Kirchenraub in Schönsee: Pfarrer lässt Gotteshaus vorerst zusperren

Schönsee
22.06.2022 - 17:19 Uhr
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Der Diebstahl einer Madonna aus der Pfarrkirche Schönsee ist schon das zweite Raubdelikt innerhalb vier Monaten. Während das Landeskriminalamt die Ermittlungen leitet, reagiert auch der Stadtpfarrer.

Kirchenpfleger Peter Scharnagl ist auch nach Tagen noch ganz perplex: „Es kann doch nicht sein, dass einfach jemand in die Kirche spaziert und eine Figur rausnimmt.“ Stadtpfarrer Wolfgang Dietz hat auf den Raub einer handgeschnitzten Marienstatue aus der Pfarrkirche St. Wenzeslaus reagiert: „Wegen erneutem Diebstahl ist die Kirche nur noch zu Gottesdiensten geöffnet“ steht auf einem Zettel an den beiden Eingangstüren zu lesen. „Wir müssen etwas tun, aber die Kirche ist nicht dafür gebaut worden, dass sie zugesperrt ist“, bedauert der Geistliche im Gespräch mit Oberpfalz-Medien.

Wie er anfügt, ist es bereits das zweite Delikt innerhalb kurzer Zeit: Im Februar wurden vier 120 Jahre alte Kerzenleuchter (Wert 1500 bis 2000 Euro) vom Altar entwendet und sind bisher nicht wieder aufgetaucht. Pfarrer und Kirchenpfleger sind sich einig: Die Sicherung der Figuren oder eine Videoüberwachung wären zu aufwendig. „Die Kirche ist doch kein Hochsicherheitstrakt“, so Dietz.

Bügelschloss geknackt

Josef Bayer, seit sechs Jahren Mesner in der Stadtpfarrkirche, hat den Diebstahl am 16. Juni entdeckt. Als am Nachmittag des Fronleichnamfestes die zwei gelb-weißen Fahnenbänder, die den Altarraum seit Pfingsten schmückten, abgenommen wurden, fiel ihm das Fehlen der „Schmerzensmadonna“ beim Eingang zur Sakristei auf. „Ich hatte zuletzt am Samstag vorher Dienst und da war die Figur noch da“, bekräftigt Bayer und erklärt: „Ich hab mir seit Februar einen Rundumblick angewöhnt.“ Der Tatzeitpunkt kann deshalb zwischen Samstag, 11. Juni, um 21 Uhr und Donnerstag, 16. Juni, um 16 Uhr eingegrenzt werden. Die 75 Zentimeter hohe Heiligenfigur war mit einem Bügelschloss gesichert und wurde vom Dieb samt Metallhaken aus der Wand gerissen. Der Sockel blieb zurück. Er wurde von der Polizeiinspektion Oberviechtach abgenommen und zur Spurensicherung weitergeleitet, nachdem das Bayerische Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen hat.

„Seit der Renovierung in den 1970er-Jahren, wo die Kirche dem damaligen Trend zollend ziemlich ausgeräumt wurde, haben wir eh nicht mehr viel da“, bedauert der Mesner beim Blick auf die ziemlich kahlen Kirchenwände. Die geschnitzten Prozessionsstangen will er jedenfalls anschrauben, „damit sie keine Füße bekommen“.

Die etwa 100 Jahre alte Statue fehlt nun auf der rechten Seitenwand unter dem Bild der Schutzmantelmadonna. Sie ist ebenso wie der daneben „sitzende Geißelheiland“ das Werk eines unbekannten Künstlers und wird auf einen Wert von rund 5000 Euro geschätzt. Auch wenn die Darstellung der „Schmerzensmadonna“ sehr selten sei, „es ist vor allem der ideelle Wert“, bedauert der Kirchenpfleger.

Kein Dauerzustand

Der 72-jährige Mesner kennt die Madonna schon seit er Ministrant war. Während er die Pfarrkirche in der Vergangenheit jeden Tag um 8 Uhr aufsperrte und gegen 21 Uhr wieder abschloss, ist jetzt nur noch zu den Gottesdiensten geöffnet. Das soll kein Dauerzustand sein. „Wir wollen während des Tages wieder aufsperren, sonst bricht wieder etwas weg“, sagt Pfarrer Wolfgang Dietz im Hinblick auf die aktuelle Situation in der katholischen Kirche. „Viele Leute setzen sich für kurze Zeit in die Bänke, genießen die Ruhe und Stille und betrachten den Raum.“ Das will er wieder ermöglichen und im nächsten Pfarrbrief eine Erklärung bezüglich des erneuten Raubdelikts abgeben. „Mittlerweile sind viele Kirchen wegen Vandalismus zugesperrt, Schönsee ist da kein Einzelfall“, gibt Kirchenpfleger Peter Scharnagl zu bedenken. Auch wenn „Profis ermitteln“, hat er wenig Hoffnung, dass die geraubte Heiligenfigur wieder auftaucht.

Kirchenraub gilt als schwerer Diebstahl:

Kirchenraub gilt als schwerer Diebstahl

  • Kirchenraub: Diebstahl von Gegenständen aus einer Kirche bzw. der Diebstahl von geweihten Gegenständen, die dem Gottesdienst dienen.
  • Schwerer Diebstahl: Nach deutschem Strafrecht werden Kirchendiebstähle als "besonders schwerer Fall" eingestuft.
  • Strafmaß: Freiheitsentzug von drei Monaten bis zu zehn Jahren möglich.
Schönsee21.06.2022
 
 

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