Polizeihubschrauber-Besatzung mit Laserpointer geblendet

Schwandorf
05.06.2023 - 13:49 Uhr
OnetzPlus

Die Beamten im Cockpit eines Polizeihubschraubers waren tief verunsichert. Über Minuten hinweg geisterte der stechend grüne Punkt eines Laserpointers in der Kanzel des Helikopters herum. "Der Angreifer hat nicht nachgegeben", sagten sie.

Wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr wurde ein 61 Jahre alter Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Die Frage wurde zwar mehrfach gestellt, doch sie blieb ohne schlüssige Antwort. Sie lautete: Was treibt einen bis dahin stets rechtschaffen durchs Leben gegangenen Mann dazu, sich nachts an ein Fenster seiner Dachwohnung zu stellen und mit einem in Versandhandel bestellten Laserpointer einen Polizeihubschrauber ins Visier zu nehmen? Plausible Erklärungen des 61-Jährigen gab es nicht.

Über seinen Rechtsanwalt Michael Schüll ließ er dem Amberger Schöffengericht mitteilen: "Ich wollte niemanden verletzen, keinen Personenschaden anrichten". Dazu gab es ein Gegenargument von Staatsanwalt Michael Striegl. Er vertrat den Standpunkt: "Wer so etwas macht, nimmt schwere Verletzungen billigend in Kauf".

Am 26. Juli 2022 um 0.15 Uhr befand sich ein zum fränkischen Standort Roth gehörender Polizeihubschrauber in der Oberpfalz. Er stand im Senkflug 300 Meter über der Ettmannsdorfer Straße in der Luft und suchte die Ufer der Naab nach einem aus dem Regensburger Bezirkskrankenhaus als abgängig geltenden Mann ab. Es gab Hinweise, dass er sich in Schwandorf aufhielt.

Schnell aufgefunden

In dem Helikopter saßen drei Polizisten: Der Pilot (26), ein Bordtechniker (27) und ein Operator (25). Ein Team, das über Funk Bodenkontakt zu eingesetzten Streifenwagenbesatzungen der Schwandorfer Polizei hielt. Plötzlich wurde im Cockpit das grüne Licht eines Laserpointers sichtbar. Es geisterte hin und her, war optisch sichtbar auf Opfersuche. Das alarmierte die Besatzung, gab Anlass zu sofortigem Handeln. Der Pilot drehte ab, schaltete vorsorglich die Beleuchtung des Luftfahrzeugs aus.

Als die Crew des Helikopters jetzt vor dem Amberger Schöffengericht die annähernd zehn Minuten dauernde Attacke mit dem Laserpointer schilderte, wurde tiefe Besorgnis deutlich. Um sich vor schweren Augenverletzungen zu wappnen, wurden Spezialbrillen aufgesetzt. Doch selbst damit, so hörte Richterin Kathrin Rieger, seien Hornhautablösungen nicht ausgeschlossen.

Eine Krisenlage, die nach Reaktionen verlangte. Die Männer im Hubschrauber änderten ihr Fahndungsziel. Sie begaben sich auf die Suche nach dem Angreifer, machten ihn unter Einsatz technischer Hilfsmittel ausfindig und lotsten Uniformierte zu dem Haus, in dem der bis dahin anonyme Störer noch immer mit seinem gefährlichen Instrument die Kanzel des Helikopters attackierte. Der Mann kam in Arrest und am anderen Tag vor einen Richter. Der dabei erlassene Haftbefehl wurde unter Erfüllung von Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Nicht als Waffe eingestuft

Eines machte der Prozess deutlich: Bis heute hat der Gesetzgeber nichts getan, um das Instrument Laserpointer unter das Waffengesetz zu stellen. "Es gab immer wieder mal Belästigungen solcher Art", hieß es durch die in eine bedrohliche Lage gebrachten Beamten. Verbunden wurde das allerdings mit der Anmerkung: "So heftig war es bis dahin noch nie." Der Mann auf der Anklagebank entschuldigte sich bei denen, die er gefährdet hatte. Er ließ über seinen Anwalt vier vor dem Pointer-Angriff getrunkene Halbe Bier ins Feld führen und wiederholte immer wieder, dass er niemanden habe verletzen wollen. Doch die Frage des Staatsanwalts war berechtigt: "Weshalb tut jemand so etwas? Das geschieht doch nur, weil die Herbeiführung eines Unglücks beabsichtigt ist."

Tatbestand erwiesen

Die Aufarbeitung des Geschehens am Nachthimmel über Schwandorf dauerte drei Stunden. Staatsanwalt Striegl verlangte 18 Monate Haft mit Bewährung und 6000 Euro Geldauflage für den bis dahin nicht vorbestraften Angeklagten. Anwalt Schüll stemmte sich gegen diesen Antrag. "Neun Monate genügen", hob er hervor und widersprach dem Anklagevertreter: "Mein Mandant wollte den Hubschrauber treffen, nicht aber dessen Insassen."

Das Schöffengericht verhängte zehn Monate Haft, setzte sie zur Bewährung aus und hielt eine Geldauflage von 4500 Euro für angebracht. Erwiesen sei der gefährliche Eingriff in den Luftverkehr, sagte Richterin Rieger in ihrer Urteilsbegründung. Allerdings lasse sich "die vorgefasste Absicht, ein Unglück herbeizuführen", nicht stichhaltig nachweisen.

Hartnäckig agiert

Vergleichbare Entscheidungen, so verdeutlichte sich im Verfahrensablauf, sind bisher kaum vorhanden. Und zwar deswegen: Belästigungen mit Laserpointern mit Blick auf Flugzeugbesatzungen gab es schon eine ganze Reihe. So hartnäckig und offenbar unnachgiebig wie in Schwandorf waren sie bis zu diesem Vorfall aber nicht. In Erinnerung wird ein Satz des Piloten bleiben. Er berichtete: "Es wurde permanent versucht, uns zu treffen. Vorsätzlich und penetrant." Von einem Mann, der sich den Laserpointer eigentlich hatte kommen lassen, "weil man damit einen schönen Sternenhimmel hätte produzieren können."

 
 

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