Schwandorf
13.02.2022 - 09:42 Uhr

Rückenwind aus Schwandorf: Politiker sollen in Rentenkasse einzahlen

Die Forderung, Schluss zu machen mit dem Sonderstatus der Parlamentarier bei der Rente, stößt auf breite Resonanz. Wir haben nachgefragt, wie es die örtlichen Bundestagsabgeordneten damit halten. Es zeigen sich viele Übereinstimmungen.

Der Bund gibt für die Altersentschädigung an ausgeschiedene Mitglieder des Bundestags mehr als 50 Millionen Euro aus Steuermitteln im Jahr aus. Das wird nicht nur öffentlich kritisiert, auch viele Parlamentarier halten dieses System für ungerecht. Bild: dpa/Christin Klose
Der Bund gibt für die Altersentschädigung an ausgeschiedene Mitglieder des Bundestags mehr als 50 Millionen Euro aus Steuermitteln im Jahr aus. Das wird nicht nur öffentlich kritisiert, auch viele Parlamentarier halten dieses System für ungerecht.

Der Bund gibt für die Altersentschädigung an ausgeschiedene Mitglieder des Bundestags mehr als 50 Millionen Euro aus Steuermitteln im Jahr aus, was immer wieder kritisiert wird. Die Abgeordneten Carsten Linnemann (CDU), Ralf Kapschack (SPD), Johannes Vogel (FDP), Matthias M. Birkwald (Linke) und Markus Kurth (Grüne) hatten deshalb vor einem halben Jahr in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, „anstatt im Rahmen einer Sonderregelung Altersversorgung zu erhalten, sollten Bundestagsabgeordnete selbst für ihr Alter vorsorgen". Die bisherige Entschädigung treffe „auf wenig Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung und sei nicht mehr zeitgemäß“, so die Abgeordneten. Ähnlich argumentiert der Sozialverband VdK Deutschland. Die Abgeordneten hätten offenbar erkannt, "dass diese Privilegierung der Sonderentschädigung vor den Wählerinnen und Wählern kaum noch zu rechtfertigen ist“, betonte VdK-Präsidentin Verena Bentele in einer Pressemitteilung ihres Verbandes.

Die Altersentschädigung ist im Grundgesetz festgeschrieben und soll die Unabhängigkeit der Parlamentarier sichern. Ein Abgeordneter erwirbt bereits nach einem Jahr im Bundestag einen Pensionsanspruch von rund 250 Euro im Monat. Die Ansprüche steigen schrittweise. Nach 27 Mitgliedsjahren erreichen sie den Höchstbetrag von 67,5 Prozent der Abgeordnetenentschädigung.

Kapschack, Birkwald und Kurth von SPD, Linken und Grünen plädierten dafür, dass die Bundestagsabgeordneten Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung werden. Geben solle es eine ergänzende Absicherung, vergleichbar mit der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Der CDU-Abgeordnete Linnemann und der FDP-Politiker Vogel hingegen wollten, dass die Abgeordneten frei über die Form ihrer Altersversorgung entscheiden können.

Tina Winklmann, die in Wackersdorf lebende Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, versichert, "sowohl ich als auch die grüne Bundestagsfraktion, allen voran unser rentenpolitischer Sprecher Markus Kurth, stehen der Einbeziehung der Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung positiv gegenüber". Sie weist in diesem Zusammenhang auf die sogenannte "Bürgerversicherung" hin, die "Beschlusslage der grünen Partei" sei. Der Bundestag habe laut Winklmann in der 17. Wahlperiode (2009-2013) eine unabhängige Kommission eingesetzt, die beim Thema Abgeordneten-Rente zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sei.

In der vergangenen Legislatur (19. Wahlperiode) habe es dann einen Konsens zwischen CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegeben. Er besagte, dass es in der aktuellen Wahlperiode eine Arbeitsgruppe zu dem Thema geben müsse. "CDU und FDP befürworten ein Modell, das in Schleswig-Holstein zur Anwendung kommt, während der Rest eine Einbeziehung der Abgeordneten in die Gesetzliche Rentenversicherung befürwortet," so Winklmann. In den aktuellen Koalitionsvertrag habe es die Einbeziehung der Abgeordneten, wegen der Ablehnung der FDP, nicht geschafft. "Ich hoffe aber sehr auf die Arbeitsgruppe. Die aktuelle Regelung zur Abgeordnetenversorgung ist nicht mehr zeitgemäß und stößt in der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz."

Marianne Schieder (SPD) ist das Thema laut eigener Aussage "seit langem bekannt". Seit vielen Jahren werde grundsätzlich darüber diskutiert, "Ebenfalls war diese Diskussion Gegenstand der Rentenkommission, die von 2018 bis 2020 tagte." Die Forderung, alle Abgeordneten sollten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, könne man selbstverständlich diskutieren, meint die Wernberg-Köblitzerin. "Im Moment ist mir darüber allerdings keine Debatte bekannt. Allerdings spielt die Rentenpolitik und eine zukunftsfähige Ausrichtung des Rentensystems eine wichtige Rolle für die Koalition." Insofern, so die Parlamentarierin, werde im Zuge einer grundsätzlichen Rentendebatte auch die Alterssicherung für Abgeordnete anzusprechen sein.

Martina Englhardt-Kopf (Schwandorf) von der CSU betont, das gesetzliche Rentensystem müsse dringend reformiert werden, sonst drohe ein Kollaps. "Insbesondere die Generationengerechtigkeit und weitere Finanzierbarkeit des Systems spielen hier eine zentrale Rolle." Sie begrüße daher – anders als ihr Kollege Linnemann – daher den Vorschlag, dass künftig alle Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen.

Hintergrund:

VdK begrüßt Vorstoß

  • Auch der Sozialverband VdK Deutschland begrüßt den Vorstoß von Abgeordneten mehrerer Fraktionen, Schluss zu machen mit dem Sonderstatus der Bundestagsabgeordneten bei der Altersversorgung.
  • Es sei, so der VdK, konsequent, wenn die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und dann ihre Rente nach den gleichen Kriterien ausgezahlt bekommen, wie jeder andere Bürger auch.
  • Das wäre laut VdK ein wichtiger Schritt hin zu einer Rentenversicherung für alle, die das System auf Dauer stabilisiert und das Vertrauen darin stärkt.

"Ich begrüße den Vorschlag der VdK-Präsidentin, dass künftig alle Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen."

MdB Martina Englhardt-Kopf, CSU

MdB Martina Englhardt-Kopf, CSU

"Im Zuge einer grundsätzlichen Rentendebatte wird auch die Alterssicherung für Abgeordnete anzusprechen sein."

MdB Marianne Schieder, SPD

MdB Marianne Schieder, SPD

"Die aktuelle Regelung zur Abgeordnetenversorgung ist nicht mehr zeitgemäß und stößt in der Bevölkerung auf wenig Akzeptanz."

MdB Tina Winklmann, Grüne

MdB Tina Winklmann, Grüne

 
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