LEO träumt: Benedikt Gruber über emotionale Momente und seinem Traum, bald wieder vor Ort anpacken zu können

Schwandorf
20.12.2021 - 13:23 Uhr
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Es ist pures Glück, dass die Helfer Kindern in Osteuropa schenken. Jedes Jahr sammeln sie für den Weihnachtspäckchenkonvoi, der sich im Dezember auf den Weg macht. Eine Reise, die auch Benedikt Gruber vom Round Table Schwandorf erlebte.

Benedikt Gruber vom Round Table 185 Schwandorf erlebte Gänsehautmomente, als er den Weihnachtspäckchenkonvoi nach Osteuropa begleitete.

„Wir sind ein Zusammenschluss junger Männer, die gemeinsam anpacken und etwas erreichen“, sagt Benedikt Gruber vom Round Table 185 Schwandorf. Gemeinsam mit seinen Kollegen des Tisches organisiert der derzeit amtierende Tischpräsident die Aktion Weihnachtspäckchenkonvoi im Kreis Schwandorf (der Tischpräsident ist jeweils für ein Jahr im Amt). Ihr Grundgedanke ist: „Kinder helfen Kindern.“ Viele Kindergärten und Schulen aus dem Landkreis machen mit.

Gemeinsam mit ihren Eltern oder beispielsweise als Schulklasse packen die Kinder Weihnachtspakete, zum Beispiel mit Spielsachen, Süßigkeiten und Schreibwaren. Die Tabler in Schwandorf holen die gepackten Päckchen von den Schulen und Kindergärten ab und bringen sie zu einer Sammelstelle. Benedikt Gruber ist glücklich über die Hilfsbereitschaft der Menschen, denn die sei heuer stärker als üblich. „Wir haben jetzt schon die Tausend geknackt. Das ist eine Rekordzahl. So viel hatten wir noch nie. Ich freue mich, dass wir das geschafft haben.“ Normalerweise kämen rund 600 Pakete zusammen. „Es geht aber nicht unbedingt darum, dass man jedes Jahr Rekorde knackt“, fügt er hinzu.

Ein Gänsehautmoment

Es drehe sich eher darum, dass die Kinder aus dem Landkreis verstehen, was mit ihren gepackten Päckchen passiert. „Man sieht es ja auch beim Abholen. Die Kinder strahlen. Sie wissen, sie tun etwas Gutes und es bedeutet ihnen etwas. Und sie wissen ganz genau, was mit den Paketen passiert.“ Das sei in erster Linie den Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern zu verdanken. Von ihnen lernen die Kinder etwas über die Hilfsaktion – eine Aufgabe, die normalerweise die Tabler übernehmen, die wegen Corona allerdings pausiert.

Die Päckchen bringen Helferinnen und Helfer im Dezember zu bedürftigen Kindern in entlegenen und ländlichen Gebieten in Osteuropa. Jedes Jahr macht sich ein Konvoi aus mehreren Lkw von der Stadt Hanau in Hessen auf den Weg nach Bulgarien, Moldawien, Rumänien und in die Ukraine zu Waisen- und Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen, Kindergärten und Schulen. „Wenn die Lastwägen und Busse losfahren sind auch die ganzen Straßen in Hanau gesperrt. Das ist schon ein Moment, in dem man echt Gänsehaut bekommt“, beschreibt Benedikt Gruber die Abfahrt des Konvois, wie er sie 2019 erlebt hat.

Die Fahrzeuge haben insgesamt rund 150.000 Weihnachtspakete an Bord. Normalerweise fahren ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus ganz Deutschland mit in die osteuropäischen Länder und sind dort eine Woche lang unterwegs, um die Pakete zu den Kindern zu bringen. Locals, Menschen, die in Osteuropa leben und sich vor Ort auskennen, unterstützen den Konvoi, da sie wissen, in welchen Einrichtungen wie viele Päckchen benötigt werden.

Emotionale Tage

Benedikt Gruber begleitete den Konvoi 2019 nach Ostrumänien nahe der Grenzregion zu Moldawien. „Das ist wirklich die ärmste Region in Rumänien. Es ist ohnehin nicht unbedingt ein sehr reiches Land. Und da ist es wirklich so, wie man es möglicherweise aus Reportagen kennt. Da fahren mehr Kutschen als Autos auf den Straßen. Und die Autos die man sieht, da weiß man, die hätten bei uns schon seit zehn Jahren keine TÜV-Plakette mehr bekommen“, schildert der 32-Jährige seine Eindrücke seiner damaligen Mitreise. Die schönsten Orte am Land seien die Schulen und die Kindergärten, sagt er. „Ich denke, die Kinder gehen gerne in die Schule“, ergänzt er. Es seien beheizte Orte, allerdings nicht zu vergleichen mit Schulen in Deutschland. „Meistens ist es so, dass irgendwo ein Kachelofen in der Ecke steht.“

In den Familien der Kinder herrschten teilweise deprimierende Situationen, etwa wegen Arbeitslosigkeit der Eltern. Für die Kinder, die der Konvoi mit Weihnachtspäckchen versorgt, sei es meist das einzige Geschenk im Jahr. „Das weiß man vorher und das nimmt man auch irgendwie mit.“ Live vor Ort sei es dann noch einmal etwas Besonderes, wenn man sehe, wie sich die Kinder alle riesig freuen, beschreibt Benedikt Gruber. Bis zu sechs Einrichtungen besuchen die Helferinnen und Helfer während eines Tourtages. „Es waren schon sehr emotionale Tage“, erinnert er sich. Ab und zu seien auch Tränen geflossen.

