Mit zwei zeitgeschichtlichen Veranstaltungen widmete sich die Volkshochschule einem der dunkelsten Kapitel der Schwandorfer und deutschen Vergangenheit. Rassismus, Diskriminierung und die Schrecken der nationalsozialistischen Diktatur wurden bei einer Stadtführung und einem Zeitzeugengespräch zum Thema gemacht.
Die Stadtführung unter dem Titel „Dunkle Wolken über Schwandorf“ begann im Stadtmuseum. Gästeführer Josef Vitzthum und Museumsleiterin Eva Kutzer führten anhand der Exponate in der neu gestalteten Dauerausstellung das Publikum in die düstere Geschichte von Schwandorf vor 80, 90 Jahren ein. Thematisiert wurden dabei nicht nur die Verfolgung jüdischer Bürger und ihre Vertreibung, sondern auch die Erfahrungen von Flucht und Zwangsarbeit.
17 Stolpersteine
Ein Rundgang durch die Innenstadt führte anschließend zu den 17 vorhandenen Stolpersteinen, die es seit 2013 gibt, und weiteren Gedenkorten, an denen das Leid der Opfer deutlich wurde. Eine vergleichsweise junge Station war der Gedenkstein am Schlesierplatz, an dem Vitzthum an den rassistisch motivierten Brandanschlag von 1988 erinnerte, bei dem vier Menschen ums Leben kamen. Die Teilnehmenden erfuhren hier mehr über die Hintergründe und „die Brutalität dieses Angriffs, der wie ein Mahnmal gegen den Hass in der Gesellschaft steht“, so Josef Vitzthum.
Ein weiterer Höhepunkt der nachmittäglichen Veranstaltungsreihe war das folgende Zeitzeugengespräch mit Ernst Grube, einem Überlebenden des Holocaust, das in der gut gefüllten Spitalkirche stattfand. Ernst Grube (91), der heute Ehrenbürger der Stadt München ist, schilderte im Gespräch mit der Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair seine Erinnerungen an die grausame Zeit unter der nationalsozialistischen Herrschaft.
Befreit in Theresienstadt
Grube wurde 1932 als Sohn einer jüdischen Mutter in München geboren. Er berichtete von den ersten Anzeichen der Verfolgung und der allgegenwärtigen Angst, die sein Leben prägten. Als Sechsjähriger erlebte er die Zerstörung der Münchner Hauptsynagoge, die sich in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung befand. Seine Familie wurde später gewaltsam aus ihrer Wohnung vertrieben, und Grube kam mit seinen Geschwistern in ein jüdisches Kinderheim. Die Zuhörer erfuhren von seinem Überleben im Kinderheim und von der Deportation vieler seiner Mitbewohner, die nicht zurückkehrten.
Im Jahr 1942 wurde Grube in die Zwangsarbeitslager Milbertshofen und Berg am Laim verschleppt. Seine Reise durch das Leid des Holocaust endete 1945 im Ghetto Theresienstadt, wohin er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern deportiert wurde.
Durch Terror nicht gebrochen
Birgit Mair bettete Grubes Erlebnisse in den historischen Kontext ein und illustrierte seine Geschichte mit Bildern und Dokumenten, die die Dimensionen des nationalsozialistischen Terrors spürbar machten. In Grubes Schilderungen wurde nicht nur das Ausmaß des Leids deutlich, sondern auch seine Perspektive auf Menschlichkeit und Überlebenskraft, die er trotz der grausamen Erfahrungen bewahrt hat. Für das Publikum war dieser Bericht eine Lektion über die Schrecken der Vergangenheit und ein Appell an die Gegenwart, wie ihn sich Grube und Mair wünschten: als Verweis auf die „Bedeutung von Empathie, Wachsamkeit und Engagement gegen Hass und Intoleranz“.
Stolpersteine in Schwandorf
- Aktion: Die 17 Stolpersteine von Schwandorf wurden von Gunter Demnig am 23. April 2013 verlegt.
- Ziel: Mit ihnen soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die in Schwandorf lebten und wirkten.
- Dr.-Martin-Luther-Straße 2: Für Fanny Bloch und Moritz Bloch; Berta Frommer und Ingeborg Frommer.
- Höflinger Straße 2: Frieda Waldmann, Karolina Waldmann, Louis Waldmann und Selma Waldmann.
- Friedrich-Ebert-Straße 12: Camilla Karl, Gustav Karl, Hermine Karl und Ernestine Kohner.
- Friedrich-Ebert-Straße 13: Amanda Friedmann, Bruno Friedmann, Georg Friedmann, Jakob Friedmann und Lilian Berta Friedmann.
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