Selb
22.05.2019 - 19:11 Uhr

BDI-Präsident Kempf wirbt für das vereinte Europa

Mehr Freihandelsabkommen sind für BDI-Präsident Dieter Kempf eine Antwort im Zeitalter der Handelskriege. Um zu bestehen, muss Deutschland seine Hausaufgaben machen.

Der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, Dieter Kempf. Bild: Alexander Pausch
Der Präsident des Bundesverbandes der Industrie, Dieter Kempf.

Der Präsident des Bundesverbands der Industrie, Dieter Kempf, hat in Selb (Kreis Wunsiedel) nachdrücklich für die europäische Einigung und Europawahlen am Sonntag geworben. Zudem kritisierte er in seiner Rede bei der Jahresversammlung des Verbandes der Keramischen Industrie die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vorgelegte "Nationale Industriestrategie 2030".

"Diese Europawahl ist die wichtigste seit langem", sagte Kempf am Dienstag im Porzellanikon. Zur Begründung führte er die Angriffe auf die EU an. Von außen versuchten strategische Mitbewerber mit allen Mitteln die EU zu schwächen und zu spalten. Von innen würden Kräfte, den Rückzug in Nationalismus betreiben. Deshalb appelliert er an die Unternehmer und Politiker im Saal: Motivieren sie ihre Bekannten und Mitarbeiter, dass sie zur Europawahl gehen.

Die deutsche Stärke resultiere daraus, dass "wir wirtschaftlich stark waren", sagte der BDI-Präsident, der seit Jahren in Nürnberg wohnt und gerne zum Golfspielen die Oberpfalz kommt, betonte: "Das werden wir nur über Europa aufrecht erhalten." Dabei unterstreicht er, dass Europa auch ein soziales Projekt ist, auch wenn manche das bestreiten würden. Kempf verweist auf die Visegrad-Staaten, wo die sozialen Standards erheblich gesteigert worden sind - wegen der EU-Mitgliedschaft.

Um zu illustrieren wie sehr sich die Kräfte- und Größenverhältnisse verschoben haben, erinnert Kempf an die Gründung der G7, die Runde der größten Industriestaaten Mitte der 1970 Jahre. Würde diese Runde in zehn Jahren neu ins Leben gerufen werden, wären die USA und asiatische Länder dabei, wie China, Indien, Indonesien und Japan, aus Europa würde es wenn überhaupt nur Deutschland schaffen, dazu müssten wir uns aber anstrengen, machte der BDI-Präsident deutlich.

Die Hoffnung mancher, dass das Verhältnis zu den USA nach einem Ende der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump wieder besser wird, teilt der BDI-Präsident nicht. Er fordert auf zur Kenntnis zu nehmen, "dass ein langjähriger enger Partner diese Partnerschaft neu definieren will". Nach seiner Kenntnis ist es nicht nur Trump. "Das hat sich schon in Ära Barack Obamas abgezeichnet," Und: Es treffe Deutschland dort wo es besonders profitiere, beim "freien regelbasierten Welthandel".

"Die USA setzen auf das Recht des Stärkeren", betonte Kempf und berichte dass sie dabei sehr subtil vorgehen. So besetze Washington die Richterstellen bei der WTO nicht mehr und blockiere Nachbesetzungen. Nicht mehr miteinander Reden ist für BDI-Präsidenten in dieser Situation aber keine Option, wenn gleich er feststellt, dass etwa Richard Grenell, der US-Botschafter in Berlin, eine völlig andere Vorstellung von Volkswirtschaft habe als er selbst.

China verfolgt seine eigene Agenda, betonte Kempf, es sei ein systemischer Wettbewerber. Die Antwort des BDI-Präsidenten auf die neue Lage lautet: "Freihandelsabkommen, am Besten so viele wie möglich." Mit Japan und Singapur seien solche abgeschlossen, das mit Vietnam auf einem gutem Weg. Nach dieser Aufzählung leistet er sich ein bisschen Wehmut. "Manchmal wünsche ich mir, wir Deutsche hätten uns bei TTIP nicht so angestellt. Es wäre jetzt leichter auszuhalten."

Kempf will mit seiner Analyse Illusionen vertreiben, er will aufrütteln zugleich aber zeigt er Lösungswege. Er wirbt dafür trotz der Themen Brexit, Migration und Integration endlich über Wirtschaft, über Industriepolitik zu sprechen. Nach zehn Jahren Wirtschaftsaufschwung seien die besten Zeiten vorbei, eine politische Entscheidung und es könne kippen. Der Angriff der USA auf Huawei könnte diese sein, sagt er.

Selb21.05.2019
 
Kommentare

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Peter Steinbock

Unseren Politikern in EU, Bund und Ländern kann ich die Aussagen des BDI-Präsidenten nur wärmstens ans Herz legen. Meines Erachtens ist der derzeitige wirtschaftliche Kurs in Deutschland zur deutlichen Korrektur überfällig. So hat sich der seltsam eigensinnige Kurs bei der Elektroenergieversorgung zu einem exorbitanten Risiko für die deutsche Wirtschaft und den Wohlstand der Bevölkerung entwickelt. Mit den extrem hohen Preisen für elektrischen Strom, die sich unaufhörlich auf starkem Anstieg weiterbewegen, und den bevorstehenden Ausstiegen aus technisch und ökonomisch zuverlässiger Kernenergie- und Kohlestromerzeugung wird alles an Erfolgen Deutschlands auf einen Kipppunkt hingeführt. Die Propagandisten der erneuerbaren Energien warten zwar mit immer neuen Erfolgen auf, aber immer fehlen die Zuverlässigkeiten der zu ersetzenden Erzeugungssysteme, die grundsätzliche Eignung für die Größenordnungen des deutschen Bedarfes in den Lastschwerpunkten und ganz und gar die Preise überhaupt und vor allem international wettbewerbsfähige Preise.

23.05.2019
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