Schwandorf
12.09.2022 - 09:35 Uhr

Hey, Jungs, das ist echt schön!

Er ist die Ausnahme. Der Mann unter lauter Frauen. Aziz Hosseini hat sich bei der Berufswahl für einen Job entschieden, bei dem ansonsten meistens die Mädchen zugreifen. Es gefällt ihm – auch wenn's nicht immer ganz leicht ist.

Ein Stück Kuchen noch zu den Semmeln, ein Bauernbrot und dann bitte vier Krapfen ... Wenn in der Bäckerei solche Wünsche der Kunden erfüllt und eingepackt werden, dann sind üblicherweise die Verkäuferinnen am Zug. Aber eben nicht immer. Denn Aziz Hosseini gibt es ja schließlich auch noch. Der junge Mann ist eine nicht alltägliche Ausnahme.

Der 20-Jährige, der in Afghanistan geboren wurde und seit fast vier Jahren nun in Schwandorf lebt, hat sich da keinen ganz alltäglichen Männerberuf ausgesucht. Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandwerk / Bäckerei heißt er genau und ist die offizielle Bezeichnung für das, was man allgemein als Bäckereifachverkäufer kennt. Aziz fühlt sich damit sehr wohl. Wenn andere junge Männer in seinem Alter an Autos schrauben, Werkstücke fräsen oder an Computern tüfteln, sorgt er dafür, dass seine Kunden gut zu essen haben.

Denkt er an seinen ersten Arbeitstag zurück, erinnert sich der junge Mann an eine ganze Flut unterschiedlicher Empfindungen: "Es war stressig", schmunzelt er rückblickend. "Ich war neugierig aber auch ein bissl aufgeregt, weil ja alles noch so neu war." Das hat sich mittlerweile natürlich gegeben und Aziz hat sich super in seinem (für einen Mann auch heutzutage noch immer ungewöhnlichen) Beruf eingelebt.

Immer gerne mit Kunden in Kontakt

Was ihn am Bäckerei-Verkauf so besonders gut gefällt? Dafür muss der junge Schwandorfer gar nicht lange überlegen. "Ich mag es, mit den Leuten Kontakt zu haben und verschiedene Kulturen kennenzulernen", sagt er. Klar, mit vielen Menschen kommt er tagtäglich in Kontakt – denn Brot & Co. mag und braucht ja wirklich jeder.

Und auch die Tatsache, dass seine Schichten in der Bäckerei Schaller bei Rewe in Schwandorf manchmal recht früh um 5 Uhr beginnen, stört Aziz nicht. "Ich mag früh aufstehen – dann hab' ich einen langen Tag", freut sich der junge Mann. Ab 14 Uhr ist dann ja auch schon Schluss mit der Arbeit. Steht eine der späteren Schichten zum Beispiel bis 20 Uhr auf dem Dienstplan, muss der angehende Fachverkäufer eben erst um 11 Uhr anfangen und hat den Vormittag zur freien Verfügung. Auch nicht übel.

Schichtarbeit ist ja nicht immer jedermanns Sache – aber Aziz hat sich ganz bewusst für dieses Arbeitszeitmodell und den Lebensmittelhandel entschieden. "Ich wollte Schichten – und dann habe ich ja außerdem auch noch an einem Tag unter der Woche frei", sagt er. Gerade, wenn man auch mal private Dinge oder Behördengänge zu erledigen hat, sei das doch ungeheuer praktisch, freut sich der gebürtige Afghane.

Mit Sprachbarrieren hat er übrigens so gut wie gar nicht mehr zu kämpfen. Nach seiner Ankunft in Schwandorf hat Aziz an der Schule einen Sprachkurs gemacht und es läuft richtig gut mit dem Deutschen.

Vorurteile nerven echt

Auch mit dem – vorsichtig formuliert – deutlichen Frauenüberschuss in seinem Beruf hat der angehende Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandwerk keinerlei Probleme. Ob in der Schule oder vor Ort im Betrieb allein als Mann unter lauter Mädchen und Frauen – "für die Kundschaft mag das vielleicht etwas komisch ausschauen, aber für mich gar nicht", sagt Aziz schulterzuckend. Für ihn ist es einfach sein Job, der ihm Freude macht. Ganz normal. Nichts weiter. Nichts Besonderes.

Deshalb kann er es auch schwer nachvollziehen, wenn manche Kunden ihm als Mann unter lauter Frauen beim Abschied nach dem Einkaufen statt "Auf Wiedersehen" ein offensichtliches, augenzwinkerndes "Viel Spaß noch" wünschen. "Die glauben, das ist ein Spaß als Mann unter lauter Frauen – aber für mich ist es ganz einfach nur meine Arbeit ...", sagt er kopfschüttelnd. Manche Leute sind wohl noch immer nicht so recht im Jahr 2022 angekommen, scheint es.

Und wie soll es nach Abschluss der Ausbildung weitergehen? Dafür hat Aziz, der jetzt ins dritte Lehrjahr kommt, auch schon erste Pläne. "Ich möchte auf jeden fall noch zwei Jahre in diesem Beruf bleiben", sagt er. "Oder auch länger, wenn es mir immer noch gefällt." Und wenn nicht? "Dann bin ich offen für Neues", erzählt der junge Mann. "Cool wäre es zum Beispiel, irgendwann in Zukunft eine eigene Bäckerei zu haben und eigene, gesunde Produkte anzubieten."

 
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