Den Namen Ludwig Thoma verbinden viele vermutlich vor allem mit Werken wie den "Lausbubengeschichten" oder dem berühmten "Münchner im Himmel". Die Freilichtbühne am Buchberg hat sich aber ein anderes Stück des bekannten – und nicht ganz unumstrittenen – Autoren ausgesucht: Der Schnaittenbacher Theaterverein will im nächsten Jahr Thomas Drama "Der Wittiber" auf die Bühne bringen. Nachdem sie wegen der Pandemie zwei Jahre gar nicht, dann heuer nur mit einem kleinen Stück auftreten konnten, haben Spielleiter Stefan Reindl und seine Truppe jetzt richtig Lust, endlich wieder größer einzusteigen. Und dramatisch. Komödien inszenieren die Schnaittenbacher auch gern, aber ihre Stammgäste wissen, dass sich die Theaterspieler auch im Drama wohlfühlen. Unvergessen ist ihre "Geierwally" von 2007 und 2008 – ein bisschen in diese Richtung geht es jetzt auch wieder.
Die Geschichte spielt im bäuerlichen Milieu anno 1912. Sie beginnt mit einem Leichtrunk – die Bäuerin ist gestorben – und endet in einer Katastrophe. Die deutet sich Schritt für Schritt an, lässt sich aber nicht aufhalten: Zu sehr sind die Akteure in den Gegebenheiten ihrer Zeit gefangen. Der Wittiber will seinen Hof nicht übergeben, weil der seinen Lebensunterhalt liefert und Rente damals noch kein Thema war. Der Sohn hat Angst, dass ein uneheliches Halbgeschwister ihm seinen Anspruch auf den Hof streitig machen könnte, die Magd wird übel drangsaliert und kann sich dagegen nicht wehren. Missverständnisse, die sich in Hass steigern und dazu das Gerede im Dorf tun ein Übriges dazu. Dieses langsame Ansteigen von Unmut und Grant bis zu Zorn und schließlich Todeshass, darzustellen, sieht Stefan Reindl als die große Herausforderung bei diesem Stück.
Auch heute noch aktuell
"Da geht's schon hart zu", so fasst es Kerstin Donhauser aus dem Vorstand der Buchbergbühne zusammen. Dieses raue Klima, so fügt Spielleiter Stefan Reindl hinzu, "war durchaus typisch für die Zeit, auch der Umgangston in der Familie". Und auch wenn sich die Zeiten glücklicherweise geändert hätten, könne man doch auch heute daraus noch seine Lehren ziehen, meint Donhauser: Etwa die, wohin Missverständnisse, die nicht angesprochen und aufgeklärt werden, führen können.
Dass Ludwig Thoma nicht ganz unumstritten ist, darauf weist Stefan Reindl hin: Der Autor sei lange beinahe als "bayerischer Volksheld" verehrt, ja fast vergöttert worden. "Sogar Preise wurden nach ihm benannt – bis 1989 bekannt wurde, dass er auch antisemitische Schriften verfasst hat." Das wiederum sei fast kurios, meint Reindl, schließlich sei Thoma damals mit einer Jüdin zusammen gewesen. Der Theaterverein will dieses Thema in seinem Workshop-Wochenende bearbeiten, das Bestandteil jeder neuen Produktion der Buchbergbühne ist. Der Autor war auch Rechtsanwalt und ist als solcher durchaus für die Bauern eingestanden, wie Reindl sagt. "Obwohl er auch hart mit ihnen war. Also: Ein Grenzgänger." Thomas Geschichte, seine Zerrissenheit, die man in seinen Werken spüre – "das ist ein Typ, mit dem es interessant ist, sich auseinanderzusetzen", meint Reindl. Ein Grund, Ludwig Thoma nicht zu spielen, sei es aber nicht.
Endlich wieder groß spielen
Den "Wittiber" hatte die Buchbergbühne "schon bestimmt zehn Jahre auf unserer Liste", verrät Reindl: Jetzt sei die Zeit einfach reif für dieses Stück. Auch, weil hier wieder mehr Leute aus dem Verein mitspielen können als in der, der Pandemie geschuldeten, kleinen Besetzung von "Charley's Tante" mit nur 8 Akteueren auf der Bühne heuer. 10 bist 13 männliche und 6 weibliche Rollen sind es beim "Wittiber" – und dazu viele Statisten. "Das ist für uns immer wichtig", erklärt Kerstin Donhauser zur Wahl des neuen Stücks: "Die Frage: Können wir das besetzen?" Für die neue Produktion heißt die Antwort Ja, auch wenn noch nicht alle Rollen fest vergeben sind. Fest steht aber bereits: Spielleiter Stefan Reindl schlüpft selbst in die Hauptrolle.
Reindl freut sich, dass die Buchbergbühne trotz aller Corona-Beschränkungen gut durch die Pandemie gekommen ist: Auch wenn mancher noch zögere schon zurück auf die Bühne zu kommen, sei doch keiner ganz ausgestiegen. "Die Lust am Spielen ist auf jeden Fall da." Und wer nicht spiele, packe gerne hinter der Bühne oder drumherum mit an. Der Neustart nach der Pandemie-Zwangspause sei aber schon "ungewohnt und anstrengend", gibt Kerstin Donhauser offen zu – "weil ich es nicht mehr gewohnt bin." Sie und die anderen hoffen aber, dass die Buchbergbühne bei ihrem Publikum, darunter viele Stammgäste, "noch präsent ist". Das wird sich zeigen, wenn der Vorverkauf beginnt: Wie gewohnt gibt es Karten für die insgesamt sieben Vorstellungen Ende Mai/Anfang Juni nächsten Jahres ab 1. Dezember übers Internet (www.buchbergbühne.de).
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