-, Anker- und Treffpunkte: "Menschen treffen sich dort, das Leben dreht sich um diesen Ort, diese Achse." Dies veranschauliche zugleich die elementare Bedeutung der Kunst im menschlichen Zusammenleben.

Mit kritischem Blick

Als "ehrlichen" Menschen im ursprünglichsten Wortsinn der "Aufrichtigkeit" und "Vornehmheit" charakterisierte Dr. Maria Baumann, Diözesankonservatorin und Leiterin der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, in ihrer Laudatio den frisch ernannten Ehrenbürger. Die Stele "Aufrecht und leise" im Weidener Max-Reger-Park drücke mit "stillen, fast zarten Linien im widerstandsfesten grobkristallinen Tiefengestein" Langhammers Wesen trefflich aus. Obwohl er "kein politischer Künstler" sei, zeichne ihn ein kritischer Blick aus, mit dem er auf das schaue, was um ihn geschieht und worauf er mitfühlend und kraftvoll leise reagiere, "weil er nicht stillhalten mag".

Genau hinschauen lohne sich bei den "manchmal hinterkünftigen Arbeiten", mit denen der Bildhauer nicht ohne Grund "unzählige repräsentative Ideenwettbewerbe gewonnen" habe, empfahl Baumann. Seine "Altäre, Amben, Tabernakel" setzten in unzähligen Kirchen, darunter im Regensburger Dom, Akzente, die "starke Altarraumgestaltung" der Pfarrkirche und der Altenheimkapelle in Pressath trage seine Handschrift. Zur Zeit arbeite er am Entwurf für die Neugestaltung der Paderborner Domkrypta, die 2023 eingeweiht werden solle.

Ein Denkmal des friedlichen Wandels von 1989/90 hin zu "Zusammenhalt und Öffnung" über den einstigen Eisernen Vorhang hinweg habe Langhammer mit seinen zwei "Via Carolina"-Skulpturen beiderseits der bayerisch-tschechischen Grenze bei Waidhaus hinterlassen. Doch versinnbildliche etwa die Arbeit "Schwere Gewitterwolke" von 2002 auch die Labilität politischen Friedens. Unzählige Skulpturen schmückten schließlich Plätze, Parks und Zweckbauten - auch in Pressath. "Kunst ist der Spiegel für eine Gesellschaft und ein Maß für deren Entwicklung", urteilte Stangl. Leider sei der Umgang der Gesellschaft mit Kunst hierzulande oft zwiespältig: Einerseits würdige sie Kunstwerke zu geldwerten Spekulationsobjekten herab, andererseits täten Staat und Gesellschaft Kunst oft als entbehrlichen Kostenfaktor ab.

Dank an Familie

Als Würdigung allein seiner Person wolle er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Pressath nicht verstehen, betonte Bildhauer Langhammer in seiner Dankesrede: Er sehe darin zugleich eine stellvertretende Auszeichnung "für den Namen Langhammer, auch für meinen Vater Max, der heuer 110 Jahre alt geworden wäre, und für meine Frau, die Malerin Ruthild - und für die Akzente, die wir alle über Pressath hinaus auf kulturellem Gebiet gesetzt haben und die mit dem Namen Pressaths verbunden werden können". Nicht zu vergessen sei sein Bruder Günther, der zwei gewichtige regionalgeschichtliche Bücher über die komplizierte und leidvolle Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben hat".

Weg nach Pressath

Diese geschichtlichen Wirren seien es auch gewesen, die "die Langhammers nach Pressath geführt" hätten. So habe seine eigene Familie ihre Heimat im nordböhmischen Nieder Ullersdorf (Dolní Oldřís) bei Reichenberg (Liberec) gehabt, wo er 1940 geboren worden sei. Seine Frau stamme aus dem nur elf Kilometer entfernten Friedland in Böhmen (Frýdlant v Čechách). Sein Vater Max habe ab 1939 Kriegsdienst geleistet und sei 1945 in britische Gefangenschaft geraten, wo er den Pressather Josef Waldmann ("Scherer Sepp") kennengelernt habe. Der habe ihm vorgeschlagen, mit nach Pressath zu kommen. So sei Max Langhammer im September 1945 in die Haidenaabstadt gekommen, und nach einer langen Odyssee seien ihm seine Frau Maria und der fünfjährige Helmut dorthin gefolgt.

"Nun ist es 76 Jahre her, dass die kleine Stadt Pressath uns ursprünglich Fremde aufgenommen hat. Und dieser liebenswerte Ort hat uns mit der Zeit das gute Gefühl vermittelt, dazuzugehören, uns wohlfühlen zu dürfen und in aller Ruhe arbeiten zu können", schloss Langhammer. So empfinde es auch Ruthild, mit der er seit 1963 verheiratet ist: "Auf eine Journalistenfrage, warum sie nicht an einem zentraleren Ort wie Regensburg, München oder Paris lebe und arbeite, antwortete sie lapidar: Ach, wissen Sie, für mich ist Pressath ganz zentral."

Viel Beifall galt den Violinistinnen Elvira Epler und Johanna Baumann (Musikschule VierStädtedreieck) für die musikalische Umrahmung der Feierstunde.

 
 

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