Der Heimat- und Kulturverein und die Feuerwehr Schmidmühlen, mit vielen Aktiven unter der Leitung der Kommandanten Christian Renghart und Julian Decker, halten den Brauch der Allerseelenschiffchen in Schmidmühlen am Leben, auch in diesem Jahr. Und auch wenn das Wetter nicht mitspielte und es in Strömen regnete – den Kindern machte das nichts aus: Über 50 Allerseelenschiffchen gaben für eine halbe Stunde der Lauterach bunte flackernde Farbtupfer zum Gedenken an die Verstorbenen.
Woher die Schmidmühlener Allerseelenschiffchen kommen, lässt sich nur vermuten. Pfarrer Werner Sulzer blickte vor einigen Jahren beim Allerseelengottesdienst zurück in die Mitte der 1930er-Jahre, wo er Kinder den Brauch erfinden ließ. So war es wohl ein Zufall: Vielleicht wollten die Kinder damals nicht nach Hause gehen, "a bisserl noch umher strawanzen", als einer über ein großes Rindenstück stolperte und dann auf die Idee kam, sein Wachsstöckerl auf die Rinde zu setzen und es auf der Lauterach schwimmen zu lassen. Im darauffolgenden Jahr waren es vielleicht mehrere Kinder, denen dies gefiel, und die zum Entschluss kamen: Allerseelenschiffchen sind echt cool.
Tatsächlich könnte es so gewesenen sein. Der verstorbene Ortsheimatpfleger, Ehrenbürger Michael Koller, erinnerte sich zu Lebzeiten: "Früher, in der Allerseelenwoche, wurde jeden Tag in der Friedhofkirche ein Rosenkranz gebetet. Bei diesen Rosenkränzen brannten auch immer kleine Kerzen und Wachstöckeln. Nach dem Rosenkranz nahmen die Kinder – vor allem waren es Buben – die brennenden Kerzen mit aus der Kirche und setzten sie auf kleine Rindenschiffchen oder Holzbretter und ließen sie auf der Lauterach bis zum Hammer schwimmen. Am Allerseelentag wurden dann nach dem Rosenkranz von allen Kindern die Allerseelenschiffchen mit Kerzen auf ihre Reise geschickt."
Sicher waren sich die Kinder damals nicht der religiösen Dimension bewusst, der Symbolik von Wasser und Licht, die mit dem Weihwasser und der brennenden Osterkerze deutlich werden. Nach wie vor ist für den Kulturverein Schmidmühlen die Fortführung des Brauchs der Allerseelenschiffchen nur mit einem Gottesdienst denkbar – und ohne Show, Rummel, Kommerz. Sicher sind sich die Organisatoren allemal: Mit dem ruhigen Dahingleiten der leuchtenden Schiffchen auf der Lauterach gleiten viele Gedanken zu den Verstorbenen.
Die Allerseelenschiffchen
- Um 1935 lässt sich die Entstehung des ursprünglichen Brauchs der Allerseelenschiffchen in Schmidmühlen datieren.
- 1943 wurde der Brauch verboten: Man hatte Angst vor Fliegerangriffen.
- 1999 bis 2001 stellten federführend Michael Koller, Hans Rubenbauer und Josef Popp einen historischen Bildband zusammen. Dabei erzählte Michael Koller von diesem Brauch.
- 2003, nach Rücksprache von Josef Popp und Michael Koller mit dem damaligen Pfarrer Georg Braun zeigte sich dieser begeistert und stimmte der Wiedereinführung in Verbindung mit dem Allerseelengottesdienst zu. Seitdem gibt es den Brauch wieder.
- 2005 und 2006 wurde der Brauch wegen der Hochwasserfreilegung auf den linken Lauteracharm verlegt.
- 2018 kam das Bayerische Fernsehen nach Schmidmühlen und berichtete bayernweit über diesen Brauch.
- 2019 und 2020 konnte wegen Corona die Tradition nicht gepflegt werden.
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