Das Terrain entlang der Glasschleif, die sich an diesem frühen Sonntagnachmittag wohl kaum über Besuchermangel beklagen kann, ist eines der schönen Fleckchen Erde, wo die Welt noch in Ordnung ist. Dort wachsen Gräser und Blumen in Hülle und Fülle. „Hier gedeihen auch wertvolle Kräuter“, beschreibt Regina Herrmann die vielfältige Flora, die – eine gute Stunde lang - Grund für eine gemeinsame Wanderung ist, zu der sie und die Gesellschaft „Steinwaldia“ eingeladen haben. Die Kräuterkundige aus Erbendorf lebt in ihrem Elternhaus – umgeben von Bäumen und Wiesen - am Rand des Steinwaldes. Daher ist sie, seit sie denken kann, mit der Natur sehr verbunden. Ihre Leidenschaft gilt den Kräutern und Wildfrüchten, die man – wie die gelernte Industriekauffrau bei der Kräuterwanderung erzählt – „in vielfältiger Weise verarbeiten kann.“ Zudem betreibt Herrmann, und das ist ihr weiteres Steckenpferd, einen kleinen, schmucken Kräuterladen. Sofern es ihre Zeit erlaubt, bietet sie auch Vorträge und Kräuterkurse für Erwachsene und Kinder an.
Die Wiese, die zur historischen Glasschleif gehört, wird, wie Vorsitzender Norbert Reger während des Rundgangs verrät, noch mit der Sense gemäht. Kurz nach Mittag ist es dann soweit. Regina Herrmann hat eine Handvoll Leute um sich geschart, dann kann’s auch schon losgehen. Erstes Kräuter-Ziel ist der Rand des Waldweges, der am Grundstück vorbeiführt. Dort wächst der unverwüstliche Giersch, der schon so manchen Gärtner in Verzweiflung gebracht hat. So schlecht sein Ruf aber auch ist: „Der Giersch ist ein hilfreiches Kraut“, verteidigt die Kräuterfrau - nicht ohne Grund – nicht nur ihn, sondern auch die anderen "Kollegen", wie Brennnessel, Vogelmiere und den roten Klee, die viel von ihrer Lebenskraft abgeben, um uns gesund und fit zu halten. „Man kennt sie – in Natur oder als Tinkturen verabreicht – schon sehr lange. Sie helfen bei Rheuma, Verbrennungen, Insektenstichen, Blasenentzündungen oder bei anderen Wehwehchen, mit denen man sich – der eine mehr, der andere weniger – herumplagen muss“, erinnert die Kräuterkundige an die alten Hausmittelchen, die die Großmütter schon ansetzten, um die „Medizinschränkchen“ zu füllen. Als Beilage am Tisch empfiehlt sie Löwenzahnsalat. "Die gelbe Blume ist besser als ihr Ruf", fügt sie mit erhobenem Zeigefinger hinzu.
Weiter geht’s in Richtung Glasschleif, wo die Radfahrer und Wanderer Brotzeit machen oder aufbrechen, um den Steinwald zu erkunden. Die „Gaststube“ im Freien lässt Hermann links liegen. Nächstes Ziel ist die noch ungemähte Wiese, die ein wahres Eldorado für Pflanzenliebhaber zu sein scheint. Ob der „Zahnbürstl“ genannte Schlangenknöterich auch hilfreich sei, wisse sie jetzt nicht, bedauert Herrmann, nimmt den Rucksack runter und blättert in ihrem Kräuterbuch, in dem alles beschrieben ist. „Früher wurde er als Spinatersatz verwendet“, deutet sie nun auf die Blätter, die man aber aufgrund des hohen Oxalsäure- und Gerbstoffgehaltes eher in Maßen verzehren sollte. „Zudem enthalten die Wurzeln Stärke und Vitamin C“, erfahren die eifrigen Kräuterwanderer, die sich ihr angeschlossen haben und jetzt mehr über den hohen Schlangenknöterich wissen, als noch wenige Augenblicke zuvor. Nach und nach – immer wieder unterbrochen von einer Erklärpause, bei der auch mal eine Pflanze gepflückt und in der Hand zerrieben wird – neigt sich die Kräuterwanderung ihrem Ende entgegen. Die kleine Gebühr bezahlt man gerne, schließlich war der Ausflug ins Grüne nicht nur eine schöne Erfahrung, sondern auch sein Geld wert. Außerdem wurde der Speisezettel für daheim um wertvolle Ideen, die zudem nichts kosten, deutlich bereichert.

















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