„Nicht, weil der Umstand vor Ort so schlimm war, sondern weil man gewusst hat, die kommen da einfach nicht weiter. Die Kinder sind dort, weil die Eltern einfach keine Möglichkeiten haben, sie zu versorgen“, beschreibt er beispielsweise einen Einsatz in einer Einrichtung für behinderte junge Menschen. „Man will ja vor den Kindern nicht immer in Tränen ausbrechen. Weil es ja grundsätzlich etwas Schönes ist, das wir machen und nichts Trauriges. Sie haben einen schönen Moment mit uns.“ Um sich zu bedanken, hätten die Kinder häufig auch etwas für die Päckchenboten einstudiert, beispielsweise Weihnachtslieder – für Benedikt Gruber sei es bei seinem Einsatz vor zwei Jahren ein Gänsehautmoment gewesen, als die Kinder als Zeichen ihrer Dankbarkeit etwas gesungen haben.

Jedes Paket kommt an

Er beschreibt, wie es normalerweise vor Ort abläuft: „Wir packen mit den Kindern gemeinsam die Geschenke aus.“ Zwar bereits einige Tage vor Weihnachten, doch das gemeinsame Auspacken zu diesem Zeitpunkt habe einen bestimmten Grund: „Es sind immer mal wieder Pakete dabei, die nicht so prall gefüllt sind oder nicht unbedingt das Richtige dabei ist“, erklärt er. Denn die Päckchen sind in verschiedene Gruppen eingeteilt: Kindergarten, Grundschule und Teenager. „Wenn wir mit dabei sind, können wir das entsprechende Paket austauschen oder etwas dazulegen.“ So lief es zumindest in der Zeit vor der Pandemie – in einigen Ländern verhindert sie, dass die Helferinnen und Helfer derzeit direkt vor Ort die Päckchen ausfahren und mit auspacken können.

Zu Rumänien und Moldawien weiß Benedikt Gruber, dass die Pakete dort in diesem Jahr ohne Helferinnen und Helfer ausgefahren werden. Wie bereits im vergangenen Jahr werde die Paketlieferung von den Fahrzeuge aus Deutschland in die Länder gebracht und dort von Locals an die einzelnen Einrichtungen verteilt. „Es ist trotzdem jedes Paket angekommen – aber halt anders“, beschreibt er die Aktion in 2020. „Das Leid dort ist ja dennoch vorhanden und Weihnachten ist ja trotzdem. Deshalb kann man nicht sagen, dass man zwei Jahre eine Pause macht und erst danach wieder weiter.“ Seiner Meinung nach sei es wichtig, dass die Aktion auch während der Pandemie weiterlaufe. Sein größter Wunsch: „Dass es wieder so wird, wie vor Corona. Dass wir wieder mit in die Einrichtungen fahren können. Weil dann die Hilfe nochmal direkter ankommt, wenn wir mit vor Ort sind.“

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Weiden in der Oberpfalz04.11.2021
Oberpfalz04.11.2021
Info:

Der Weihnachtspäckchenkonvoi

  • Für die Aktion können Frauen, Männer und Kinder Weihnachtspäckchen für bedürftige Kinder in Osteuropa packen und bei Sammelstellen in ganz Deutschland abgeben.
  • Ehrenamtliche Helfer bringen die Weihnachtspäckchen in der Zeit vom 4. bis 11. Dezember mit Lastwägen nach Bulgarien, Moldawien, Rumänien und in die Ukraine. Dort werden sie zu Waisen- und Krankenhäusern, Behinderteneinrichtungen, Kindergärten und Schulen gebracht.
  • Die Aktion ist eine gemeinsame des Ladies Circle Deutschland, Tangent Club Deutschland, Round Table Deutschland, der Old Tablers Deutschland und Freunden. Tische aus ganz Deutschland beteiligen sich an der Aktion. Grundsätzlich kann sich jeder bewerben, als ehrenamtlicher Helfer beim Weihnachtspäckchenkonvoi mitzufahren.
  • Die Kosten für die Reise, Unterkunft und Verpflegung zahlen die Mitfahrer selbst. Rund 2 Euro fallen pro Paket für den Transport an – sie werden durch Spenden sowie durch die Verantwortlichen gedeckt.
Info:

Der Round Table

  • Der Round Table, übersetzt Runder Tisch, bezeichnet sich als Service-Club mit dem Ziel, sich für die Gemeinschaft zu engagieren. Mit Service-Projekten unterstützen die Tabler, wie sich die Mitglieder des Round Table nennen, durch persönlichen Einsatz die Gesellschaft.
  • Die Ursprünge des Round Table liegen in britischen Herrenclubs des 19. Jahrhunderts. Alle Tisch-Mitglieder sind Männer. Deutschlandweit gibt es rund 3500 Mitglieder, international sind es insgesamt rund 40000 in 70 Ländern. Die Mitgliedschaft endet mit der Vollendung des 40. Lebensjahres.
 
 

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