Schwandorf
18.09.2024 - 17:52 Uhr

"Goldener Oktober" bringt die Kebbel-Villa zum Klingen

Auf das „Lebenselixier“ Mozart verzichtet der künstlerische Leiter des „Goldenen Oktobers“ in Schwandorf diesmal. An Facettenreichtum fehlt es dem Querschnitt von Klassik bis Moderne trotzdem nicht, wie Christoph Soldan vorab verraten hat.

Sechs Konzerte präsentiert das Oberpfälzer Künstlerhaus in der Kebbel-Villa dem Publikum in der Reihe „Goldener Oktober“ und hält es dabei wie das berühmte Oktoberfest in München: Der Startschuss fällt, Name hin oder her, im September, im Schwandorfer Fall am Donnerstag, den 20. September, mit Pierluigi Camicias Interpretationen großer Klavierklassiker von Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Frédéric Chopin.

Dass der künstlerische Leiter als Pianist ein ausgewiesener Mozart-Spezialist ist, spielt bei der Auswahl im Vorfeld eine untergeordnete Rolle: „Man muss abwägen zwischen dem Angebot der Künstler und den eigenen Wünschen“, sagt Christoph Soldan im Telefoninterview. Sein Ziel, auch diejenigen zu begeistern, die keine Klassikspezialisten sind, erreicht er in dieser sechsten Auflage unter anderem auch mit den Schlesischen Kammersolisten und ihrem „sehr gekonnten Crossover“ von Chopin bis Elvis Presley, zu hören am Tag der Deutschen Einheit.

Darüber hinaus setzt der künstlerische Leiter konsequent auf Qualität und sorgfältige Auswahl: „Man muss das Vertrauen des Publikums gewinnen und das gelingt auf Dauer nur mit hohem Niveau und Zuverlässigkeit“. In den ganzen Jahren musste nur ein Konzert geändert und mit ihm als „Einspringer“ gerettet werden. Dass der „Goldene Oktober“ in den Pandemie-Jahren immer in das Zeitfenster erlaubter Veranstaltungen gefallen sei, habe den Verantwortlichen "den Kopf gerettet".

Kontrast zum Wiesn-Spektakel

Von den Synergien zwischen Soldans Tätigkeit als konzertierender Pianist und künstlerischer Leiter diverser anderer Reihen und Festivals profitiert die Schwandorfer Veranstaltungsreihe zusätzlich – sei es, weil er die Gäste bereits andernorts persönlich kennengelernt und erlebt hat, sei es durch Empfehlungen anderer Kollegen. Der gute Ruf, den sich der vom ihm selbst betitelte und als Kontrastprogramm zum Münchner Volksfestspektakel gedachte „Goldene Oktober“ mittlerweile erarbeitet hat, lockt zusätzlich.

In der diesjährigen Ausgabe wechselt Christoph Soldan übrigens am Sonntag, 22. September auch kurz die Perspektive vom Organisator zum aktiven Musiker: Am von ihm sehr gelobten Steinway B-Flügel wird er zusammen mit dem Ludus Streichquartett Robert Schumanns Klavierquintett Es-Dur op. 44 darbieten: „Ein virtuoses Werk des frühen 19. Jahrhunderts, das Robert Schumann seiner Frau, der exzellenten Pianistin Clara Schumann gewidmet und mit dem er den Archetypus dieser Werkkategorie geschaffen hat. Ich liebe dieses Werk sehr und werde nie müde, es zu spielen – große Musik“.

Begegnung mit Leonard Bernstein

Kennengelernt und erstmals erarbeitet hat Soldan das Werk vor 36 Jahren als Student beim von Pianist Justus Frantz initiierten Schleswig-Holstein Musik Festival. Dort kam er übrigens auch zu einem Engagement, das Himmel und Hölle zugleich war: Weil Dirigent Leonard Bernstein wider Erwarten keinen Pianisten dabei hatte, wurde Ersatz unter den 12 Meisterschülern des Festivals gesucht. Soldan war der einzige, der sich der Mammut-Aufgabe zu stellen wagte, unter anderem den anspruchsvollen, diffizilen Klavierpart in Schostakowitschs 1. Sinfonie innerhalb von zehn Tagen zu erlernen. Der Lohn war eine anschließende Tournee mit den Stationen London und Moskau und vor allem die Begegnung mit der „unglaublich charismatischen“, damals aber schon vom Alkohol gezeichneten Musiker-Legende Bernstein: „Von seiner großen Erfahrung kann man nur profitieren. Das braucht man als junger Musiker“.

Prägend für Soldan war aber auch die Zeit mit dem international renommierten und geschätzten Pianisten und Dirigenten Christoph Eschenbach: „Er war ein sehr charismatischer Lehrer. Mit ihm habe ich die Klaviersonate op. 1 von Alban Berg studiert. Er ist ein großer Musiker, der mir visionär Wege aufgezeigt hat, das war sehr beeindruckend“.

Mittlerweile ist es am Schüler als künstlerischem Leiter des „Goldenen Oktobers“ das Publikum mit unterschiedlichen Programmen und Stilen zu beeindrucken, die wiederum unterschiedliche Anknüpfungspunkte der Emotion bieten. Und damit alle auch zur Gänze genießen können, was sie akustisch erleben, wird Christoph Soldan allen sechs Veranstaltungen kurze Einführungen voranstellen.

HINTERGRUND:

Zur Veranstaltungsreihe "Goldener Oktober" im Oberpfälzer Künstlerhaus Kebbel-Villa in Schwandorf, Tickets bei allen bekannten Vorverkaufsstellen

  • *Eröffnungskonzert mit Pianist Pierluigi Camicia* am Freitag, 20. September um 19.30 Uhr, Werke von Beethoven, Schubert und Chopin
  • *On the Road*, Matinee mit dem Ludus Streichquartett und Pianist Christoph Soldan am Sonntag, 22. September um 11 Uhr, Werke von Riley, Glasunov, Marquez, Puccini und Schumann
  • *Zauber der Harfe* mit Floraleda Sacchi am Samstag, 28. September um 19.30 Uhr, Werke von Bach, Sakamoto, Saint-Saëns, Jóhannson, Louie, Albéniz und Hasselmans
  • *Calliope-Duo* Sarah Stamboltsyan (Klavier) und Artashes Stamboltsyan (Violine) Matinee am Sonntag, 29. September um 11 Uhr, Werke von Corelli, Schumann, Wagner, Zemlinski,Golle, Bartók und Brahms
  • *Von Chopin bis Elvis Presley* mit den Schlesischen Kammersolisten und Pianist Ulugbek Palvanov am Donnerstag, 3. Oktober um 17 Uhr, Werke von Chopin und Zboch
  • *Finale* mit Pianist Giovanni Umberto Battel und Johannes Brahms´Klaviersonate f-Moll op. 5, Matinee am Sonntag, 6. Oktober um 11 Uhr
 
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