Schönsee: Heiliger Nepomuk zieht um ins Zentrum

Schönsee
04.09.2020 - 08:03 Uhr

Als Mensch aus Fleisch und Blut müsste er jetzt die Koffer packen. Weil der Nepomuk am Ortsrand von Schönsee aus Stein ist, managen andere für ihn den Umzug in die Stadtmitte. Dort erwartet ihn nicht nur ein perfekter Platz.

Der doppelte Nepomuk soll umziehen:Von der grünen Wiese am Ortsrand rückt er vor ins Zentrum von Schönsee und soll künftig unmittelbar neben dem Centrum Bavaria Bohemia vor dem Zäch-Anwesen über die bayerisch-böhmischen Beziehungen wachen.

Der Heilige aus Schönsee hat nicht wenige Doppelgänger: Als Nationalheiliger Böhmens ist der Nepomuk in Form einer Statue ausgesprochen populär. Eine kulturhistorische Besonderheit ist die Gestaltung als doppelköpfige Statue, wie sie bisher am Ortsrand der Stadt von Gaisthal aus kommend auf der linken Seite mitten im Grünen positioniert war.

"Gut zu sehen war er da nicht", meint Veronika Hofinger, Leiterin des Centrums Bavaria Bohemia (CeBB), die sich auf den neuen Nachbarn freut. Denn der Nepomuk wird direkt neben dem Zäch-Anwesen gegenüber vom CeBB seinen neuen Standort einnehmen.

Typisch für Schönsee

"Da passt er perfekt", ist Hofinger überzeugt. "Der Nepomuk ist ein Wahrzeichen für Schönsee und steht für vieles, was für die Stadt typisch ist." Das beginnt schon bei der Ausrichtung: Ein Kopf blickt nach Westen, also nach Bayern, der andere Kopf blickt nach Osten, nach Böhmen. Ähnlich grenzüberschreitend ist auch das CeBB aufgestellt, und der doppelte Heilige wird als Symbolfigur für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Bayern und Böhmen gesehen.

"Das Denkmal-Amt hat auch zugestimmt", berichtet Bürgermeister Reinhard Kreuzer. "Das ist der richtige Platz, hier fällt er besser ins Auge." Das ist nicht der einzige Vorteil, den der Umzug für die betagte Statue mit sich bringt, die laut Gravur bereits 1799 errichte wurde. "Der Original-Standort war an anderer Stelle", berichtet Hofinger. Man vermute, dass die Statue einst bei einer Grenz-Korrektur des böhmischen Lehensguts Schönsee installiert wurde, irgendwo westlich der Stadt im Bereich der Ascha. Beim Straßenbau sei sie dann umgestellt worden. "30 bis 40 Jahren", schätzt Kreuzer, habe sie dort die Stellung gehalten.

Bezug zum Tatort

"Der Nepomuk steht auch für eine Zeit, in der in diesem Raum beide Sprachen, Deutsch und Tschechisch gesprochen wurden", weiß die CeBB-Leiterin über den Heiligen, der moralische Werte repräsentiert: Er gilt als Wahrer der Beichtgeheimnisse, der seine Prinzipientreue mit dem Tod bezahlte: Er wurde in Prag von einer Brücke in die Moldau gestoßen und soll dort ertrunken sein. "Diese schöne Legende muss aber nicht stimmen, wahrscheinlicher ist, dass hinter dem Mord kirchenpolitische Interessen standen", so Hofinger. Der Bezug zum "Tatort" wird vor allem in Bayern aufgegriffen: Dort steht die Statue oft im Bereich einer Brücke. Die Nähe zu Straßen wirkt sich aber nicht gerade günstig auf den Zustand der Figuren aus.

Pressath30.04.2020

Der Schönseer Nepomuk jedenfalls war an seinem bisherigen Standort an der Straße den Winter über regelmäßig in einer Glasvitrine verpackt. Darauf könne man nun am neuen Platz verzichten, informiert der Bürgermeister. Außerdem werde er künftig beleuchtet und damit ins richtige Licht gerückt. Der Terminplan für den Umzug steht. "Aktuell befinden sich die Außenarbeiten am Zäch-Anwesen in der Endphase, Anfang September ist es soweit", so Kreuzer. Die nächsten 40 bis 50 Jahre dürfte sich dann seiner Einschätzung nach an der neuen "Adresse" nichts ändern.

Schönheitskur

Der Heilige Nepomuk soll seinen Posten auch dann nicht verlassen, wenn er sich im Anschluss an den Umzug einer Sanierung unterzieht. Die Schönheitskur ist fest eingeplant, die Kosten dafür muss die Stadt erst noch ermitteln.

Direkt an der Weidinger Straße, dort wo momentan schwarze Kabel aus dem Boden ragen (im Hintergrund links), soll der Heilige Nepomuk seinen Standort zwischen Zäch-Anwesen und Centrum Bavaria Bohemia beziehen.
Hintergrund:

Politik und Legende

Johannes von Nepomuk ist um 1350 in Pomuk bei Pilsen geboren. Der böhmische Priester und Märtyrer wurde 1729 von Papst Benedikt XIII. heiliggesprochen. Nepomuk gilt als Brückenheiliger und Patron des Beichtgeheimnisses. Nach der Legende, die zur späteren Heiligsprechung führte, weigerte sich Nepomuk, das Beichtgeheimnis zu brechen. Er wollte König Wenzel nicht berichten, was dessen Ehefrau ihm anvertraut hatte, die der Monarch der Untreue verdächtigte. Nach Ansicht von Historikern geriet Nepomuk allerdings wohl eher bei einer Auseinandersetzung König Wenzels mit dem Klerus zwischen die Fronten. Zusammen mit anderen erzbischöflichen Beamten wurde er verhaftet, gefoltert und schließlich von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt. Ertränken war im Mittelalter für Geistliche die übliche Todesstrafe. Die Leiche des im Wasser Treibenden soll der Legende nach von fünf Flammen umsäumt gewesen sein, weshalb der Heilige oft mit fünf Sternen um sein Haupt dargestellt wird. Im tschechischen Aussig (Ústí nad Labem) wird derzeit vom Collegium Bohemicum eine Nepomuk-Datenbank erarbeitet, die Figur aus Schönsee ist bereits in die Liste aufgenommen.

 

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