Herbstzeit ist Igelzeit. Das gilt vor allem auch für Erika Passon. Die 63-Jährige kümmert sich seit vielen Jahren um die kleinen, stacheligen Tierchen, die sie entweder selbst findet, oder zu ihr gebracht werden. "Momentan habe ich zwei daheim. Aber die nächsten Tage bekomme ich noch welche. Das werden jetzt immer mehr, wir haben ja erst Oktober", erzählt sie. Passon liebt ihre "Pflegekinder", doch es steckt auch viel Arbeit dahinter. Jedes Jahr denkt sie sich: "Vielleicht werden es dieses Mal ja nicht wieder 50 Igel."
Doch meistens kommt es genau so. Darunter sind dann oft Tiere mit Untergewicht. "Wenn man jetzt einen Igel findet, der gerade einmal so groß wie eine Faust ist, dann hat er keine Chance. Der muss aufgepäppelt werden", weiß Passon. Das Wichtigste dabei: eine Wärmflasche. "Viele Leute wissen nicht, dass unterernährte oder verletzte Igel rein müssen. Sie halten sie im Gewächshaus oder in der Garage." Das sei aber grundverkehrt. Wer einen Igel findet, sollte einen Karton mit Küchenpapier auslegen und den Igel samt Karton und Wärmflasche in ein warmes Zimmer bringen. "Zuerst sollte der Igel gewogen und auf Flöhe oder Zecken untersucht werden", rät Igel-Mama Passon. Ist das Tier krank oder verletzt, müsse es zum Tierarzt.
"Aus Kirchenthumbach kam ein Igel, der Blut gehustet hat. Da hilft dann nichts mehr. Der muss beim Tierarzt eingeschläfert werden", sagt sie traurig. Sei der Igel augenscheinlich jedoch ohne Beschwerden, brauche er vor allem eines: Futter. "Kein rohes Ei, keine Milch", betont die Neustädterin jedoch. Nassfutter für Katzen oder ungewürztes, kaltes Rührei seien das Beste. "Ihr müsst füttern, füttern, füttern. Hat der Igel die Schüssel leer gefressen, dann muss man sie gleich wieder voll machen." Ein Igel, der völlig entkräftet sei, brauche zunächst jedoch Vitamin B und Elektrolyte, sagt sie. Passon räumt außerdem mit einem hartnäckigen Gerücht auf. "Igel sind keine Obstfresser. Sie suchen Äpfel, weil dort Würmer drin sind. Das ist in Kinderbüchern oft falsch abgebildet." Die 63-Jährige spricht aus Erfahrung, denn nicht nur einmal sei ihr ein Igel gebracht worden, der in einem Karton umringt von Obst und Gemüse war. "Da habe ich gesagt ,Ihr wisst schon, dass ein Igel kein Hase ist, oder?'", erzählt sie.
Auch die Hygiene sei bei der Igel-Überwinterung wichtig. "In der Früh und am Abend müssen alle Kartons sauber gemacht werden." Für die Futterschüsseln hat Passon extra einen kleinen Geschirrspüler im Keller. "Wenn ich abends auf einem Geburtstag bin, sitze ich auf Kohlen, weil ich weiß, dass sich die Igel wieder eingesaut haben. Wenn dann alle anderen ins Bett gehen, bette ich erst einmal die Igel frisch ein." Hat Passon Igelbabys zu Hause, ist die Pflege noch zeitaufwendiger. "Die Kartons stehen dann neben meinem Bett, da muss ich jeden Mucks hören", sagt sie. Tag und Nacht stehe die 63-Jährige in dieser Zeit auf und gebe den Babys die Flasche. "Urlaub und krank zu werden kann man sich in der Zeit abschminken." Selbst eine Operation zögerte Passon so lange raus, bis all ihre Igel Winterschlaf halten konnten.
Hat die Scheckenhoferin ihre Igel über den Winter auf ein Gewicht von rund 500 Gramm aufgepäppelt, kann sie diese im Frühjahr wieder dort aussetzen, wo sie herkamen. Nämlich aus Pressath, Grafenwöhr, Eschenbach, Tirschenreuth, Mitterteich, Vohenstrauß, Weiden, Speichersdorf. "Rings von allen Seiten", beschreibt Passon den Einzugsradius. "Heuer war das Weiteste Cham." Doch wie merkt sich Passon, welcher Igel wo gefunden wurde? "Auf jedem Karton stehen Name des Finders, Telefonnummer, Datum und Gewicht des Igels. Dann ist das zum Beispiel der Igel Schmidt." Mit Acrylfarbe markiert sie zudem ihre Notizen in einem Büchlein und dann den dazugehörigen Igel. Für die Weibchen darf es ein gelber, pink- oder orangefarbener Tupfer sein. Die Männchen bekommen einen Punkt in Grün, Blau oder Türkis. So kann sie die Tiere auseinanderhalten, und im Frühjahr in ihre Heimat zurückbringen.
Rasenmähroboter nachts ausschalten
Für Gartenbesitzer hat Erika Passon auch noch ein paar Tipps parat. Als Unterschlupf im Winter eigne sich für gesunde Igel ein kleines Holzhäuschen besonders gut. Das Häuschen sollte keinen Boden haben, stattdessen aber auf trockenem Rindenmulch und Stroh stehen. "Damit ist dem Igel besser geholfen als mit einem Laubhaufen. Denn im Laub müssten auch einige Äste sein, und alles müsste mit einer Plane abgedeckt werden." Eine Herzensangelegenheit ist es für die Scheckenhoferin zudem, die Gartenbesitzer darum zu bitten, ihre Rasenmähroboter nachts auszuschalten. "Die sind gefährlich, zerfetzen schnell so ein Igelgesicht", bedauert sie. Auch Kellerschächte sollten abgedeckt und Außenkellertreppen regelmäßig kontrolliert werden. "Die Igel liegen dort unten und müssen verhungern."
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