Schnaittenbach
28.09.2018 - 08:40 Uhr

Nur der nächste Schritt zählt

Drei Minuten und 15 Sekunden braucht Julia Klein aus Schnaittenbach im Durchschnitt für einen Kilometer. Oder auch: Sie läuft fünf Meter pro Sekunde. Zusammen mit ihrer Labradorhündin ist Julia diesjährige Deutsche Meisterin im Hundelauf.

Niemals vergisst Julia Klein die Belohnung. Spielend trainiert sie ihre Labradorhündin mit Unterstützung von ihrem Bruder Jonas. Bild: Dagmar Williamson
Niemals vergisst Julia Klein die Belohnung. Spielend trainiert sie ihre Labradorhündin mit Unterstützung von ihrem Bruder Jonas.

Zum Vergleich: Den Weltrekord der Frauen hält Svetlana Masterkova. 1996 gewann sie den 1000-Meter-Lauf in Brüssel, den sie in 2 Minuten und 28 Sekunden lief. Das entspricht etwa 6,70 Meter pro Sekunde. Jedoch ohne begleitenden Hund an Geschirr und Leine und nicht durch die Landschaft. Julia Klein überrascht deshalb mit einer herausragenden Leistung. Dabei scheint es dem zwölfjährigen Mädchen überhaupt nicht bewusst zu sein. Sie gewann im September den Geländelauf der Kategorie „weiblich bis 14 Jahre“ über 2000 Meter bei den Deutschen Meisterschaften im Turnierhundesport.

Geplant war das allerdings nicht. Vor drei Jahren holten die Kleins ihren Nachwuchs aus dem 500 Kilometer entfernten Rheinbach bei Bonn ab. Passend zu ihrem Nachnamen suchten sie sich den winzigsten Welpen aus, wie magnetisch angezogen von den großen treuen Augen. Liebe auf den ersten Blick sozusagen. Graziella vom Himmeroder Wall – so steht es auf den Papieren. Luna wird die Labradorhündin von ihren Liebsten gerufen. Nach graziösem Beschreiten des Familiensaals schließt die gut erzogene Dame sogar die Türe. Sie begrüßt Mama Karin, Bruder Jonas und ihre Laufpartnerin Julia, um sich dann gemächlich in der Mitte des Raumes niederzulassen. Gebellt wird nur auf Kommando. Nach dem Spielen räumt sie alle ihre Quietsche-Tiere und Bälle zurück in die große Truhe. Mit wedelndem Schwanz nimmt sie dankbar das Leckerli entgegen. Die Ohren spitzt Luna dennoch ab und an, wenn die Folgsame im Gespräch ihren Namen hört.

Aus Julia sprudelt es nämlich nur so heraus. Sie sitzt auf ihrem linken Fuß auf dem Stuhl und lässt den anderen lässig baumeln. Durch Bekannte sind Julia und ihre Mutter auf den Hundesport gekommen. „Wir können es ja mal ausprobieren“, erzählt Karin Klein. Vor zwei Jahren beginnen sie mit dem Training. Damit die Labradorhündin weiß, dass sie laufen soll, gibt Julia das Kommando „Go“. „Anfangs lief Mama voraus und wartete im Ziel. Sie hatte dann auch die Belohnung für Luna“, erklärt Julia. Inzwischen fährt Karin Klein mit dem Fahrrad nebenher. „Sobald Luna jetzt aber ihr Geschirr angelegt bekommt, weiß sie, was zu tun ist.“ Höchste Aufmerksamkeit sei gefordert. Die Deutsche Meisterin trainiert täglich – im Skiclub Monte Kaolino und in ihrer Freizeit mit ihrem Bruder und Luna. Die Hündin lernt schnell, alle haben Spaß und die Kommunikation wirkt selbstverständlich.

Die Kleins sorgen für Überraschungen auf vielen Turnieren. Die Laufnummer wird durch die Schnelligkeit entschieden. Viele Schiedsrichter wundern sich, weil Julia trotz ihres Alters so schnell ist. Auch ist es ungewöhnlich mit einem Labrador zu laufen. Meist sind es klassische Zughunde, der Rasse Husky oder Schäferhund, die teilnehmen. Der Start erfolgt in einminütigen Abständen, die Rennstrecke führt durch ein hügeliges Gelände. Manchmal wird Luna während des Laufs von größeren Hunden gemobbt. „Die knurren oder versuchen zu schubsen“, erzählt die Schülerin. Dann müsse sie schnell reagieren, damit ihre Partnerin nicht verunsichert ist. An das Gewinnen denkt Julia beim Start nicht. „Da zählt nur der nächste Schritt“, sagt sie. Ihre bisherige beste Laufzeit auf 2000 Meter ist 6:14 Minuten. Mit diesem Ergebnis gewann Julia die Bayerischen Meisterschaften im Juni.

Manchmal führen Wettrennen durch einen angelegten Parcours. Bild: Karin Klein
Manchmal führen Wettrennen durch einen angelegten Parcours.
 
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