Falsches Gesundheitszeugnis vorgelegt: Einstellung in zweiter Instanz

Schwandorf
16.05.2023 - 16:00 Uhr
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Wer sich von einem Arztehepaar aus dem Landkreis Schwandorf Atteste zur Impfbefreiung ausstellen ließ, musste bisher teils hohe Strafen bezahlen. Jetzt gab es erstmals eine Verfahrenseinstellung – mit bemerkenswerter Begründung.

In zweiter Instanz wurde das Verfahren gegen eine 40-Jährige, die in einem Kindergarten ein falsches Attest für ihren Sohn vorgelegt hatte, eingestellt.

Die Frau auf der Anklagebank blickte zurück auf eine Verhandlung, die im Dezember vergangenen Jahres in Schwandorf über die Bühne ging. Sie sei dort "nicht gerade freundlich behandelt worden", beklagte sie sich und berichtete der 3. Strafkammer des Amberger Landgerichts, dass es im Januar des Jahres 2020 Fahrten von ihrer Wohnung im südöstlichen Kreis Schwandorf zu einem im Raum Nittenau praktizierenden Arztehepaar gab. "Mehrere Besuche", wie sie betonte und auf ihren damals im Vorschulalter befindlichen Sohn zu sprechen kam.

"Es ging darum, ob der Junge gegen Masern geimpft werden sollte", wurde den drei Richtern dargelegt und ergänzt, die Gespräche dazu seien teilweise in Anwesenheit des Buben und streckenweise auch ohne ihn geführt worden. Ergebnis: Das Kind bekam ein Attest, in dem von lebenslanger Befreiung mit Blick auf alle Arten von Impfungen die Rede war. "Gegen nicht geringe Bezahlung", wie es im Ersturteil aus Schwandorf hieß. Dort hatte die 40-Jährige eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 Euro (3000 Euro) wegen der Vorlage eines falschen Gesundheitszeugnisses erhalten.

Die Bescheinigung war seinerzeit bei der Leitung eines Waldkindergartens eingereicht worden. Dort schöpfte man Verdacht und leitete das Attest an das Schwandorfer Landratsamt weiter. Von dort aus ging das Papier zur weiteren Einordnung an die Amberger Staatsanwaltschaft. Als dies im Berufungsverfahren zur Sprache kam, ergab sich plötzlich ein Aspekt, der in vorangegangenen deckungsgleichen Verfahren nie erörtert wurde.

Was der Vorsitzende Richter Peter Hollweck aus der damals gültigen Rechtsgrundlage zitierte, ließ erstaunen. Nämlich: Nur, wer eine solche offenkundig falsche Bescheinigung bei Behörden oder Versicherungsgesellschaften einreichte, machte sich strafbar. Richter Hollweck blieb auf dieser Spur und sah "in einem Waldkindergarten keine Behörde." Woraus sich für den Vorsitzenden die Frage ergab: "Konnte die Angeklagte damit rechnen, dass das Impfbefreiungs-Attest für ihren Sohn an die Behörde Landratsamt weitergeleitet werden würde?" Das verneinte er und fand Zustimmung bei allen Prozessbeteiligten.

Damit war allerdings der Weg in Richtung Freispruch, den die Beschuldigte und ihre Anwältin Anna Schwarz (Regensburg) gerne gehabt hätten, nicht geebnet. "Wir können eine Verfahrenseinstellung ohne Geldauflage machen", stellte der Kammervorsitzende zur Diskussion. Damit muss die 40-Jährige ("Ich habe das Attest nicht grundlegend hinterfragt") ihre Anwaltskosten selber tragen. Sie stimmte der Lösung zu und auch Staatsanwalt Fabian Hofmann tat das.

 
 

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