Schwandorf
30.09.2018 - 16:23 Uhr

Sorge wegen Kastrationsgesetz

Schweinezüchter und Ferkelerzeuger schlagen Alarm: Ein neues Gesetz könnte sich für viele kleine und mittelständische Betriebe existenzbedrohend auswirken. Betroffene fordern die Politik zum Umdenken auf.

t Bild: Gerhard Götz
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Der Bundesrat hat sich vor rund eineinhalb Wochen gegen eine Fristverlängerung des Verbotes der betäubungslosen Ferkelkastration ausgesprochen. Deshalb berief der Bayerische Bauernverband Schwandorf am Freitag eine Diskussionsrunde ein. Denn die politische Entscheidung hat weitreichende Folgen. Die Situation stellt sich wie folgt dar: Landwirte durften ihre Ferkel bisher ohne Betäubung kastrieren. Der Eingriff soll den üblen Ebergeruch im Fleisch vermeiden. Laut Gesetz muss ab 1. Januar ein Veterinär eine Vollnarkose beim Tier vornehmen, bevor es zur Kastration kommt. Tierschützer hatten sich lange Zeit dafür stark gemacht. Sie verwiesen immer wieder auf das Tierwohl.

Ferkelerzeuger Anton Scherr hingegen sagt: "Wir werden mit Verordnungen überzogen und von Politik alleine gelassen." Er spricht von einer "Wettbewerbsverzerrung". Denn in den Nachbarländern Dänemark und Holland seien örtliche Betäubungen bei der Kastration erlaubt. "Vorteile, die uns verwehrt bleiben", kritisiert Scherr und ergänzt: "Wir bekommen derzeit schon mehr als elf Millionen Ferkel aus diesen Regionen (Dänemark und Holland, Anm. d. Red.) nach Deutschland geliefert."

"Kurioser" Import

Auch Christian Lommer, bäuerlicher Ferkelerzeuger aus dem Landkreis Cham mit 100 Muttersauen, äußerte seine Unzufriedenheit: "Seit Jahren drängen wir Praktiker auf eine Lösung." Er moniert, dass andere Länder den sogenannten vierten Weg gehen dürften - sprich die Kastration unter Lokalanästhesie vornehmen. Der Deutsche Tierschutzbund schreibt dazu auf seinem Internetauftritt: "Der vierte Weg ist ausdrücklich abzulehnen. Verschiedene Studien belegen, dass die Methode zusätzlich Schmerzen und Stress verursacht und den Schmerz während der Kastration nicht ausreichend ausschaltet." Ferkelerzeuger Lommer findet es aber "kurios", dass Ferkel aus Ländern importiert werden dürften, wo der vierte Weg erlaubt ist: "Das ist doch kein gemeinsamer Wettbewerb." Zudem bekräftigte er, dass die "regionale Schiene, die der Verbraucher so will", mit dem neuen Gesetz nicht mehr möglich sei. Es könne seiner Meinung nach nicht sein, den Verbraucher nicht mehr mit bester Qualität beliefern zu können, wie das bisher der Fall gewesen sei. "Die Diskussion über Kastration wird schon längst nicht mehr sachlich geführt." Lommer nannte beispielhaft "fundamentalistische Tierschützer", die sich auf einer Demonstration in Berlin den Schritt rot angemalt hätten - das entbehre jeder Fachlichkeit und Sachlichkeit. Lommer erklärte: "Sie können versichert sein, dass wir bäuerliche Tierhalter uns hervorragend kümmern um unsere Tiere - und das 365 Tage lang. Wir sind diesen Tieren verpflichtet."

Befürchteter Strukturbruch

Hans Auer, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft Südbayern, prognostiziert: "Wenn wir am 1. Januar keine vernünftige Lösung haben, die Kastration praktikabel durchsetzen zu können, dann gibt es in Deutschland eine Lawine, die wir noch gar nicht einschätzen können." Das führe zu einem Strukturbruch in der gesamten Branche. "Aus meiner und aus bayerischer Sicht gibt es nur einen vernünftigen Weg, das ist die Lokalanästhesie", erklärte er.

Wir werden mit Verordnungen überzogen und von Politik alleine gelassen.

Ferkelerzeuger Anton Scherr

 
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