Schwandorf
09.04.2019 - 15:13 Uhr

Müllberge bringen ZMS an die Grenze

Kleiner Riss, große Wirkung: Ein technischer Defekt sorgt für einen Anlieferstopp für Gewerbe und Industrie am Müllkraftwerk. Aber selbst die Reparatur wird ein Grundproblem nicht aus der Welt schaffen.

Die Bunker am Müllkraftwerk Schwandorf sind voll, jetzt ist auch noch eine Linie ausgefallen. Der ZMS verhängte deshalb einen Annahmestopp. Bild: Hösamer
Die Bunker am Müllkraftwerk Schwandorf sind voll, jetzt ist auch noch eine Linie ausgefallen. Der ZMS verhängte deshalb einen Annahmestopp.

Auch, wenn's zur Zeit eng ist: Der Zweckverband Müllverbrennung Schwandorf erfüllt seine Aufgabe. Und das ist zuallererst die Entsorgung von Haus- und Sperrmüll aus dem Verbandsgebiet. Restkapazität steht Industrie und Gewerbe zur Verfügung. Aber dieser Rest wird immer kleiner. Denn: Die Hausmüllmengen wachsen, beobachtet Verbandsdirektor Thomas Knoll.

Der momentane Anlieferstopp für Industrie, Gewerbe und Kleinanlieferer aus dem privaten Bereich (wir berichteten) soll bis zum Freitag, 12. April, gelten und hat zwei Gründe. Zum einen ist die Ofenlinie 4 in geplanter Revision. Die Innenauskleidung des Kessels mit Spezialzement wird erneuert. Kommenden Dienstag könne diese Linie wieder langsam hochgefahren werden, sagte Knoll. Zweiter Grund: Die Ofenlinie 2 musste abgeschaltet werden. In einer Dampfleitung wurde ein feiner Riss festgestellt. Die Leitungen stehen unter 72 Bar Druck. Liefe die Anlage weiter, würde der heiße Dampfstrahl weitere Rohre beschädigen. "Da muss man sofort reagieren und herunterfahren", sagte Knoll. Solche Risse träten trotz bestmöglicher Überwachung immer wieder auf. Mit dem Ausfall beider Linien fehlen dem Kraftwerk rund 900 Tonnen Verbrennungskapazität pro Tag. Unter Vollast werden pro Tag etwa 1500 Tonnen durchgesetzt.

Der Stopp trifft nun vor allem das Gewerbe. Seit vielen Jahren ist die Wirtschaft selbst dafür verantwortlich, einen Entsorgungsweg zu finden. Der ZMS muss den Gewerbemüll nicht annehmen. "Wir hatten seit Januar täglich rund 1400 Tonnen Haus- und Sperrmüll", sagte Knoll im Gespräch mit den Oberpfalz-Medien. Davon ausgehend, würde sich für das ganze Jahr eine Müllmenge von etwa 380 000 Tonnen aus den Haushalten im ZMS-Gebiet mit seinen etwa 1,8 Millionen Einwohnern zwischen Hof und Landshut ergeben. .

Beinahe Gebetsmühlenartig hatten Knoll und Verbandsvorsitzender Landrat Thomas Ebeling zuletzt öffentlich auf die Engpässe bei den Verbrennungskapazitäten (nicht nur) in Bayern hingewiesen. Schon in den vergangenen Jahren hatte der ZMS mehr Müll angenommen, als verbrannt werden konnte, und in andere MKW umgeleitet. Das geht derzeit nicht, auch dort sind die Bonker voll. Der Defekt kommt deshalb doppelt ungelegen.

Weil mehr Hausmüll ankommt, als derzeit verbrannt werden kann, wird in Bodenwöhr Müll bei der Sortieranlage Abfall verpackt und zwischengelagert. Zu allem Übel ist die dortige Zerkleinerungsanlage auch gerade in Revision. Hier konnte aber kurzfristig Ersatz beschafft werden. Erst am Montagvormittag machte Knoll sich in Bodenwöhr ein Bild von der Lage: "Ich stand grade mitten im Müll." Sein geschulter Blick ergab, dass sich auch die Haushalte kräftig an der Nase fassen sollten: Kunststoffe, Verpackungsabfall, Dosen, Pappe in rauen Mengen. Alles Dinge, die in der Hausmülltonne nichts zu suchen hätten. "Bei der Sorgfalt der Trennung ist reichlich Luft nach oben", sagte Knoll.

Die Sortieranlage steht derzeit. "Wir brauchen das Personal für die Verpackung", erklärte der Verbandsdirektor. Angesichts der "Müllqualität" geht er davon aus, dass die Anlage künftig bis zu 60 Prozent Material aussortieren kann, das nicht verbrannt werden muss und zurück in den Stoffkreislauf geht. Das wären dann 6000 bis 10 000 Tonnen im Jahr Kapazitätsgewinn für das Dachelhofener Kraftwerk. Sollten die Müllmengen sich weiter so entwickeln, reicht das trotzdem nicht für den Gewerbeabfall aus der Region.

Auch an der Verfügbarkeits-Schraube will der ZMS drehen, wenn es technisch möglich ist. Die Rauchgasreinigung muss derzeit etwa alle 28 Wochen abgeschaltet und gewartet werden. Dann steht das Kraftwerk, etwa für drei Wochen. Dieser Zyklus soll verlängert werden, ohne dass die Reinigungsleistung sinkt. "Mal sehen, was die Ingenieure vorschlagen", sagte Knoll. Nach Lösungen werde gerade gesucht. "An der Qualität werden wir keinesfalls etwas ändern. Die Reinigung läuft sehr gut und bringt hervorragende Werte". Selbst wenn die Wartungsintervalle der Anlage nur um wenige Wochen verlängert werden müssten, würde das schon ein bisschen helfen.

"Wir hoffen, dass wir am Dienstag nach Ostern wieder die volle Verfügbarkeit haben", sagte Knoll. Er appelliert an das Gewerbe, nicht sofort riesige Mengen anzuliefern. "Wenn dann 3000 oder 4000 Tonnen ankommen, müssen wir die Anlieferung wieder stoppen", sagte Knoll.

Wir hoffen, dass wir am Dienstag nach Ostern wieder die volle Verfügbarkeit haben.

Thomas Knoll, ZMS-Verbandsdirektor

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