Jagdszenen in Schwandorf: Keiler schreckt Hortkinder auf und verletzt Seniorin

Schwandorf
06.10.2022 - 18:01 Uhr
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Ein mehrere Kilometer durch Schwandorf ziehender Keiler sorgt am Mittwochnachmittag für Jagdszenen. Er versetzt Hortkinder in helle Aufregung, attackiert Bauarbeiter, beißt eine 83-Jährige und verschwindet in Ettmannsdorf-West im Wald.

Im AWO-Kinderhort an der Siemensstraße sind Schüler der Lindenschule gegen 15.30 Uhr gerade mit den Hausaufgaben beschäftigt. Plötzlich läuft ein ausgewachsenes, zentnerschweres Wildschwein durch den Pausenhof. Sieht sich um, streift an den Fußballtoren vorbei und verschwindet auf dem Nachbargrundstück. Die Aufregung ist groß, an Hausaufgaben nicht mehr zu denken, auch wenn der ungebetene Besucher nur ein kurzes Gastspiel gibt. "Manche Kinder haben noch nie ein Wildschwein gesehen", sagt der stellvertretende Hortleiter Jakob Geissler zu Oberpfalz-Medien am Telefon. Auch selbst traue man erst einmal seinen Augen nicht, schließlich lägen Schule und Hort der Arbeiterwohlfahrt in bebautem und bewohntem Stadtgebiet. Nicht weit von der Schule an der Siemensstraße entfernt, verläuft die viel befahrene Regensburger Straße.

Die Hortmitarbeiter tun zweierlei. Sie alarmieren umgehend die Polizei und bitten anschließend die Eltern, ihre Kinder vom Hort abzuholen. Denn ungefährlich ist ein durch die Stadt streunendes zentnerschweres Wildtier nicht. Sowohl Jakob Geissler als auch Schulleiterin Ella Vierl sind erleichtert, dass sich keine Schüler auf dem Pausenhof aufhielten. "Am Mittwoch waren wir nicht draußen", sagt Geissler. Nicht selten wird der Hof nachmittags genutzt. Die Schulleiterin, die am Mittwochnachmittag noch in ihrem Büro ist, bemerkt den "Besuch" nicht, aber am Donnerstag ist der Keiler natürlich Thema Nummer eins an der Schule. Und nicht nur da.

Bauarbeiter attackiert

Mit der ersten Meldung, die nach Polizeiangaben um 15.43 Uhr auf der Schwandorfer Dienststelle eingeht, steht das Telefon nicht mehr still. Passanten und Bürger rufen an, mit dem Hinweis eine Wildsau laufe durch die Stadt. Von der Lindenschule aus, rennt der Keiler aufs Nachbargrundstück. Er attackiert dort Bauarbeiter, die mit Abrissarbeiten beschäftigt sind. Alle bleiben unverletzt. Die Polizei rückt angesichts der Brisanz mit vier Streifenbesatzungen aus und zieht den Jagdpächter hinzu. Die Route des Wildschweins ist nicht detailliert nachzuverfolgen. Jedenfalls wird das 150 bis 200 Kilo schwere Tier in der Aussiger Straße gesichtet. Es überquert die Dachelhofer Straße Richtung Ettmannsdorf.

"Bleiben Sie daheim!"

Am Ortsrand, berichtet der stellvertretende Schwandorfer PI-Leiter Franz-Xaver Michl, versuchen Beamte das Tier zu stellen. Es gelingt ihnen, das Wildschwein fast einzukreisen, doch es springt kurzerhand in die Naab, durchschwimmt den Fluss und nimmt Kurs auf Ettmannsdorf-West. Dort arbeitet eine 83-Jährige an diesem sonnigen Oktobernachmittag im Garten. Der Keiler beißt sie in den Oberschenkel und rennt weiter. Eine Anwohnerin erzählt Oberpfalz-Medien, dass sie gerade mit ihrem Hund Gassi gehen will, als sie ein weiterer aufgeregter Anwohner warnt: "Bleiben Sie daheim!"

Nachbarn kümmern sofort sich um die stark blutende Seniorin, erzählt die Anwohnerin weiter. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes leistet eine Streifenbesatzung Erste Hilfe. Trotz des großen Blutverlustes ist die Frau nur leicht verletzt, wurde aber vorsorglich ins Schwandorfer Krankenhaus gebracht, teilt die Polizei mit.

Der Keiler macht sich danach aus dem Staub und verschwindet im schützenden Wald. "Letztlich haben wir großes Glück gehabt", sagt Franz-Xaver Michl angesichts des kilometerlangen Streifzugs des Keilers vom Lindenviertel bis Ettmannsdorf-West. Ein Reitunfall in Wernberg-Köblitz im August, dessen Auslöser vermutlich ein Wildschwein war, geht nicht so glimpflich aus. Eine Elfjährige stirbt.

Wernberg-Köblitz07.08.2022
Hintergrund:

Schwarzwild

  • Wildschweine zählen zum Schwarzwild und gelten als wehrhaft.
  • Streifzüge durch bewohntes Gebiet sind außergewöhnlich, außer in Berlin. Dort leben wegen der großen Grünflächen Wildschweine in der Stadt.
  • Menschen sollen Abstand halten, nicht auf das Tier zugehen und es nicht in die Enge treiben.
  • Hunde sind unbedingt an die Leine zu nehmen. (Quelle: MdL Alexander Flierl, Regierungsbezirksvorsitzender des
    Bayerischen Jagdverbandes)
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