Von Inge Lassmann
Eine Geschichte, die vor 79 Jahren ihren Anfang nahm und die Stadt Schnaittenbach und die Gemeinde Palazzolo dello Stella in Italien miteinander verbindet. Im Jahr 1944, während des 2. Weltkrieges, wurden viele ausländische Arbeiter als Ersatz für die im Kriegsdienst eingesetzten deutschen Männer in den Landkreis Amberg-Sulzbach deportiert. Unter ihnen elf Männer aus der kleinen Gemeinde Palazzolo dello Stella in der Nähe von Udine in Italien. Die Arbeiter wurden mit der Bahn bis nach Neumarkt gebracht und anschließend auf Firmen, die Arbeiter angefordert hatten, verteilt.
Männer aus Palazzolo wurden etwa der Firma Kick in Schnaittenbach zugeteilt. Auch einzelne Landwirte hatten Hilfspersonal angefordert. So half der damals erst 17-jährige Gino Rosso nach seinem Schichtdienst in der Fabrik dem Landwirt Liborius Gräßmann. Unter den ungünstigsten politischen Vorzeichen der damaligen Zeit entwickelte sich auf guter menschlicher Basis eine fürsorgliche Verbundenheit zu Gino Rosso.
Im April 1945 kehrten alle Männer aus Palazzolo in ihre Heimat zurück. Gino Rosso hatte während seines Aufenthaltes in Schnaittenbach fast täglich einen Brief oder eine Postkarte an seine Familie in Italien geschrieben und auch viel Post von seinen Verwandten erhalten. Seine Mutter hat all diese Briefe und Postkarten gesammelt und der Nachwelt damit erhalten. Nach dem Krieg schrieb Rosso dann an die Familie Gräßmann. Im Laufe der Jahre entwickelte sich ein reger Briefverkehr.
Rosso vergaß nie die Zeit, die er in Schnaittenbach verbracht hatte, und kam 1980, zusammen mit seinem Sohn, das erste mal wieder zu den Gräßmanns zurück. Seitdem besteht eine intensive Verbindung der beiden Familien.
Anfang 2020 begann Ginos Sohn Paolo über diese Zeit ein Buch zu schreiben, mit dem Titel „lettere e lacrime, la storia di Gino“ (Briefe und Tränen, die Geschichte von Gino). Tränen deswegen, weil auf den Briefen noch die Tränen der Mutter zu sehen sind. Leider verstarb Gino Rosso im April 2020 im Alter von 94 Jahren und Paolo vollendete das Buch allein.
Im Februar 2022 wurde dieses Buch und die Geschichte in der Gemeinde Palazzolo vorgestellt. Das Interesse daran war groß, auch von Angehörigen der anderen Männer, die damals von Palazzolo nach Schnaittenbach gebracht worden waren. Die Familie Gräßmann hingegen konnte wegen der Corona-Pandemie nicht an der Veranstaltung in Italien teilnehmen. Im September dieses Jahres überreichte nun aber Paolo Rosso das Buch zusammen mit dem Stadtwappen von Palazzolo persönlich an den Schnaittenbacher Bürgermeister Marcus Eichenmüller – in der großen Hoffnung, dass die jahrzehntelange Verbindung aufrechterhalten bleibt.
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